Wer hat sich am Asphaltdiebstahl bereichert?

Expertise Temeswarer Experten weist auf geduldete Schlampereien beim Reschitzaer Straßenbau hin

Der Bürgermeister von Reschitza, Ioan Popa (PNL), prüft nicht nur die Rechnungen des Rathauses aus den vergangenen Jahren, die von den beiden vorangegangenen Administrationen Stepanescu/Crina (beide PSD) im Namen der Reschitzaer aufgenommen wurden, sondern er lässt auch Expertisen über die Qualität durchgeführter Arbeiten anfertigen. Jüngst gab er ein solches Untersuchungsergebnis der Fachleute der Temeswarer Baufakultät bekannt: beim Asphaltieren und der Abnahme von sechs Stadtstraßen scheint es sich um einen Fall für die Strafjustiz zu handeln.

Die Expertise ist „Straßen des Munizipiums Reschitza” betitelt und untersucht die Verwendung öffentlicher Gelder für die Sanierung mehrerer Stadtstraßen, wo offensichtlich mit der Deckung von hochgestellten Stadtoffiziellen, Geld zuungunsten der Qualität der durchgeführten Arbeiten zur persönlichen Bereicherung missbraucht wurde.

Gestohlen wurde, indem ganz andere Materialmengen zur Straßensanierung verwendet wurden als verrechnet. Gestohlen wurde, indem andere Asphaltmischungen gemixt und ausgebracht wurden, als im Sanierungsprojekt vorgesehen. Gestohlen wurde auch durch die Art und Weise, wie und mit welcher Technik gearbeitet wurde. All dies weist die Expertise der Temeswarer Hochschullehrer nach, die vom Rathaus Reschitza in diesem Frühjahr bestellt wurde. Grundsätzlich zeigen sich bereits überall die Folgen des ungebremsten Diebstahls dadurch, dass die Löcher im Asphalt nach einem Jahr schon wieder unübersehbar sind. „Es wäre schon ausreichend gewesen, wenn der Auftraggeber, das Rathaus, während der Durchführung der Arbeiten durch seine damaligen Vertreter diese Arbeiten überwacht und nachgeprüft hätte”, schreiben die Hochschullehrer.

Univ.-Prof. Dr. Gheorghe Lucaci, technischer Experte, ebenso wie Univ.-Prof. Dr. Florin Belc, der Direktor des Departements für Kommunikationswege, Fundamente und Kataster, Dr. Ing. Petru Marc, die Dipl.-Ingenieure Andrei Forton und Alin Buzuriu haben ihr Expertisereferat aufgrund des Regierungsbeschlusses HG 925/1995 ausgearbeitet, der die Qualitätskontrolle von ausgeführten Bauarbeiten regelt. Untersucht wurden Arbeiten von der Gegend des Rangierbahnhofs bis ins Stadtviertel Moroasa, sowie Straßenbauarbeiten und Gehsteige in der Altstadt. Konkret wurden die Straßen Sportului, Petru Maior, Traian Lalescu, Minda, der Republicii-Platz und die Zimbrului-Straße untersucht, deren Sanierung aufgrund von Verträgen vom August 2011 zwischen der Stadt und zwei Straßenbaufirmen durchgeführt wurde.

Die Arbeiten zwischen Rangierbahnhof und dem Moroasa-Viertel wurden zwei Monate vor den Kommunalwahlen von 2016 abgenommen. „Seit Abschluss der Sanierung haben sich die Arbeiten entsprechend verhalten”, steht im Abnahmeprotokoll. Und: „Die Arbeiten entsprechen quantitativ und qualitativ”, wird bescheinigt. Über die Arbeiten in der Altstadt gibt es nur ein vorläufiges Abnahmeprotokoll vom November 2013: „Die Arbeiten sind entsprechend”, steht da.

Die jetzige technische Überprüfung untersuchte die Qualität des Asphalts, maß die Straßen und Gehsteige nach, mittels Entnahme von Proben zur Laboruntersuchung wurde die wahre Straßenstruktur bestimmt und die Stärke der übereinandergelagerten Schichten nachgemessen. Das Ergebnis war katastrophal für die Bauausführer und die damals Abnehmenden: der Asphalt ist bis zu 65 Prozent dünner als im Projekt vorgesehen! Das ergaben mindes-tens 50 Prozent der Untersuchungsproben im Fall Moroasa-Rangierbahnhof und 75 Prozent der Proben aus der Altstadt. Auf der Minda-Straße beispielsweise hätten die zwei übereinandergelagerten Asphaltschichten zehn Zentimeter Stärke haben müssen – die Proben ergaben, dass sie 3,5 bis 6,6 Zentimeter dick waren. „Das hat Folgen für die Tragfähigkeit des Straßenbelags und führt laufend zur Zerstörung desselben”, schreiben die Experten. „Die neu ausgebrachte Asphaltschicht hat keinen festen Kontakt zur Unterschicht, was man an vielen Stellen bereits mit bloßem Auge sehen kann: sie schält sich ab”, steht in der Expertise. Dieses Ablösen war der Auslöser für den Auftrag der Stadt. Das „Abschälen” komme daher, dass einerseits keine entsprechenden Arbeitsgeräte benutzt wurden, andrerseits scheinen die Arbeiten auch bei bestimmten Außentemperaturen nicht mit den entsprechenden Materialien ausgeführt worden zu sein. Der Hauptgrund ist und bleibt aber, laut Expertise, das Sparen am falschen Ort – lies: der Diebstahl von Materialien. Aus den Proben zogen die Experten die Schlussfolgerung, dass „ein zu geringer Gehalt an Bitumen vorhanden ist (5,03 bis 5,75 Prozent gegenüber einem notwendigen Minimum von 6 Prozent)”.

Hauptgrund für den schlechten Zustand der neuasphaltierten Straßen bleibt: „Es fehlt fast gänzlich die verbindende Halteschicht zwischen den Asphaltschichten, so dass das Endprodukt extrem schnell altert.”

Da die betreffenden Straßen fast alle noch in Garantie sind, empfehlen die Experten, sofort die Garantieklausel zu aktivieren. Wer das Ganze bezahlt? Auf keinen Fall die gegenwärtige Stadtleitung, versichert diese.

Die Expertise wird demnächst dem Stadtrat vorgelegt. Dieser muss entscheiden über die Maßnahmen, die zu treffen sind. Es dürfte eine neuerliche Feuerprobe werden zwischen der kaum bezähmten PSD-Fraktion (seit sie einen Vizebürgermeister stellt) und der fragilen Mehrheit von PNL und Splitterparteien im Stadtrat Reschitza.