Umweltschutz muss Bildungsgegenstand werden

Neun Monate nach Demonstrationsbeginn wurden jugendliche Aktivisten im Rathaus empfangen

Paula Dörr (links) machte sich im Hermannstädter Rathaus für unverzüglich umzusetzende Klimaschutzmaßnahmen stark. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Noch vor dem EU-Gipfeltreffen in Hermannstadt/Sibiu am 9. Mai 2019 haben der Diskurs von Greta Thunberg und die weltweite Protestbewegung Fridays for Future (FFF) Dauerquartier auch in der Wahrnehmung Jugendlicher aus Rumänien bezogen. Aktivistinnen und Aktivisten der Kreishauptstadt am Zibin im Schulalter hatten sich Freitag, am 15. März, erstmals auf dem Großen Ring/Piața Mare versammelt und die mit englischen Umweltschutz-Parolen gepaarte Melodie des Partisanenliedes „Bella, ciao!“ angestimmt. Das knapp zwei Monate darauf erfolgte Hochereignis europäischer wie globaler Relevanz konnte, entgegen übereifriger Vorbereitung auf Gastgeberseite, die am selben Tag in Hermannstadt verzeichnete internationale Jugendbeteiligung zugunsten klimapolitischer Demonstrationen nicht verhindern. Dennoch schien FFF im weiteren Jahresgeschehen auf lokaler Ebene kein weiteres Mal mit vergleichbarer Wirkung öffentlich von sich reden machen zu können. Freitag, am 29. November, hat FFF in Hermannstadt einen von der Lokalpolizei verübten Querschlag in Form vierstelliger Strafgeldbuße abbekommen. Paula Dörr (13 Jahre), Schülerin am Brukenthalgymnasium, und die um sie versammelte FFF-Gruppierung haben hierauf eine schriftliche Stellungnahme sowie einen an den Stadtrat und Bürgermeisterin Astrid Cora Fodor (Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien, DFDR) gerichteten Brief veröffentlicht, worin die Ausrufung des Klima-Notstandes in Hermannstadt gefordert wird, nachdem das Europaparlament in Straßburg/Strasbourg denselben Entscheid bereits Donnerstag, am 28. November, gefällt hatte (die ADZ berichtete).

Höchstwahrscheinlich sah Bürgermeisterin Fodor sich wegen des von der Polizei verhängten Straßmaßes ungerechtfertigter Härte in die Lage versetzt, die Dringlichkeit direkter Begegnung mit den jugendlichen Umweltaktivisten nicht mehr übersehen zu können. Das Ersttreffen fand Freitag, am 13. Dezember, im Rathaus statt und wird Einladungen zu weiteren Begegnungen zum Thema Klimaschutz nach sich ziehen, so Fodor.

Zu Beginn des Ortungsgespräches wurden sichtbare Ergebnisse und zukünftige Vorhaben des Projektes „Sibiu. Construim împreună un oraș verde“ (Gemeinsam bauen wir eine grüne Stadt) veranschaulicht. Fodor gab ihren Gästen den Tipp, sich mit umweltschützerischen Gedanken an der Debatte der partizipativen Haushaltsführung 2020 zu beteiligen. Auch könne, „wenn alles gutgeht“, das Jahr 2021 die Fertigstellung einer 3,6 Kilometer langen Fahrradroute am Zibin bringen. Kritiker bemängeln, dass die vorgezeichnete Trasse beidseitig von Leitplanken und Uferhang begrenzt ist und somit keine sichere Ausweichmöglichkeit bei Pause oder Unfall bietet. Auch ist die Idee, den geplanten Erholungspark am Bindersee mit einer Wasserski-Station auszustatten, schwer mit ökologischer Gesellschaftsvision vereinbar. Bürgermeisterin Fodor, die am 14. November an der Einweihungsfeierlichkeit der neuen Einkaufsmall im Stadtzentrum anwesend gewesen war, fragte die Jugendlichen von FFF nach Möglichkeiten, die Grünflächen-Anteile der Stadt um fünfzig Prozent zu erweitern.

Die Mitkämpfenden von FFF stellten klar heraus, „nicht als Oppositionelle” angesprochen werden zu wollen. Fodor versprach die Gründung einer Umweltschutz-Rathauskommission, wollte von ihren Gesprächspartnern wissen, „was die Ausrufung des Klima-Notstandes voraussetzt“, und wünschte ihnen alles Gute für die Teilnahme an der Begegnung zwischen Rumäniens FFF-Aktivistengemeinschaft und Umweltminister Costel Alexe (Nationalliberale Partei, PNL) am Freitag, dem 20. Dezember, in Bukarest.