Umbau der Industrieseilbahn in Reschitza

Das Projekt der Architektin Oana Stănescu mit Finanzierungshorizont

Die Bersaubrücke aus Stahl, eine der ersten in Europa und in der Abteilung für Brückenbau der Werke und Domänen Reschitza (UDR) gebaut, wird im Rahmen der Stadterneuerungsvorhaben generalüberholt. An ihrem altstadtseitigen Ende – im Bild – war der „Zoll“/„Vama“. Die Seilbahn, die das Ganze überspannt, soll eine Touristenattraktion und ein Naherholungsziel mit Nervenkitzel für Reschitzaer und Besucher werden. Foto: Werner Kremm

Das Großprojekt zur „städtischen Regenerierung“ von Reschitza, das seit gut drei Jahren läuft, sah von Beginn an auch eine Neunutzung der Industrieseilbahn vor, welche das Stadtzentrum seit 1963/64 in etwa dort überquert, wo früher an der Bersau die „Zollstelle“/„Vama“ war, die Gemeindegrenze zwischen Deutsch-(oder Montan-)Reschitza und Roman-/Rumänisch-Reschitza. 2018 hat die Stadt die Industrieseilbahn von einem Immobilienspekulanten gekauft, der sie seinerseits dem in russischer Hand befindlichen Stahlwerk TMK (des russischen Oligarchen Dmytry Pumpianskyij) abgekauft hatte, um sie zu verschrotten.

Die Industrieseilbahn wurde nach 1990 nicht mehr in Betrieb gesetzt, weil die Hochöfen von Reschitza nie mehr angeblasen, also auch Dolomittransporte zum „Verbacken“ des Eisenerzes im Sinterungsprozess nicht mehr nötig waren. Das Sinterwerk wurde verschrottet und das Gelände als Industriebrache gesäubert. Dort befindet sich heute der städtische Gewerbepark.

Für den Erhalt der Industrieseilbahn als „Symbol“ des industriellen Reschitza hatten sich nicht nur einzelne Intellektuelle, sondern auch viele regierungsunabhängige Vereine eingesetzt, die das industrielle Erbe der Stadt erhalten möchten (in Reschitza steht auch noch – ungenutzt und nicht verwertet – ein Hochofen aus den 1960er Jahren, etwa so alt wie die Industrieseilbahn).

Auch der Bürgermeister der Stadt, Ioan Popa (PNL), ist ein eifriger Verfechter des Erhalts des schwerindustriellen Flairs der Stadt, das er dem neuen Stadtbild, das die von ihm geführte Verwaltung realisiert, integrieren möchte. Seine wiederholten Versuche, über diverse Kanäle zu Geld zu kommen, um die Industrieseilbahn von Reschitza zur Touristenattraktion zu machen, sind bisher sowohl in Bukarest, als auch in Brüssel wirkungs- und folgenlos abgeprallt.

Jetzt visiert Reschitza eine neue Initiative aus Brüssel an: Urban Innovative Actions nennt sie sich und fördert in der 2021 anbrechenden Haushaltsperiode der EU „Pilot-Projekte zur nachhaltigen städtischen Entwicklung“. Korreliert mit der Dauerinitiative der EU zur Förderung der urbanen Mobilität, die über die Entwicklungsagentur ADR Vest läuft, sieht Ioan Popa aktuell eine Umsetzungsmöglichkeit des Projektvorschlags der aus Reschitza stammenden und in New York arbeitenden Architektin und Hochschullehrerin Oana Stănescu (die in Reschitza in einem Wohnblock fast genau unter der Industrieseilbahn am Bersauufer aufwuchs und die deutsche Abteilung des heutigen „Diaconovici-Tietz“-Kollegs besucht hat).

Oana Stănescu (die u. a. berühmt wurde, weil sie mehrere Projekte für den Rapper Kanye West, zurzeit US-Präsidentschaftskandidat, realisiert hat) hat vor knapp zwei Jahren ihrer Geburtsstadt einen Projektvorschlag zum umfassenden Umbau, zur Konsolidierung und zur touristischen Nutzung der 3,5 km langen Industrieseilbahn (sie verbindet das Doman-Tal über das Bersautal mit dem Țerova-Tal und durchsticht per Tunnel den Gol- und den Kreuzberg) geschenkt, vor allem der 400 m langen Brücke, die das Bersautal zwischen dem Gol-Hügel (wo die Stadt eine Freiluft-Bühne für Musik-Festivals eingerichtet hat) und dem Kreuzberg (mit dem Denkmal der 1848er Revolution) überspannt.

Bürgermeister Popa: „In den Diskussionen mit Sorin Maxim, dem Geschäftsführer der Entwicklungsagentur ADR Vest, kam dieser mit der Forderung an uns heran, an die Stadt Reschitza, seiner Agentur Projektskizzen zu Vorhaben der nächsten EU-Haushaltsperiode 2021-2027 vorzulegen. Als ich spontan die Industrieseilbahn erwähnte, kam Maxim mit der festen Zusage, alle Hebel in Gang zu setzen, um das Projekt des Umbaus der Industrieseilbahn aus dem Kapitel ‘Urbane Mobilität 2021-2027’ zu finanzieren. Zur Erinnerung: Auf der obersten Ebene soll es eine Fahrradpiste geben; dort, wo jetzt das Sicherheitsnetz aus Maschendraht gespannt ist, kommt eine Fußgängerpromenade hin, es werden Aufzüge angebaut, es kommen diverse Elemente für den Nervenkitzel hinzu: bungee jumping, Seilrutschen, auf den Hügeln ein Adventure-Park – und alles andere, wovon ich den Medien immer wieder erzählt habe... Ein ziemlich kostspieliges Projekt, ganz im Einklang mit seiner Komplexität!“ Ein Pluspunkt: ADR-Vest-Geschäftsführer Sorin Maxim ist Reschitzaer und hat wiederholt gezeigt, dass er nicht nur zu dieser Stadt hält, sondern auch immer bereit ist, vernünftige Initiativen von hier zu unterstützen. In den vergangenen vier Jahren hat er ausgezeichnet mit dem Reschitzaer Bürgermeister zusammengearbeitet.

Kosten soll das Ganze um die sechs Millionen Euro (etwa genau so viel wie die Umgestaltung des Hauptplatzes von Reschitza...), von denen vier Millionen Euro allein die Sicherheitsvorkehrungen verschlingen werden. Popa: „Jeder einzelne Stützpfeiler wird zusätzlich mit Beton abgesichert, um ihn sowohl gegen Erdbeben, als auch gegen Stürme unerschütterlich zu machen. Das heißt: Wir graben jeden Pfeiler frei und sichern ihn mit Schweiß- und Stahlbetonarbeiten zusätzlich ab. Der obere Teil der Seilbahn, vor allem die horizontalen Balken aus gewalztem Stahl, werden mit Windschutzvorrichtungen versehen. Ich gehe nun davon aus, dass dieses Projekt in der kommenden Legislaturperiode mit Sicherheit umgesetzt wird.“

Die Industrieseilbahn und der letzte noch stehende klassische Hochofen von Reschitza sind Zeugnisse der letzten großen und umfassenden Erneuerung der Schwerindustrie im Tal der Bersau in deren nun (also: 2020) 249-jähriger Geschichte, die zu Beginn der 1960er Jahre stattfand. Der Erhalt dieser Industriedenkmäler, auch durch Neunutzung, ist nicht nur industriegeschichtlich und -archäologisch, sondern für die Reschitzaer auch emotional von höchster Bedeutung.