Olimpia-Sportanlage als Streitobjekt

Kreisrat Kronstadt investiert und verliert

In Kronstadt/Brasov kümmert sich der Kreisrat um die Verwaltung und touristische Vermarktung der Basteien und Stadtmauern. Dieselbe Behörde verwaltet auch die Museen der Stadt und investierte in die Ausstattung des Freizeitkomplexes „Agrement“ am Fuße der Zinne. Da sind Konflikte mit dem Bürgermeisteramt irgendwie vorprogrammiert, da die Stadtväter meinen, der Kreisrat, vor allem dessen Vorsitzender Aristotel Cãncescu, hätte in Stadtangelegenheiten (dazu gehören auch der image-trächtige Fremdenverkehr und die Sportförderung) zu viel zu sagen. Wenn auch noch politische Dispute hinzukommen (Bürgermeister Scripcaru ist Demokratliberaler; Cãncescu ist Nationalliberaler) so ergibt sich ein Dauerstreit zwischen Stadt-und Kreisverwaltung, so wie das die Kronstädter leider seit zu vielen Jahren miterleben müssen.

In diesem Disput ist nun auch die Olimpia-Sportanlage ein Thema geworden. Diese Anlage, die sich auf dem ehemaligen Eislaufplatz befindet und in der heute Sandtennisplätze eingerichtet sind, wurde im Jahre 2000 der „Societatea de Patinaj“, dem mehr oder weniger selbst ernannten Nachfolgeverein des 1880 gegründeten sächsischen Kronstädter Eislaufvereins (KEV), rückerstattet. „Societatea de Patinaj“ wurde von Florea Gãmulea 1991 reaktiviert und wurde auch von einigen siebenbürgisch-sächsischen Veteranen des Kronstädter Eislaufvereins (damals in Deutschland lebend, die meisten von ihnen inzwischen verstorben) unterstützt. Gãmulea selber war, kurz vor Vereinsauflösung nach 1945, eines der jüngsten KEV-Mitglieder und konnte einen der alten Vereinsstempel retten. 

All das erwies sich als sehr nützlich, um vor Gericht die Kontinuität des Vereins zu beweisen. Der inzwischen verstorbene Gãmulea, der aus dem Schei-Viertel stammte und zwischendurch auch dem Rumänischen Eislaufverband vorstand, träumte davon, in Kronstadt die alten Glanzzeiten des KEV wiederbeleben zu können und auch für jüngere Kronstädter Spitzensportler wie Marius Negrea (Eiskunstlauf) und Mihaela Dascãlu (Eisschnelllauf) Nachfolger zu finden. Er rechnete damals auch mit Unterstützung seitens eines prominenten Kronstädters: Ion Tiriac zeigte ihm aber wenig Entgegenkommen, obwohl er hier, im Schatten der Weberbastei, sowohl als Eishockey-Spieler aber vor allem als Tennisspieler die ersten Schritte getan hatte. 

„Societatea de Patinaj“ hatte Initiativen und Pläne, aber kein Geld. Im Sommer wurden die Sandtennisplätze vermietet und Tenniskurse angeboten, in den ersten zwei Wintern wurde eine Zelthalle (ein „Ballon“) aufgebaut. Eislaufen war schwerer möglich, da die Winter nicht immer kalt genug für einen natürlichen Eislaufplatz waren. Deshalb wurde daran gedacht, eventuell mit ausländischen Investoren einen kleineren künstlichen Eislaufplatz einzurichten, auch wenn dafür der Raum etwas knapp war.

Der Eislaufpavillon, vom KEV vor über hundert Jahren errichtet, ist ein Bau mit Holzfassade von besonderem architektonischen Wert – ein Blickfang für diesen Ort unter der Zinne, unmittelbar neben der Weberbastei gelegen. Der Bau bedurfte dringender und recht aufwendiger Sanierungsarbeiten. Den Großteil der Investitionen an der Olimpia-Anlage tätigte der Kreisrat Kronstadt. Nach dessen Angaben wurden in den letzten fünf Jahren rund fünf Millionen Euro aus dem Kreishaushalt investiert. Der Kreisrat war, wie auch der Stadtrat, gemäß den Vereinssatzungen, wie jede andere natürliche oder juristische Person, „assoziiertes Mitglied“ im Verein geworden und dementsprechend auch im Vorstand vertreten.

Ende des Vorjahres kam jedoch die böse Überraschung: Die Kreisratsvertreter verloren ihre Plätze im Vorstand und der Kreisrat hatte nichts mehr über Olimpia mitzubestimmen. Der Kreisrat sei nicht als Rechtsperson vertreten gewesen, lediglich einige Kreisratsmitglieder seien als natürliche Personen im Verein, hieß es. Selbstverständlich wurden gerichtliche Schritte eingeleitet, um diese neuen Gegebenheiten rückgängig zu machen. Über die Investitionen des Kreisrates sei in öffentlichen Kreisratssitzungen abgestimmt worden, diese Investitionen könnten nun in fremde Hände gelangen. 
Nun geht es nämlich auch um die Zukunft der gesamten Anlage. 

In der Vereinsbuchhaltung sollen Illegalitäten begangen worden sein, die im Zusammenhang mit den Finanzen des gleichnamigen Sportvereins stehen. Die Anlage verfügt auch über ein Restaurant mit Bar und Terrasse, Büroräume, Tagungsraum. Der geschäftsführende Direktor des Sportklubs, Marian Teleleu, gilt als PDL-nah und erfreut sich der Unterstützung des Bürgermeisteramtes. Von dort sollen auch wiederholte Kontrollen der Finanzgarde, der Finanzverwaltung und der Antikorruptionsbehörde bei Olimpia bestellt worden sein. Diese Behörden, angeblich in PDL-Hand, sollten Unregelmäßigkeiten aufdecken und somit triftige Gründe liefern, um die Zurückhaltung von Finanzierungen seitens des Bürgermeisteramtes in dieses Projekt zu begründen.

Tatsache ist, dass man heute sogar von einem Insolvenzantrag spricht. Der jetzige Verwalter der Sportanlage („Societate de Patinaj“, Vereinsvorsitzender der Ex-Eisschnelllauftrainer Ernst Ulrich) scheint überfordert zu sein. So soll der Weg frei gemacht werden, um „Olimpia“ zu verscherbeln, ärgert man sich beim Kreisrat, denn die Kunden seien bei der PDL-Klientel zu suchen. Als einer der Präzedenzfälle wird dabei der ehemalige Stirbey-Palast (vor der Wende Pionierpalast) bei der Auffahrt von der Postwiese in Richtung Schulerau genannt. Nach umstrittener Rückerstattung ist er vom Unternehmer Marcel Butuza gekauft worden, nachdem die Stadt Kronstadt nicht Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht gemacht hatte.