Studentenliebe auf den ersten Blick: Siebenbürgen

Internationale Studentengruppe des Collegium Polonicum begeistert

Mitglieder des Masterstudienganges „Schutz europäischer Kulturgüter“ (SEK) vom Collegium Polonicum besuchten im Rahmen ihrer Abschluss-Exkursion in der Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgen auch Birthälm.
Foto: Philipp Harfmann

Kirchenburg Frauendorf: Hon.-Prof. Dr. Thorsten Albrecht, Leiter des Kunstreferats der Ev.-luth. Landeskirchenamt Hannover, und ehrenamtlicher Fachberater in Siebenbürgen, der die Evangelische Kirche bei verschiedenen Projekten unterstützt, z. B. bei der Restaurierung der Henndorfer Truhen, mit Tourismusreferentin Ruth Istvan.
Foto: Dr. Izabella Parowicz

Vom 24. - 30. März 2015 waren 13 Teilnehmer des Masterstudienganges „Schutz europäischer Kulturgüter“ (SEK) vom Collegium Polonicum in Slubice/Polen in der Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgen. Sie waren in Michelsberg, Honigberg und Birthälm sowie in Städten wie Hermannstadt, Schäßburg und Kronstadt unterwegs. Zu Höhepunkten der Reise zählten auch der Empfang im Deutschen Konsulat Hermannstadt durch Konsulin Judith Urban sowie der Besuch des Architekturbüros Herman Fabini und des Teutsch-Hauses sowie der Erfahrungsaustausch mit dem Architekten Liviu Gligor von der Ion-Mincu-Universität Bukarest.

Die Teilnehmer dieser Exkursion stammen aus Deutschland, Polen und der Ukraine. Einhelliges Fazit des Studententeams: „Total begeistert von der Herzlichkeit der Leute. Fasziniert von den Kulturgütern und Detailgenauigkeit bei restaurierten Denkmalen. Kommen unbedingt wieder!“ Dass das keine bloß dahingesagte Liebesbekundung junger Leute ist, dafür sprechen Fakten wie Lebenserfahrung und Alter (25 – 45 Jahre) sowie Berufe der Teilnehmer mit Professionen wie Restauratoren, Architekten sowie Bauingenieure und Kulturwissenschaftler, die seit Jahren in der Berufspraxis und auf dem Arbeitsmarkt ihren Mann bzw. ihre Frau stehen. Alle wollen wieder nach Rumänien fahren.

Vor Holland und Italien

Der Historiker Dr. Wolfram Theilemann, ehemals Direktor des Hermannstädter Kultur- und Begegnungszentrums „Friedrich Teutsch“ der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, und Philipp Harfmann, Projektleiter der Leitstelle Kirchenburgen in Hermannstadt, sind seit acht bzw. rund zwei Jahren als Gastdozenten zur Thematik der Kirchenburgenlandschaft Rumäniens beim Masterstudiengang „Schutz europäischer Kulturgüter“ am Collegium Polonicum tätig. „Infiziert“ von deren interessanten Vorlesungen hatten sich die Teilnehmer dieses viersemestrigen Masterstudienkurses per demokratischer Abstimmung entschlossen, ihre Abschluss-Exkursion ausgerechnet nach Siebenbürgen unternehmen zu wollen, in eine bis dato für sie total unbekannte Region. Welche Neugier und Faszination Siebenbürgens zu diesem Entschluss geführt haben mochte, wird klar, wenn man sich vor Augen hält, dass zur weiteren Auswahl auch Länder wie Holland und Italien standen, sogar das reizvolle exotische Äthiopien…

Organisiert haben diese Exkursion der Projektleiter Philipp Harfmann von der Leitstelle Kirchenburgen und seine Mitarbeiterin Ruth Istvan als Tourismusreferentin in enger Kooperation mit der Studienkoordinatorin Dr. Izabella Parowicz an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Lehrstuhl für Denkmalkunde am Collegium Polonicum in Slu-bice.Die vorige Exkursion eines Masterstudienganges nach Siebenbürgen fand 2009 statt, geleitet von Prof. Dr.-Ing. Paul Zalewski, der an der diesjährigen Exkursion aus Termingründen nicht teilnehmen konnte. Er ist Professor für Denkmalkunde am Collegium Polonicum. Diese wissenschaftliche Einrichtung ist, familiär formuliert, gemeinsame „Tochter“ der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan. Mit dem Collegium Polonicum, am Fluss der Oder mit Blick auf Frankfurt (Oder) gelegen, manifestiert sich eine neue Form grenzüberschreitender Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Forschung und Lehre, getragen von gemeinsamer Verantwortung von der Republik Polen und dem Land Brandenburg.

