Schengen-Raum und Bystroje

Stellungnahme des DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganț im Parlament

Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț (Bildmitte) im Gespräch mit Außenminister Bogdan Aurescu (rechts) Foto: privat

Im Rahmen der von AUR anberaumten Anhörung von Außenminister Bogdan Aurescu in der „Stunde der Regierung“ im Plenum der Abgeordnetenkammer am Montag, dem 27. März, sprach der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț im Namen der Fraktion der nationalen Minderheiten. Seine Stellungnahme erfolgte aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft im Parlamentsausschuss für auswärtige Angelegenheiten. Themen der Debatte waren das Scheitern des Beitritts Rumäniens zum Schengen-Raum, die von den ukrainischen Behörden ohne die Genehmigung der rumänischen Seite durchgeführten Arbeiten im Bystroje-Kanal bzw. die vom Außenministerium getroffenen diplomatischen und juristischen Maßnahmen in diesem Fall, um die Umweltschäden und die wirtschaftlichen Folgen für Rumänien zu stoppen. 

Schengen-Beitritt: Technische in politische Angelegenheit verwandelt 

Als Antwort auf die Anschuldigung der AUR, das Außenministerium trage Schuld am Scheitern zum Schengen-Beitritt, stellte MP Gan] seine Ansicht aus der Perspektive des Politikers dar, der den Prozess von aller Anfang an verfolgt hat. Bekanntlich erfüllt Rumänien die Aufnahmekriterien seit 2011, eine Tatsache, die ihm zu jenem Zeitpunkt einschließlich von hohen und hierfür zuständigen Beamten im Bundesinnenministerium bestätigt worden war. Der Beitritt erfolgte nicht, weil einige Mitgliedsstaaten die ursprünglich technische Angelegenheit in eine politische verwandelt und sie einschließlich mit dem Kooperations- und Kontrollverfahren (MCV) verknüpft haben. Die wiederholten Beitrittsversuche prallten auf kleinliche interne politische Interessen von Mitgliedsstaaten, so wie es auch im vergangenen Jahr mit Österreich der Fall war. Sämtliche politisch-diplomatischen Bemühungen der Präsidentschaft, des Parlaments und Außenministeriums konnten dergleichen Interessen nicht aufwiegen. Dennoch wurden im Dezember bedeutende diplomatische Erfolge erzielt: Die mit den Amtskollegen des Schengen-Raumes geführten Verhandlungen des Außenministers sicherten die Unterstützung insbesondere von Seiten Deutschlands und Frankreichs zu und Rumänien konnte auch Finnland, Schweden und vor allem die Niederlande zu einer ihm günstigen Haltung überzeugen. Das Außenministerium hat desgleichen zusammen mit dem Parlament und dem Justizministerium zum Abschließen des Kooperations- und Kontrollverfahrens für Rumänien beigetragen. 

In seiner Stellungnahme sagte der DFDR-Abgeordnete fernerhin, dass der Vorwurf, die Haltung Österreichs hätte früher bekannt sein müssen, nicht stichhaltig ist, denn Österreich hatte den Schengen-Beitritt Rumäniens bis Ende November nie in Frage gestellt. Er erinnerte an die am 16. November 2022 in Bukarest gehaltene Konferenz des Salzburg Forums, in deren Abschlusserklärung deutlich steht, Rumänien und Bulgarien können in den Schengen-Raum aufgenommen werden. Die Erklärung wurde vom Innenministerium Österreichs unterzeichnet – dessen Regierung zwei Tage später jedoch anderer Meinung war. Der Meinungsänderung lag der politische Beschluss der ÖVP zu Grunde, der im letzten Moment angekündet das gesamte österreichische politische Umfeld, einschließlich die Koalitionspartner, überrascht hat. Der Beschluss war aus ausschließlich populistischen und von den Wahlen in Niederösterreich bedingten Überlegungen gefasst worden. Das Ergebnis war ein Anwachsen der rechtsextremen FPÖ und das Bilden einer ÖVP-FPÖ-Koalition in Niederösterreich. MP Ganț sprach die Hoffnung aus, dass dieses Wahlergebnis nicht die Koalition nach den Bundeswahlen im nächsten Jahr vorwegnimmt. Schlussfolgernd meinte er, das rumänische Außenministerium und Rumänien hätten nichts unternehmen können, um das österreichische Veto zu verhindern. 

Bystroje-Kanal: Verknüpfen mit Ukraine-Unterstützung inakzeptabel

Dieselbe Situation liegt nach Ansicht des DFDR-Abgeordneten im Fall des Bystroje-Kanals vor: Das Außenministerium hat prompt und seinen Befugnissen entsprechend reagiert. Das Verknüpfen dieses Themas mit der Unterstützung, die Rumänien der Ukraine zukommen lässt, sei inakzeptabel und muss entschieden abgelehnt werden. Diese außenpolitischen Angelegenheiten in innenpolitische Themen von Möchtegern-Politikern und deren persönliche Interessen oder jene einer Partei zu verwandeln, ist ein grober Fehler, mahnte der DFDR-Abgeordnete. Dadurch werde nichts anderes getan, als die Position Rumäniens in Verhandlungen zu schwächen. Wichtig sei eine Koalition aller, so wie das im Fall des EU- und NATO-Beitritts geschehen war. Alle politischen Ressourcen des Parlaments und der Regierung müssten eingesetzt werden, um die ausländischen Partner, einschließlich die Familien, denen die Parteien angehören, zu überzeugen, die Sache Rumäniens zu unterstützen. Nur aufgrund der Fortführung der politisch-diplomatischen Verhandlungen und einem verantwortungsbewussten Verhalten hat Rumänien die Chance, das gewünschte Vorhaben zu erreichen. Die Parlamentsfraktion der nationalen Minderheiten habe die außenpolitischen Bemühungen Rumäniens stets unterstützt, einschließlich den Schengen-Beitritt, und werde das auch weiterhin tun, unabhängig des innenpolitischen Klimas beziehungsweise wer an der Regierung und wer in Opposition ist, schloss MP Ganț seine Ansprache. (ADZ)