Vorweihnachtliche Bescherung für Filmliebhaber in Berlin

Răzvan Rădulescu im Rumänischen Kulturinstitut „Titu Maiorescu“

Der international renommierte Drehbuchautor und Schriftsteller Răzvan Rădulescu im Rumänischen Kulturinstitut „Titu Maiorescu“ in Berlin.
Foto: Berndt Brussig

Das Rumänische Kulturinstitut „Titu Maiorescu“ in Berlin ist eine der ersten Adressen in der deutschen Metropole in puncto Darstellung und Verbreitung der rumänischen Kultur solcher Kunstgattungen wie Film, Musik, Literatur und Bildende Künste. Gegründet 1999 auf der Grundlage des Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und Rumäniens, ist dieses Institut längst zu einer festen Institution des kulturellen Lebens avanciert, als ein akademisches Forum mit Treffpunkt von Persönlichkeiten aus Kultur und Politik.

Filmkünstlerisches Highlight im Dezember mit Răzvan Rădulescu

Unter dem Motto Cinema-TEK präsentierte das Rumänische Kulturinstitut im Verlauf des Jahres eine Serie von monatlichen Filmaufführungen, ausgewählt aus den besten rumänischen Filmen aller Zeiten. Highlight in diesem Monat war die Filmaufführung „Marfa şi banii“ (Ware und Geld) am Donnerstag voriger Woche im Beisein des Drehbuchautors Răzvan Rădulescu, ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, so mit dem Goldenen Berliner Bären auf den 63. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Februar 2013 für das Drehbuch zu „Mutter und Sohn“ („Poziţia copilului“). Răzvan Rădulescu, 1969 geboren, studierte Philologie an der Universität Bukarest sowie Opernregie an der Musikakademie Bukarest. Sein literarisches Debüt gab er mit Anthologien unter dem Titel „Familienporträt“, veröffentlicht 1985. Dem folgten Arbeiten als Drehbuchautor in Kooperation mit international renommierten Regisseuren, zum Beispiel „Marfa şi banii“ mit Regisseur Cristi Puiu, „Die Autobiografie von N. Ceauşescu“  mit Andrei Ujica sowie „Mutter und Sohn“ mit Călin Peter Netzer.

„Marfa şi banii“ – erstes Roadmovie Rumäniens nach der Wende

Die Ankündigung von „Marfa {i banii“ als der letzten Filmvorführung der Serie Cinema-TEK auf der Homepage des Kulturinstitutes machte neugierig: „Dieser letzte Film der Reihe ist jedoch der erste in mehrerer Hinsicht: der erste Spielfilm von Cristi Puiu, das erste Drehbuch von Răzvan Rădulescu, das erste rumänische Roadmovie nach der Wende und der Wegbereiter für die in der ganzen Welt bekannten Filmproduktionen der rumänischen Nouvelle Vague.“

Diese Werbung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt, denn es hatten sich eine Menge Leute, darunter viele Filmstudenten, in der repräsentativen Villa Walther, Sitz des Rumänischen Kulturinstituts in Berlin-Grunewald, eingefunden. Wenngleich Răzvan Rădulescu erst ein paar Minuten nach 19 Uhr eintraf, tat das der guten Atmosphäre keinen Abbruch, weiß man/frau doch, dass seine Agenda als einer der produktivsten rumänischen Drehbuchautoren sowie als Pendler zwischen Metropolen wie Bukarest, Berlin und Paris wohl übervoll sein dürfte. Mir und wohl allen Gästen wurde anhand von Filmstory und  -stil des 90-minütigen Spielfilms „Marfa şi banii“ erst so richtig klar, was es mit dem cineastischen Terminus „Roadmovie“  eigentlich auf sich hat. Das Genre „Roadmovie“ wurde mit dem Film anschaulich  bedient, spielt sich doch die Handlung fast ausschließlich auf der Landstraße ab, wobei die Reise zur Metapher für die Sehnsucht nach Freiheit, Selbstverwirklichung und Identität der Protagonisten wird. Aufgekommen ist dieses Filmgenre in den 60er Jahren in den USA. Produziert wurde dieser Film 2001.

An Bord vom „Balkanschreck TV 51“ von Konstanzanach Bukarest

Drei junge Rumänen düsen als Mafia-Kuriere mit Hochgeschwindigkeit von Konstanza nach Bukarest, jedenfalls in jener maximalen Geschwindigkeit, was der betagte Lieferwagen des Typs „TV 51“ mit Spitznamen „Balkanschreck“ an Schnelligkeit noch so hergibt. Unterbrochen wird ihre Reise durch nicht auszubleibende Widrigkeiten: Pannen und Polizeikontrollen.

Doch das Schlimmste, was den drei Mafia-Kurieren widerfährt, ist der Beinahe-Crash mit einem ominösen roten Fahrzeug und anschließender Flucht auf den Schlaglochstraßen vor den Verfolgern gen Bukarest, wo sie ihre Ware, anscheinend Drogen, einem Dealer überbringen sollen. Endgültig kommt der Film zum Stehen mit den Szenen, wo die drei jungen Leute tatsächlich in Bukarest ankommen, aber den Empfänger der Ware noch nicht finden. Vorher gab es schon einige Film-Stillstände, weil die aus Bukarest nach Berlin geschickte DVD irgendwie nicht richtig funktionierte. Diese technische Panne rettete Răzvan Rădulescu mit Humor und ohne Mühe, indem er den Rest des Films einfach erzählte.

Und das Schöne an der DVD-Panne: Die Direktorin des Instituts bescherte uns allen noch ein Weihnachtgeschenk mit dem Versprechen: Jeder bekommt demnächst eine DVD „Marfa şi banii“ in Top-Qualität, frisch eingeflogen aus Bukarest. In der Diskussion mit dem berühmten Filmemacher erfuhren wir auch den Titel seines nächsten Filmprojektes: „Eine Etage tiefer“. Dem fügte sich ein kleiner Empfang in weihnachtlicher Atmosphäre mit edlem Rotwein und feinem Gebäck an. Alles in allem: Eine schöne vorweihnachtliche Bescherung.