Unser Schiff der guten Vorsätze

Wort zum Sonntag

Am 8. Juni 1708 versank das Schiff „San José“ in den Fluten der Karibik, unweit der Hafenstadt Kolumbiens, Cartagena. Das Schiff sollte Goldmünzen in Millionenhöhe von Peru nach Spanien bringen. Englische Freibeuter wollten es kapern, doch dabei ging es unter. Noch heute liegt es mit all seinen Goldschätzen auf dem Meeresgrund. Jahrzehntelang suchte man nach dem Schiffswrack mit der kostbaren Ladung. Neulich wurde es entdeckt. Eine amerikanische Firma will das Schiff heben und fordert dafür die Hälfte des Schatzes. Noch gibt es darüber Unstimmigkeiten mit der kolumbianischen Regierung.

Auch viele andere Schiffe mit kostbaren Ladungen wurden im Laufe der Zeit, teils durch Seeräuber, teils durch schwere Stürme, versenkt. Im Zweiten Weltkrieg versenkten deutsche U-Boote viele amerikanische Schiffe, die Rüstungsgüter nach England bringen sollten. Die Amerikaner ließen sich dadurch nicht entmutigen. Ihr Präsident Roosevelt (1933-1945) erklärte: „Wir werden mehr Schiffe bauen, als die Deutschen versenken können!“ Sie setzten diesen Vorsatz um und wurden Sieger.

Auch wir sind Schiffsbauer und haben schon viele Schiffe gebaut, allerdings geistiger Art. Jeder verantwortungsbewusste Mensch baut an jedem Jahresanfang das „Schiff der guten Vorsätze“. Mit diesen beladen fährt unser Schiff auf dem Meer des Lebens. Wird es wohl den Bestimmungshafen der Taten erreichen? Das wäre großartig. Leider müssen wir feststellen: Schon viele Schiffe mit guten Vorsätzen sind im Ozean der Lebensjahre versunken. Ist unser Schiff nur ein Segelschiff, müssen wir uns auf den Wind der „günstigen Umstände“ verlassen. Bei Trägheit und religiöser Gleichgültigkeit bläst kein Wind in unsere Segel. Dann kommt unser Schiff nicht voran. Ergreifen es hingegen Stürme der unbeherrschten Leidenschaften, kann es in den Fluten des Lebensmeeres versinken. Wie oft ist  unser „Schiff der guten Vorsätze“ schon versunken? Wie es uns ergangen ist, so ergeht es den meisten Menschen. Der Dichter Friedrich Schiller zieht für uns Bilanz: „In den Ozean schifft mit tausend Masten der Jüngling. Still, auf gerettetem Boot kehrt in den Hafen der Greis!“ Von unserer im Laufe der Lebensjahre gebauten „Flotte der guten Vorsätze“ bleibt oft nur ein kleines Rettungsboot übrig.

Nach der Entdeckung Amerikas wanderten viele Europäer in das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ aus. Die Ersten wagten die Überfahrt auf unbequemen Segelschiffen. Sie wollten sich eine bessere Zukunft erarbeiten. Und sie hatten Erfolg. Amerika ist wirtschaftlich zum ersten Land der Welt emporgestiegen. Das war aber nur möglich, weil die Ansiedler ihre Vorsätze in Taten umsetzten. Ihr Schiff der Vorsätze fuhr sicher in den „Hafen der Taten“ ein. So müssen auch wir im neuen Jahr handeln. Nur verlassen wir uns  in unserer schnelllebigen Zeit nicht auf ein Segelschiff, das nur unter günstigen Winden fahren kann. Der moderne Schiffsbau hat die Segelschiffe total verdrängt. Sie wurden durch Dampfschiffe abgelöst, denen der Gegenwind nichts anhaben kann. Heute treibt die Kraft der Dieselmotoren Schiffe an, ja, U-Boote sogar die Atomkraft. Weder Windstille noch Sturm kann solche Schiffe von ihrem Kurs abbringen. Rüsten auch wir im neuen Jahr unser „Schiff der guten Vorsätze“ mit der größten geistigen Antriebskraft aus, die es in unserem Universum gibt, mit der Antriebskraft der Gnade Gottes. Diese geistige Antriebskraft hat der Apostel Paulus an sich selber erfahren. Begeistert rief er aus: „Ich kann alles in dem, der mich stärkt!“ Bringen auch wir unser neugebautes „Schiff der guten Vorsätze“ im neuen Jahr, trotz widriger Winde und Stürme, mit dieser Kraft sicher in den „Hafen der Taten“.

Jedes Schiff ist mit einem Kompass ausgerüstet. Er zeigt untrüglich die Richtung an, die das Schiff einhalten muss, um den Bestimmungshafen zu erreichen. Auch unser neues Schiff hat einen Kompass nötig: den Kompass des Gewissens. Er zeigt sofort an, falls unser Lebensschiff vom rechten Kurs abdriftet. Dann muss der Kurs berichtigt werden. Jedes Schiff hat auch eine Alarmanlage. Bei Gefahr tritt die Alarmanlage in Aktion. Wie sieht sie aus? Ein Matrose hatte während eines Sturms eine Kerbe in den Esstisch geschnitten. Auf die Frage des Kapitäns sagte er: „Während des Sturmes haben die Matrosen weder geflucht noch Zoten gerissen. Sie haben nur gebetet. Höre ich sie wieder fluchen, so weise ich auf die Kerbe hin und erinnere sie daran, was sie Gott im Sturm versprochen haben!“ Halten auch wir in sorgenfreien Tagen das ein, was wir in sorgenvollen Tagen Gott versprochen haben. Gute Fahrt ins Neue Jahr!