„Wir dienen auch“

Temeswars Gendarmerie will Ordnungshüter-Image aufpolieren

Harte Kerle, weicher Kern: Auf dem Straßenfestival „AccesArt“ bastelte die Gendarmerie fleißig und füllte nebenbei auch Fragebögen des Vereins „Temeswar Kulturhauptstadt Europas 2021“. Der Kontakt zu den Bürgern ist der Gendarmerie wichtig, um ein positives Image zu wahren
Foto: Der Verfasser

Nicolae Bocanca war jahrelang auf Streife. Heute ist der Gendarm von der mobilen Einheit „Glad Voievod“ Timi{oara für Pressearbeit zuständig. „Die Arbeit eines Gendarmen kann hart sein“, so Bocanca. Seine Einheit ist nicht nur für Temeswar/Timişoara und den Kreis Temesch verantwortlich, sondern auch für die Nachbarkreise. Die Einsatztruppen müssen manchmal über mehrere Tage die Stadt verlassen. Sie werden meistens dort gebraucht, wo sich große Menschenaufläufe bilden. Das können Konzerte sein, aber auch religiöse Feste. „Wir waren auch im Einsatz, als Gläubige zum Grab des Heiligen Arsenie Boca pilgerten.“ Was sich bei einer dieser Zusammenkünfte abspielt, ist nicht weniger strapaziös als bei einem Rockkonzert. Die Gendarmerie macht sich bei diesen Einsätzen kaum beliebt, auch wenn sie nur für Recht und Ordnung sorgen will.

Das Bild der Menschen ist gespalten. Die Gendarmerie, die dem Verteidigungsministerium, also Teil der Armee, unterstellt ist, genießt manchmal den gleichen schlechten Ruf. Menschen wie Bocanca bemühen sich darum, die Gendarmerie in ein anderes Licht zu rücken. Durch Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, soll auch die menschliche Seite gezeigt werden. Im Sommer hat zum Beispiel eine andere Einheit aus Temeswar an dem Straßenfestival „AccesArt“ teilgenommen. Zusammen mit Kindern wurde gebastelt. Aus Modezeitschriften und Katalogen schnitten sie Figuren und Bilder raus und setzten sie wieder zusammen. Jetzt hat Bocanca mit dem Verein „Temeswar Kulturhauptstadt Europas 2021“ zusammengearbeitet. Die Gendarmerie unterstützt die Kandidatur der Stadt und hat sich darum bereit erklärt an der Kampagne „21 Push Ups for Timi{oara 2021“ teilzunehmen.

Zwei Offiziere verbrachten einen Vormittag lang in der Stadt, um mit Bürgern zu sprechen, sich ihre Probleme anzuhören und Hilfe zu leisten. Die Message ist klar und erinnert an die Kampagne der deutschen Bundeswehr: Wir dienen und fühlen uns für ihre Sicherheit verantwortlich.

„Was man alles sieht und erlebt, das glaubt man einfach nicht“, meint Bocanca. So sicher Temeswar auch scheinen mag, täglich kommt die Gendarmerie in Einsatz, unterstützt die Polizei. Es sind meistens Schlägereien oder Störungen der öffentlichen Ruhe mit denen sich die Gendarmerie befassen muss. In solchen Einsätzen werden selten die weiblichen Offiziere eingesetzt. „Aber wir brauchen Frauen in unseren Einheiten“, so Bocanca. „Zum Beispiel bei Körperdurchsuchungen ist es wichtig, dass wir auch eine Frau dabei haben, weil uns das Gesetz nicht erlaubt eine weibliche Verdächtige zu durchsuchen.“

Streng sind auch die Regeln, was das Disziplinarverhalten der Gendarmen angeht. Es gelten die gleichen Regeln wie in der Armee: Kurz geschorene Haare, kein Bart oder sonstige Gesichtsbehaarung, das Hemd immer ordentlich bis oben zugeknöpft.

Geschichte der Gendarmerie

165 Jahre alt ist die rumänische Gendarmerie. Unter Grigore Alexandru Ghica erhielt sie einen juridischen Status. Im Banat wurden Einheiten nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt. König Ferdinand gründete durch ein Dekret die Vierte Gendarmeriebrigade, zuständig für das Banat und Siebenbürgen. Während der Revolution 1989 war die Gendarmerie für die Ordnung auf den Straßen zuständig. Von hier auch der schlechte Ruf, den sie heute teilweise hat. Obwohl 1990 die Gendarmerie neugegründet wurde. „Man kann es Menschen nicht verübeln“, meint Bocanca. Streng müssen die Ordnungshüter sein, selbst wenn auf Veranstaltungen nichts passiert, müssen sie stets auf der Hut sein. An manchen Tagen finden sonderliche Aktionen statt: Einmal hat die Gendarmerie zwei Männer dabei erwischt, wie sie Gänse aus dem Temeswarer Zoo gestohlen haben. Streit zwischen Ehepartnern muss ebenso von ihnen geschlichtet werden, wie auch Auseinandersetzungen vor Nachtclubs oder Fehden zwischen rivalisierenden Banden. Davon gibt es in Temeswar noch wenige. Trotzdem kommt es immer wieder zu Ausschreitungen.

Ein normaler Acht-Stunden-Job ist es kaum. Gearbeitet wird in drei Schichten und auch an Wochenenden. „Wir erhalten natürlich dafür freie Tage.“

Die, die sich diese Karriere wählen, schwärmen von dem Beruf. Die Gendarmerie bleibt vorwiegend männlich und die Strukturen durch und durch militärisch. Entscheidungen werden in Bukarest getroffen. Image-Kampagnen müssen zuerst abgesegnet werden.

„Oft sind uns einfach die Hände gebunden“, so Bocanca. „So funktioniert das halt bei uns.“