Wort zum Sonntag: Der Obstgarten Gottes

Ein Farmer in Amerika zog in einem wohlgeschützten Garten ganz auserlesene Apfelsorten. Er hielt sich auch mit seiner Freude über seine Erfolge nicht zurück und lud seine Freunde ein, sich selbst von der erlesenen Güte des Obstes zu überzeugen. Einer von diesen, der bisher nie gekommen war, gab ihm auf sein erneutes Drängen zur Antwort: „Ich bin schon einmal an deinem Garten vorbeigekommen, sah Äpfel auf dem Boden liegen, hob einen auf, biss hinein und ich muss dir sagen, ich habe noch nie einen so sauren Apfel verkostet. Das schreckte mich bis heute ab, deiner Einladung zu folgen“. Da lachte der Farmer hell und sagte: „Weißt du auch, dass ich meilenweit in der Umgebung gesucht habe, bis ich diese saure Sorte fand? Die habe ich am Zaun entlang gepflanzt, um Diebe von meinem Garten abzuhalten. Es ist mir auch gelungen. Komm aber herein und versuche die Sorten, die drinnen wachsen. Dann urteile wieder!“

So ähnlich handelte Christus als geistiger Obstpflanzer. Er versprach denen, die ihm nachfolgen, keine materiellen Reichtümer und Machtpositionen. Nicht die Genusssüchtigen und die Machtlüsternen, nicht die Habgierigen sollen seine Jünger sein. Er lädt so zu seiner Nachfolge ein: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“ Deshalb setzte er an den Eingang zu seinem Reich die „sauren Apfelbäume“ der Entsagung. Nicht die in jedem Menschenherzen schlummernden niedrigen Leidenschaften wollte er wecken und züchten, sondern die edlen Triebe, die ebenfalls in jedes Menschenherz gelegt sind, die wollte ER zur Entfaltung bringen. Sie gleichen den edlen Apfelsorten. Diese aber gedeihen keineswegs in der giftigen Luft der ungehemmten Sinnenfreuden, der Habsucht und des ungezügelten Machtstrebens. Nur solche Menschen, die bereit sind, in den „sauren Apfel der Nachfolge Christi“ zu beißen und tapfer auf diesem Weg ausharren, werden die wahren und bleibenden Freuden erlangen und schon in diesem Leben gute Früchte ernten.

Der Apostel Paulus zählt im Galaterbrief die Früchte auf, die unser Leben gut, edel und sinnvoll schon hier auf Erden machen: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung!“ Würden alle Menschen diese geistigen Güter erlangen, würde unser Globus das von den Dichtern erträumte wahre Paradies Wirklichkeit werden. Viele Menschen wollen aber keine Selbstüberwindung auf sich nehmen und wollen nur die Früchte von den Bäumen der Sinnenlust genießen. Sie mögen anfangs Genuss bringen, aber bald zeigt es sich, dass es Früchte sind, die unsere Gemeinschaft vergiften. Der Apostel Paulus zählt auch sie auf: „Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid, Missgunst, Trink- und Essgelage.“ Können in einer solch vergifteten Atmosphäre wahre Freude und bleibendes Glück gedeihen? Wie würde die menschliche Gemeinschaft aussehen, wenn wir uns nur von den Bäumen der Sinnenlust ernähren wollten? Die Starken unterdrücken die Schwachen und es wird nur Herren und Knechte geben. Das zeigt uns doch auch die Geschichte der Menschen, die voll von Herren und Knechten ist.

Der Weg der Nachfolge Christi scheint rau zu sein, aber er ist ein sicherer Weg. Darauf kommt es doch an. Christus fordert von uns nichts, was er nicht selbst tat. Er hat sich für uns geopfert. Welcher Mensch, der sich nur von dem Genussbaum ernährt, kann das tun?

Unser Leben ist kurz. Lassen wir das Wort Christi tief in uns eindringen: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ Das trifft auf die zu, die nur das „dolce vita“ erstreben. Mag anfangs die Nachfolge Christi wie ein „saurer Apfel“ erscheinen, bald werden wir die edlen Früchte dieser Nachfolge kosten, schon hier auf Erden ein gutes Gewissen, schuldenfreies Herz und freudige Zukunftshoffnung. Wir werden ewige Gäste im Obstgarten Gottes werden. Dort steht kein Baum der Erkenntnis mehr, sondern nur Bäume der Liebe.