Waffenstillstand an den Energiequellen

Wort zum Sonntag

Der Afrikaforscher Rainey beobachtete öfter die Tiere an der Tränke in der Wildbahn. So oft der Forscher Tiere an der Tränke fotografierte, erlebte er es nie, dass bei der Tränke der Friede gebrochen wurde. Selbst die Löwen verzichteten während des „Tränke-Waffenstillstandes“ darauf, die zarten Gazellen, ihre liebste Beute, anzufallen. So handeln unvernünftige wilde Tiere. Sie halten an den allen gleich notwendigen Wasserplätzen untereinander Frieden.

Wie handeln wir Menschen, die wir mit Vernunft begabt sind und hoch über den Tieren stehen? Bei unserer „Tränke“ handelt es sich nicht um Wasserquellen, sondern um Ölquellen, Kohlenlagern, Erdgasvorkommen, Urangruben und anderen der Wirtschaft nötigen Energiequellen. Bei diesen „Wirtschaftstränken“ gibt es aber keinen dauernden Waffenstillstand wie bei den Tieren. Alle Kriege, die Menschen geführt haben und noch führen, sind vor allem Wirtschaftskriege. Jedes politische Regime bleibt an der Macht nur so lange, als es sich auf eine starke und solide Wirtschaft stützen kann. Die Wirtschaft hat aber Energiequellen notwendig. Was die Staaten auf Grund friedlicher Vereinbarungen nicht erlangen können, das suchen sie mit militärischer Gewalt zu erreichen, also mit Krieg. Man fängt keinen Krieg um ein „Nichts“ an. Das hat schon der alte griechische Philosoph Heraklit, 500 Jahre vor Christus, erkannt und den bekannten Satz geprägt: „Der Krieg ist der Vater aller Dinge!“

Der schottische Philosoph und Geschichtsforscher David Hume (1711-1776)  gab zu bedenken: „Wenn ich auf zwei kriegführende Nationen blicke, scheint es mir, dass ich zwei Betrunkene sehe, die sich in einem Porzellanladen raufen. Abgesehen davon, dass sie die Beulen, die sie bei den Schlägen erhalten, zu reparieren haben, müssen sie auch noch den Schaden bezahlen, den sie angerichtet haben.“ Kriegführende sind Elefanten im Porzellanladen. Wie schwer, wie mühselig, wie kostspielig und langwierig ist doch der Wiederaufbau! Zum Zerstören genügen Augenblicke, zum Wiederaufbau werden Jahre benötigt. Der Krieg ist kein Schicksal, das aus den Wolken kommt. Er ist ein Versagen der Bewohner unserer Welt. Dieses Versagen tritt ein, wenn die Unvernunft die Vernunft vergewaltigt. Deshalb versuchten einsichtige Menschen schon im Mittelalter mit beißendem Spott den Krieg als Unsinn zu brandmarken.

Wir haben den Frieden untereinander so notwendig wie das tägliche Brot. Christus will uns dazu verhelfen. Seine Worte gelten nicht nur den Aposteln, sondern auch uns: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch!“ Die gottvergessene Welt kann uns nur einen bewaffneten Waffenstillstand geben. Wahr ist das Dichterwort: „Denn solange Hass und Liebe, Furcht und Gier auf Erden schalten, werden sich der Menschheit Lose ähnlich oder gleich gestalten!“

Nicht materielle Waffenabrüstung kann den Frieden bringen und bewahren. Das kann nur eine „Herzsabrüstung“ der Völker bewerkstelligen. Es muss abgerüstet werden: Habsucht, Machtgier, Stolz, Eigensinn, Selbstsucht und noch andere Süchte. Der auf Politikerwort geschlossene Friede bleibt immer brüchig. Der große Denker Augustinus hat ein besseres Friedenskonzept: „Nur in den Kindern Gottes, die sich untereinander lieben und von Gott erfüllt sind, denen Gott eins und alles ist, nur in ihnen wohnt der reine, vollkommene Friede!“ Das heißt: Nur gotterfüllte Menschen können den „Waffenstillstand an den Energiequellen der Erde“ herstellen und bewahren.