Schnullerphilosophie

Manchmal kann man selbst von einem Baby eine Lebenslektion lernen. Dies wurde mir bei der Beobachtung des kleinen Oliver klar, der schon selbstständig aus dem Fläschchen trinken konnte. Er saß im Kinderstühlchen, nuckelte am Schnuller und griff nach der vor ihm stehenden Milchflasche.

Als er sie jedoch zum Mund führen wollte, hatte er ein Problem: Das, was sonst so leicht ging, wollte diesmal aus unerfindlichen Gründen einfach nicht gelingen. Mit anderen Worten: Die Flasche passte nicht in den Mund, weil da schon der Schnulli steckte! Doch sein einfaches kleines Gehirn konnte das physikalische Gesetz „wo schon einer ist, da kann kein zweiter sein” noch nicht begreifen.

Erstaunt wiederholte er den Vorgang und stieß erneut mit dem Gummisauger gegen den Plastikteller des Schnullers. Nach einigen Versuchen machte sich Frustration breit! „Wääääääh”, hob der Knirps zu brüllen an – und der Schnuller flog ihm mit hohem Bogen aus dem zahnlosen Mäulchen.

Das Problem war ja nun gelöst. Doch der Knabe kam gar nicht auf die Idee, noch einmal zu versuchen, das Fläschchen anzusetzen. Brüllend wartete er, bis einer der Erwachsenen Mitleid bekam und es ihm in den Mund steckte.

Die Moral an der Geschicht? Wie oft passiert es uns, dass ein Vorhaben trotz aller Mühe ums Verrecken nicht gelingen will. Wir wiederholen altbewährte Strategien, denn was immer funktionierte, das kann doch jetzt nicht falsch sein, oder? Manchmal aber steckt – symbolisch gesehen - einfach nur der Schnuller drin! Wie der kleine Oliver erkennen wir bloß die höheren Zusammenhänge nicht. Wir erliegen dem Frust oder geben uns klagend dem Selbstmitleid hin – nur dass leider niemand kommt, der uns mitleidig das Fläschchen in dem Mund steckt.

Der Schnuller ist dabei die Herausforderung nach Weiterentwicklung. Wenn wir einen bestimmten Reifegrad erreichen, können wir ihn erkennen und herausziehen – oder er fällt wie selbstverständlich aus dem Gesicht. Dann platzt auf einmal der Knoten, und woran wir uns bisher vergeblich die Zähne ausgebissen haben, gelingt auf einmal mühelos!