„Verschwundene Welt“

Fotoausstellung in der Sakristei der Stadtpfarrkirche zeigt jüdisches Leben in den 1930-er Jahren

Ausdrucksstarke Bilder in stimmungsvollem Rahmen. Foto: Holger Wermke

Hermannstadt - Jüdisches Leben in Schwarz-Weiß-Bildern sind derzeit in der Sakristei der evangelischen Stadtpfarrkirche zu sehen. Unter dem Titel „Verschwundene Welt. Jüdisches Leben am Vorabend der Katastrophe“ wurde hier kürzlich eine Ausstellung mit Fotos des Fotografen  Roman Vishniac eröffnet. Organisiert wird die täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnete Ausstellung mit Unterstützung der Friedensbibliothek – Antikriegsmuseum Berlin.

In der Stille und Enge in der Sakristei entfalten die Bilder Vishniacs eine eigentümliche Wirkung. Der 1897 in Sankt Petersburg geborene Fotograf bereiste im Auftrag des Berliner Büros des American Jewish Joint Distribution Committee in den 1930-er Jahren die jüdischen Gemeinden in Mitteleuropas, wo er die unter teilweise prekärsten Umständen lebenden Bevölkerungen ablichtete.

„Nicht vergessen, nicht das Vergessen über die Erinnerung siegen lassen“. Dies war die Motivation, die Vishniac antrieb, das Leben der ostjüdischen Gemeinschaften fotografisch zu dokumentieren, wird in der Ausstellung ein Ausspruch von Elie Wiesel über Vishniac zitiert. „Er (Vishniac) zog von einer Provinz in die andere, von einer Gemeinde zur anderen, um Bewegungen, Häuser, und Märkte, Bilder der Hoffnung und Verzweiflung einzufangen.“ 

Gezeigt wird nur ein winziger Ausschnitt aus den rund 2000 erhalten gebliebenen Fotografien Vishniacs. Alle Fotos nahm er mit versteckter Kamera auf, da der Besitz von Fotoapparaten für Juden jener Zeit nicht nur in Deutschland, sondern auch anderen Ländern verboten war. Erstaunlich, wie der Fotograf es unter diesen Umständen schafft, klare, ausdrucksstarke Bilder von Kindern, Familien, Arbeitern und Alten aufzunehmen.

Abgelichtet sind Straßenszenen aus den Jahren 1934 bis 1938 aus jüdischen Stadtvierteln in den polnischen Städten Warschau, Krakau. Lublin oder Lodz. Er dokumentierte außerdem das einfache, teils ärmliche Leben von Juden in Ortschaften der (heute) ukrainischen Waldkarpaten oder der Tschechoslowakei.

Nach 12 Jahren zeigt die evangelischen Gemeinde Hermannstadt/Sibiu wieder Aufnahmen von Vishniac. Die jetzige Ausstellung ist die reduzierte Variante einer bereits 2001 in der Ferula gezeigten Schau.