Sticken, Stricken und Häkeln in Siebenbürgen – viel mehr als nur ein Hobby

Workshop zum Erlernen alter Handarbeitstechniken in Măgura erfuhr großen Zuspruch

Wer sagt, dass Sticken und Nähen nur für Frauen ist?

Erfahrene Damen teilen ihr Wissen mit jüngeren Menschen.

Kreuzstiche verlangen Genauigkeit. Fotos: Doris Späth

Erika schüttelt entschieden den Kopf: „Nein, Kind, mit dieser Tulpe stimmt etwas nicht - gib mir das doch bitte einmal her.“ Die 70-jährige Kronstädterin wirft einen prüfenden Blick auf die erste Stickarbeit einer jungen Teilnehmerin im schönen Seminarraum der Villa Hermani in Măgura und löst mit der Nadel geschickt einige fehlgegangene Stiche. Dabei ermahnt sie: „Du musst ganz genau hinschauen und zählen, zählen, zählen…Kreuzstiche verlangen Genauigkeit, sonst ist am Ende das Gesamtbild hin.“

Die junge Frau neben ihr seufzt, aber Erika lächelt aufmunternd: „Geduld! Geduld brauchst Du. Aber es wird mit jeder Arbeit leichter!“ Erika weiß, was sie tut und wovon sie spricht. Sie hat das Sticken „im Blut“, wie sie augenzwinkernd sagt, und es schon als junges Mädchen gelernt, wie fast alle Damen des Handarbeitskreises des Deutschen Forums in Kronstadt, die den „Siebenbürgisch-sächsischen Handarbeits-Workshop“ als Mentorinnen unterstützten.

Generationenübergreifende Workshops

Vier Wochenenden über das Jahr verteilt waren angesetzt, an denen eine Delegation von Damen des Handarbeitskreises für jeweils drei Tage in der Villa Hermani im idyllischen Măgura weilte, um mit viel Geduld und Herzblut Kleingruppen interessierter Laien für die siebenbürgischen Künste des Stickens, Strickens und Häkelns zu begeistern und sie beim Erstellen eigener Handarbeiten zu beraten und begleiten. Initiiert wurde das Projekt von zwei Siebenbürgerinnen, die sich für die traditionellen Handarbeiten der Gegend seit jeher begeistern - und die sich seit Langem für den Erhalt dieser Kunst einsetzen wollen. Aber wie? Doris Späth und Elena Klein fanden darauf eine verblüffend naheliegende Antwort: Auf dieselbe Weise wie früher! Damit war die Idee geboren, generationenübergreifende Workshops anzubieten, in denen die erfahrenen Damen der Handarbeit ihr unendlich wertvolles Wissen und Können mit jüngeren Menschen teilen und weitergeben.

Mit diesem Ansatz begeisterten sie nicht nur die Frauen des Handarbeitskreises des Deutschen Forums in Kronstadt und den Vorstand des Forums, der das Projekt förderte, sondern auch Hermann Kurmes, der dafür sofort seine Pension „Villa Hermani“ mit seinem großen Seminarraum zur Verfügung stellte. Für Hermann Kurmes, dessen bekanntes Haus seit jeher mit vielen beeindruckenden sächsischen Handarbeiten geschmückt ist, ist das Bewahren dieser Schätze und des zugrundeliegenden Wissens ein Herzensanliegen: „Die Handarbeiten aus Siebenbürgen sind unverwechselbar - ein Kulturgut, dessen Pflege leider lange vernachlässigt wurde - und das deshalb inzwischen fast schon so gut wie verschwunden ist.“

Es fehlt an Grundmaterial

Die Damen des Handarbeitskreises können das leider aus der Praxis bestätigen. In der heutigen Welt der maschinellen Produktion fehlt es für das traditionelle Handarbeiten inzwischen eigentlich an fast allem: Hochwertiges Grundmaterial, wie es traditionell verwendet wurde und für das Gesamtwerk unerlässlich ist, ist kaum noch zu finden. Die engagierten Damen suchen mitunter sogar auf alten Speichern nach Stoffresten, mit denen sie „nach alter Art“ arbeiten können. Auch geeignetes Stickgarn oder „Indigo“, die Farbe zum Vorzeichnen der typisch siebenbürgischen „gemalten Muster“, ist in Kronstadt nur noch an wenigen Stellen zu kaufen. Aber es fehlt jetzt auch an Wissen, das den heutigen Großmüttern noch in den Familien oder in der Schule wie selbstverständlich vermittelt wurde; an Geduld, die unabdingbar ist, wenn die Herstellung einer einzigen bestickten Tischdecke bis zu tausend Arbeitsstunden erfordert - und natürlich an Zeit. Vor allem deshalb finden möglicherweise immer seltener jüngere Frauen in den Handarbeitskreis, der jeden Dienstag im Deutschen Forum zwischen 15 Uhr und 17 Uhr zusammenkommt.

Initiatorin Doris Späth ist aber dennoch optimistisch: „Wir erleben gerade eine Zeit der Umbrüche und auch des Umdenkens. Viele Menschen interessieren sich wieder für Handwerk und Tradition und wollen Dinge auch gern wieder selbst herstellen können.“ Doris Späth und Elena Klein glauben deshalb, dass die Zeit gerade recht ist, um mit ihrem Projekt und weiteren für den Erhalt siebenbürgisch-sächsischer Künste und Traditionen zu werben und zur Weitergabe des wertvollen Wissens anzuregen.

Dieser Workshop – welcher vom Demokratischen Forum, Kreis Kronstadt, finanziell unterstützt wurde – endet in diesem Jahr. Doris Späth bedankt sich nochmals ganz herzlich beim Förderer, bei Hermann Kurmes und bei allen Teilnehmern, nur mit ihnen konnte dieser Handarbeitskurs realisiert werden.

Aber es geht weiter. Wir sind gespannt, welche weiteren Projekte noch folgen werden…