WORT ZUM SONNTAG: Früchte des Heiligen Geistes

„Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“.   (Galater 5,22-23)

Das sind die Früchte des Heiligen Geistes. Ist das aber ein Tugendkatalog, der für uns gilt? Sollen wir nichts sein, außer liebevoll und langmütig und sanftmütig und freundlich? Auch wenn die Menschen sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, Kinder zu leiden haben, junge Menschen sich auf Abwegen zugrunde richten, wenn das grüne Land schmutzig und verwüstet wird, wenn Menschen ohne Heimat bleiben? Sollen wir brav sein und schweigen, wenn wir Ungerechtigkeit begegnen, wenn wir Angst haben, vielleicht Angst vor dem Krieg, Angst vor Einsamkeit, Angst vor den Unsicherheiten der heutigen Zeit? Man sagt uns: Genau das lehrt uns Gott! Das glaube ich nicht. Man kann auch auf die Barrikaden gehen.Beim Nachbarn eines Rabbi waren mehrere Kinder nacheinander gestorben. Der Mutter wurde geraten: „Die Wege des Himmels sind unergründlich. Man muss lernen, sein Schicksal anzunehmen.“ Da erschien der kluge Rabbi und sagte der unglücklichen Mutter: „Und ich sage dir, Frau, man muss es nicht annehmen! Man muss sich nicht unterwerfen. Ich rate dir zu rufen, zu schreien, zu protestieren, Gerechtigkeit zu fordern: Verstehst du mich, Frau? Man darf es nicht annehmen!“Ich glaube, dass wir den obengenannten Tugenden des Geistes nicht bedingungslos folgen müssen. Wo der Heilige Geist in der Bibel erscheint, ist er nicht immer das sanfte Säuseln. Er kommt als Sturm, Brausen, Toben, als Orkan.

Er ergreift die Menschen, weht sie durcheinander, verändert sie, krempelt sie von innen nach außen um. Er verändert. Das hat uns auch Jesus deutlich gemacht.Wir sind von Gott geliebt, wir alle. Wir sind von Gott angenommen, wir alle. Wir sind von Gott befreit, für ihn und füreinander. Und wir sollen, wir müssen, wir dürfen etwas verändern! Mit Hilfe des Heiligen Geistes und mit Hilfe von jeder und jedem. Die Früchte des Heiligen Geistes sind unser Ziel und unser Weg.Da ist zuerst die Liebe, von der es in der Bibel heißt: „Du sollst Gott deinen Herrn lieben und deinen Nächsten wie dich selbst!“ Also Gott und den Mitmenschen und mich selbst! Nur alle drei Bereiche zusammen sind die volle Liebe, die Frucht des Heiligen Geistes. Dann folgt die Freude, denn Trübsinn und traurige Mienen, Ernst und kein Lachen sind nicht die Frucht des Geistes. Darum heißt Evangelium auch „frohe Botschaft“, die Freude über alles, was Gott uns schenkt. Wir dürfen, wir sollen Freude haben in unserem Leben, wir sollen Dinge tun, die uns Spaß machen, alleine, miteinander und mit Gott. Auch die Freude ist eine Frucht des Heiligen Geistes! Danach folgt der Friede, Sicherheit für unser Leben, für unser Haus, für unsere Gemeinschaft. Wenn wir diesen Frieden nicht haben, oder diesen Frieden anderen verweigern, müssen wir etwas unternehmen, müssen aufbegehren, müssen uns wehren. Frieden und die damit verbundene Sicherheit, keine Angst haben zu müssen um unser Leben und das unserer Lieben, keine Angst zu haben, dass unsere sicheren Häuser vielleicht einmal weggeschwemmt oder Schutt werden.

Dieser Frieden ist ein Privileg, den wir hier lange schon genießen. Dies war nicht immer so. Die Älteren erinnern sich noch. Zu dieser Zeit, wo wir hier in Frieden leben, herrscht in anderen Ländern Krieg. Gott will keinen Krieg, Gott will Frieden für alle seine Menschen, das ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Deshalb ist es die Aufgabe Seiner Kinder, hier nicht sanftmütig und geduldig zu sein, nicht hinzunehmen, wenn Menschen sterben, wegen Feindschaften zwischen Völkern oder Herrschern. Keine Geduld, keine Langmut, nein, Aufbegehren und Protest, wo Menschen der Frieden genommen wird!Erst nach diesen drei Früchten kommt Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Erst wenn die ersten drei Früchte unter Dach und Fach sind, kann ein freundliches Wort in unserem Alltagsleben, ein Lächeln, ein gütiges Zupacken, die den Tag für uns und unsere Mitmenschen freundlicher machen, gelingen. Wo Streit entsteht, oft aus Nichtigkeiten, lässt sich viel mit Langmut, Freundlichkeit, Güte und den oben genannten Tugenden ausräumen und das Eis brechen. So viele Früchte, so viel zu tun. Aber ohne dass wir klein beigegeben müssen und alles hinnehmen. Wir sollen, wir dürfen kämpfen, mit friedvollen Mitteln, um diese Früchte gemeinsam zu ernten. In einer Geschichte las ich: „Gott will nicht, dass wir klein beigeben und zu allem ja und Amen sagen. Nein, die richtige Antwort ist: Nein und Halleluja!“ Möge uns auf diesem Weg der Heilige Geist begleiten!