Streiflichter auf gegenwärtige Entwicklungen in Rumänien

Botschafter Dr. Michael Schwarzinger bei einem Rundtischgespräch in Wien

Botschafter Dr. Michael Schwarzinger (li.) bei der Veranstaltung in Wien

Österreichs Botschafter in Rumänien, Dr. Michael Schwarzinger, hielt im Rahmen des Zweiten Forums „Black Sea Region“ einen gut besuchten Vortrag über Rumänien an der Fachhochschule des Berufsförderungsinstituts Wien. Anwesend beim Rundtischgespräch war der Rektor der Fachhochschule, Prof. Dr. Andreas Breinbauer. Für die Moderation sorgte Romana Klär, Journalistin der Wiener Tageszeitung „Kurier“.

Botschafter Dr. Schwarzinger kennt unser Land gut, da er 1992-1995 als Botschaftsrat in Bukarest tätig war. 2001-2006 war er Botschafter seines Landes in Litauen, seit dem 2. November 2010 ist er außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Österreich in Rumänien und in der Republik Moldau.

Die konservativere Anrede „Exzellenz“ gilt nur für Botschafter ausländischer Staaten. Ich dürfe ihn einfach mit „Herr Botschafter“ ansprechen, erfuhr ich bei einem unserer ersten Gespräche bei Kaffee und Kuchen im freundlichen Haus in der Strada Dumbrava Roşie in Bukarest. Daraus entstand im Frühling dieses Jahres ein Interview (ADZ Nr. 4641 am 12. Mai 2011) anlässlich seines Börsenbesuchs, wo er bei der BVB die Glocke bimmelte. Beredt, geistreich und charmant, stand der Botschafter dabei auch durchaus im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Treffen der Vertreter der E-Wirtschaft beider Länder in der Bukarester Botschafter-Residenz sind nachhaltig. Das stilvoll servierte Abendessen oder der delikate Blumenschmuck sprechen für die Aufmerksamkeit und das Niveau der Hausherrin Rosemaria Schwarzinger. Wegen seines Engagements in Lackschuhen beim Wiener Walzer auf dem eher rissigen Bukarester Parkett und seiner resoluten Art, sich für die gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Projekte beider Länder einzusetzen, wegen seiner engen persönlichen Beziehungen zu Regierung, Opposition und den verschiedensten Interessenverbänden im rumänischen Gastland, ist ein Vortrag dieses Botschafters eine Chance, nicht nur etwas von einem Macher zu erfahren, sondern vielmehr auch etwas zu lernen.

„Diplomatie ist die Kunst, mit hundert Worten zu verschweigen, was man mit einem einzigen Wort sagen könnte“, so Saint-John Perse, französischer Lyriker und Diplomat. Der Vortrag des Botschafters war eigentlich eine pointierte Vorführung von unterschiedlichen Streiflichtern auf Rumänien mit anschließender Beantwortung von Fragen aus dem Publikum. „Viele Rumänen glauben, Österreich sei ein kleines Land“, so der Vortragende. „Das stimmt nicht! Sowohl Rumänien als auch Österreich sind mittelgroße Länder. Österreich ist in einer Rangliste der Volkswirtschaften der Welt die 36., Rumänien die 90. (...) Österreich muss sozusagen ein bisschen danach schauen, in Rumänien nicht unterschätzt zu werden, und das wird immer besser... Wir lernen immer mehr über die Rumänen, die Rumänen lernen immer mehr und mehr über die Österreicher.“

Die volkswirtschaftliche Donauraumstrategie, für die fast 100 Millionen Bewohner der Anrainerstaaten initiiert, wird mit EU-Geldern finanziert und das Interesse für den Bereich des Schwarzen Meeres sowie das Gasleitungsprojekt NABUCCO wurden mehrmals während des Vortrages als wichtige gemeinsame, partnerschaftliche Projekte erwähnt. Damit sind österreichische Exportmöglichkeiten sowie zukünftige Investitionsmöglichkeiten verbunden. „Also, weg von der Idee, Rumänien ist ein armes Land!“ so Dr. Schwarzinger.

Ein nächstes, hochaktuelles Streiflicht offenbarte: „Rumänien kommt in der EU-Schuldenkrise nicht vor!“ Da die öffentliche Verschuldung des Landes im internationalen Vergleich relativ gering ist, hat Rumänien in der Krisenzeit mehr Spielraum, trotzdem „fehlen sogenannte antizyklische Maßnahmen, z. B. Exportförderungen“, meint der österreichische Botschafter. Sehr realistisch wird die Zunahme an Belastungen, die die rumänische Bevölkerung verkraften muss, dargestellt: „Mehrwertsteuer von 24 Prozent, auch auf Lebensmittel!“ Das ist hart, zumal die dem Lande zustehenden EU-Gelder aus Brüssel nicht ausgeschöpft werden. Das bei einem kurzfristig stattgefundenen Schuldenanstieg von etwa 20 Milliarden Euro.

Kritisch äußerte sich der Botschafter über die Gepflogenheiten in Verbindung mit den Privatisierungen der noch staatlichen rumänischen Unternehmen, die „sehr oft nicht transparent und sachlich richtig ablaufen“ und „bei denen nicht klar ist, warum die Preisgestaltung so ausgeschaut hat...“. Botschafter Dr. Schwarzinger betreibt bei den überzeugend vorgebrachten Betrachtungen über die Lage in Rumänien wahrlich keine Schönfärberei.

Und was kann man dabei lernen? „Durchs Reden kommen die Leute zusammen“, gilt immer. Auf Augenhöhe und durch besseres gegenseitiges Kennenlernen sollten beide Länder ein partnerschaftliches Verhältnis aufbauen, lautet sein Credo.

Und wie bleibt es mit der österreichischen Dominanz in Rumänien? fragt die Moderatorin.

„Die wird sehr positiv empfunden“! kommt umgehend die Antwort.