Wenngleich die Hauptaufgabe vom Collegium Polonicum die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland ist, steht auch anderen europäischen Hochschulen die Mitarbeit an Forschungs- und Lehrprogrammen des Collegium Polonicum offen. Wie am Beispiel des Masterstudienganges „Schutz europäischer Kulturgüter“ mit Gastdozenten wie Dr. Wolfram Theilemann und Philipp Harfmann einmal mehr verdeutlicht, wird das Collegium Polonicum im Kontext eines sich erweiternden Europas zu einer wissenschaftlichen Begegnungsstätte von Studierenden und Lehrenden aus ganz Europa. Ein Blick auf die Studienordnung des berufsbegleitenden Masterstudienganges „Schutz europäischer Kulturgüter“ verdeutlicht das hohe Niveau dieses postgradualen Studienganges.

Die Studienordnung beinhaltet Pflichtmodule wie Geschichte und Theorie der Kulturgüter- und Denkmalpflege; Vergleichendes europäisches Denkmalrecht – Baurecht – Kulturgüterrecht; Projektmanagement – volkswirtschaftliche Aspekte der Kulturgüter; Denkmalpflege; städtebauliche Denkmalpflege – Kulturlandschaftspflege sowie Wahlpflichtmodule mit Angeboten wie Bauforschung und Befunduntersuchung, Management und Recht in der Kulturgutverwaltung, Finanzplanung und Marketing, Tourismusplanung, Neue Medien.

Vielseitigkeit und persönliche Kontakte

International anerkannte Wissenschaftler wie der Professurinhaber Prof. Dr. Paul Zalewski, Mitglied international renommierter Gremien wie  ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege), und der Hon.-Prof. Dr. Bernd Freiherr von Droste zu Hülshoff, Sonderberater UNESCO und Gründungsdirektor von UNESCO WORLD HERITAGE CENTER in Paris, lehren am Collegium Polonicum, das mit der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) eng partnerschaftlich verbunden ist. Diese Universität hat über 6400 Studierende und rund 250 Partneruniversitäten weltweit, darunter in Rumänien die Babe{-Bolyai-Universität Klausenburg sowie die Universität Bukarest und die West-Universität in Temeswar.Oleksandra Provozin, Architektin aus Lviv/Lemberg, Ukraine, eine der Teilnehmer an der Studien-Abschlussreise nach Siebenbürgen, bringt Wesenszüge dieser Unis auf den Punkt: Vielseitigkeit der Lehrangebote. Persönliche Kontakte der Studierenden. „Allein im vorigen Vorlesungsblock vermittelten uns Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern ihre Erfahrungen beim Denkmalschutz. Die persönlichen Kontakte, das Arbeiten in kleinen Gruppen, wo man sich untereinander kennt, schätzen wir sehr. Das gibt es an großen Universitäten mit Massenbetrieb nicht.“

 Reise mitNachhaltigkeit

Als „großartige Bereicherung“ konstatierte Dagmar Dammann, Wandbild-Restauratorin aus Potsdam, die Siebenbürgenreise, und dass sie ihr vorheriges „schiefes Rumänienbild“, vermittelt von Medien, korrigiert habe. „Die Herzlichkeit der Menschen – einfach unglaublich!“ Die anderen der Gruppe pflichteten ihr voll bei. Uwe Strömsdörfer aus Altenburg/Thüringen, Restaurator von Kunsthandwerk, ist von der Fülle an Original-Substanz von Kulturgütern in Siebenbürgen sehr angetan. Besonders die „Ziegeldach-Landschaften“ alter Häuser haben ihn nachhaltig beeindruckt. Sina Klausnitz, Museumsleiterin in Mylau/Sachsen, freute sich über die Teamarbeit der multinationalen Gruppe.

Knappe Kassen seien manchmal die beste Denkmalpflege, meinte Olaf Both, Museumsleiter in Schönberg bei Schwerin, als Kompliment an die Denkmalpfleger in Siebenbürgen, die trotz knapper Kassen wirklich Großartiges leisten.Im Interview bekräftigte das Team die Absicht, auf jeden Fall wieder nach Rumänien reisen zu wollen – vielleicht gar ein Alumni-Treffen in Siebenbürgen zu organisieren. Bei Bekundung dieser Absicht deuteten einige dieser neuen Siebenbürgen-Fans dezent auf ihren Bauch, mit der Bemerkung: Auch die Siebenbürger Speisen und Obstler sind vom Feinsten…Das Team möchte nochmals allen herzlichen Dank sagen, die ihre Studien-Abschlussreise nach Siebenbürgen so erfolgreich gemanagt haben: insbesondere der Studienkoordinatorin Dr. Izabella Parowicz vom Collegium Polonicum sowie dem Projektleiter Philipp Harfmann und der fürsorglichen Tourismusreferentin Ruth Istvan von der Leitstelle Kirchenburgen. Mit ihren Eltern wanderte sie 1983 nach Deutschland aus. Über Zwischenstationen wie der kanadischen Stadt Kitchener, die bis 1916 Berlin hieß, sowie Buenos Aires kehrte sie 2014 wieder nach Hermannstadt zurück, wo sie sich als Tourismusreferentin mit Herzblut für Siebenbürgen engagiert.