WORT ZUM SONNTAG: Die heiligen Apostel Peter und Paul

Zum Peter- und Paulstag, der am 29. Juni, also heute, gefeiert wird, etwas zu schreiben, ist eine Herausforderung in zwei Richtungen, zuerst mehr pragmatisch-praktisch, aber dann auch intellektuell. Pragmatisch-praktisch, weil es der Herr so gewollt hat, den einfachen Fischer Petrus und seinen Bruder Andreas zu Aposteln zu machen. Das, was an Petrus besticht, ist, dass er auf seinen älteren Bruder hört und sich von ihm zu Christus führen lässt und dass er auf seinem Weg zu Christus aufrichtig ist, d. h. dass er offen und ehrlich auch mit seinen Fehlern und Schwächen umgeht. Petrus gibt offen zu, dass seine Stärke nicht die geschliffene, brillante Rede ist, und auch die Tatsache, dass er seinen Herrn und Heiland in einem entscheidenden Moment verleugnet hat, ist untrennbar mit dem Weg des Petrus verknüpft.

Schon zu Beginn dieses Weges steht das Sündenbekenntnis des künftigen Apostels: „Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch.“ Auch ist dieser Weg nicht frei von Momenten des Klein- und sogar des Unglaubens. Gerade deshalb ist es wichtig, dass der Herr auf diesen Menschen zukommt und ihn in seinen göttlichen Heilsplan einbezieht. Sein unkompliziertes Wesen, sein praktisch-pragmatischer Zugang, seine Aufrichtigkeit, sein schlussendlich klares Bekenntnis zu Christus, aber vor allem seine außergewöhnliche Erfahrung mit der unergründlichen Gnade und Barmherzigkeit des dreieinigen Gottes machen ihn tatsächlich zu einer Säule der Kirche aller Zeiten und Orte. Der Herr hat aus diesem einfachen Fischer einen Menschenfischer gemacht, den Felsenapostel, der Christus wahrhaftig liebt, und der in der Erfahrung des eigenen Versagens sein Kreuz gefunden und auf sich genommen hat und trägt.

Vielleicht ist das der Grund, warum Petrus für das westliche bzw. abendländische Denken so wichtig geworden ist, welches ja immer wieder den Menschen in den Mittelpunkt aller seiner Bemühungen gestellt hat. Denn die Lebensgeschichte des Petrus stellt uns die Wahrheit über diesen Menschen vor Augen, nämlich, dass wir es im Menschen mit einem Wesen aus Fleisch und Blut zu tun haben, das – trotz bester und aufrichtigster Absichten und Pläne – fehlbar, verletzlich und schwach ist. Der Westen mit seinem Hang zur Wissenschaftlichkeit, Rationalität, Transparenz, Nachhaltigkeit und Perfektion braucht diese Erinnerung an die Möglichkeit des Scheiterns und letztendlich an das Kreuz, um wahrhaftig bleiben zu können. Zugang zum himmlischen Vater haben wir ja nur durch unsern gekreuzigten und auferstandenen Herrn, Jesus Christus.

Es ist eine Lebenslüge des westlichen oder abendländischen Denkens, das Scheitern, Leiden und den Tod aus der menschlichen Existenz ausklammern zu wollen. Christus hat Petrus deshalb mit ungewöhnlich scharfen Worten zurechtgewiesen. Zur Nachfolge Christi gehört das Kreuz. Es ist eine unverzichtbare Aufgabe der Kirche, dieses Kreuz zu predigen, weil der Herr gerade durch das Kreuz Sünde, Tod und Teufel überwunden und zertreten hat. Das bedeutet aber zugleich, dass jede Art von Selbstrechtfertigung ausgeschlossen werden muss.

Das ist das eigentliche Thema des heiligen Apostels Paulus, der seinen Weg zu Christus unter ganz anderen Voraussetzungen als Petrus beginnt. Er ist nicht ein einfacher Fischer, sondern ein griechisch gebildeter Jude, der unter Gamaliel I. in Jerusalem studiert und eine solide Ausbildung in Theologie und Rhetorik aufzuweisen hat (vgl. Apg. 22,3), was selbst von Gegnern und Königen anerkannt wurde. Trotz seines immensen Wissens aber (Apg. 26, 24) und seiner großen Rednergabe stieß Paulus bei einem erheblichen Teil seines Volkes auf Ablehnung und erfuhr es als seine eigentliche Berufung, die gute Nachricht von Jesus Christus zu den Völkern, d. h. zu den Heiden zu bringen, die den allmächtigen und barmherzigen Gott nicht kennen und deshalb Götzen und Idole verehren.

Dabei ist nun wichtig, dass Paulus, wenn auch auf ganz andere Weise als Petrus, dem lebendigen Herrn Jesus Christus selbst begegnet ist, eine Erfahrung, die sein Leben vollständig umgekrempelt hat. Bemerkenswert ist, dass die Bildung und Schriftkenntnis des Paulus dabei nicht unwichtig werden, sondern gerade für den bekehrten Apostel zu Hilfsmitteln geworden sind, den lebendigen Gott zu bezeugen. Dieses Zeugnis ist ein persönliches Lebenszeugnis, Paulus hat dafür Gefängnis, Schläge, Strapazen und schließlich sogar den Märtyrertod auf sich genommen, aber es schließt auch den Anspruch ein, alles Denken in den Gehorsam gegenüber Christus zu führen (2. Kor. 10, 5). Hier zeigt sich, in welchem Maß das Zeugnis der beiden Apostel Petrus und Paulus aufeinander angewiesen ist und sich ergänzt. Beide aber predigen den gekreuzigten und auferstandenen Herrn.