Zeitungsenten im europäischen Medienteich

In rumänischen Medien kursiert die Meldung, dass die Deutsche Bundesbank alte D-Mark-Banknoten druckt. Nur in Deutschland weiß niemand etwas davon

„Will Deutschland aus der Euro-Zone aussteigen? Das Land hat begonnen deutsche Mark zu drucken“, so lautet eine Schlagzeile am Donnerstag auf der Internetseite von Mediafax.ro. In dem Bericht beruft sich die Nachrichtenagentur auf die britische Boulevardzeitung „Daily Express“ und behauptet, die deutsche Nationalbank hätte damit begonnen, die alte D-Mark wieder zu drucken und Berlin würde den Ausstieg aus der Euro-Zone vorbereiten. Upps! Wie kann es passieren, dass in deutschen Medien von dieser wichtigen Meldung gar keine Rede ist? Warum schenkt auch die Deutsche Presseagentur (dpa) dieser Nachricht keine Beachtung? Hatte Frau Merkel jetzt doch die Nase voll, ständig Geld an die Griechen zu überweisen, und kurzfristig die Bundesbank angewiesen, die Druckmaschinen wieder mit den verstaubten Druckplatten der D-Mark zu bestücken? Warum wissen die rumänischen Medien diesbezüglich mehr als die deutschen?

Der Ursprung dieser komplizierten Geschichte, deren Weg von Deutschland über Großbritannien nach Rumänien führt, liegt in einer Umfrage des deutschen Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD). Das renommierte Meinungsforschungsinstitut hatte herausgefunden, dass 71 Prozent der Deutschen „weniger“, „kaum“, oder „gar kein“ Vertrauen in den Euro haben. Angesichts der schwierigen Lage des Euros nichts Ungewöhnliches. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete am vergangenen Sonntag darüber. Die britische Boulevardpresse, bekannt dafür, das eine oder andere Gerücht schon mal als Schlagzeile zu verkaufen, nahm diese deutsche Euro-Skepsis zum Anlass, eine alte Geschichte über die Deutsche Bundesbank wieder hervorzuholen. 

Unter dem Titel „Deutsche Mark bereit zur Rückkehr, weil Euro-Krise in Deutschland weiter um sich greift“ erschien in der Onlineausgabe des „Daily Express“ ein Artikel, der über den Druck von D-Mark-Noten in Deutschland berichtet. Gerüchten zufolge sei die Deutsche Bundesbank, als Teil eines Notfallplans zum Verlassen der europäischen Einheitswährung, mit dem Druck beauftragt worden. Die rumänischen Nachrichtenportale mediafax.ro, und incont.ro greifen diese Geschichte auf, und schreiben, dass „die britische Zeitung Daily Express berichtet, dass die Deutsche Notenbank bereits damit begonnen hat, D-Mark-Scheine zu drucken“, vergessen jedoch den kleinen aber feinen Unterschied zu erwähnen, dass es sich nur um Vermutungen handle. Auch die Wirtschaftszeitung „Ziarul Financiar“ traut sich, über die Geschichte zu berichten, und bringt die Schlagzeile auf ihrer Internetseite. Allerdings ist hier im Artikel zumindest von Gerüchten die Rede.

So nimmt eine Zeitungsente ihren Weg durch Europa. Zwar werden in allen Artikeln auch die Euro-Skepsis und die Allensbach-Umfrage erwähnt, aber damit ist der Wahrheitsgehalt der Meldungen auch schon erschöpft, denn der Druck von D-Mark-Banknoten war und ist in Deutschland kein Thema.

Die Frage, warum ein Bericht der britischen Boulevardpresse über Gerüchte in Deutschland zu einer Meldung in Rumänien wird, ist schwer zu beantworten. Wahrscheinlich waren lediglich „journalistische Ungenauigkeiten“ oder „Übersetzungsprobleme“ schuld an der Fehlinformation. Das Ausmaß des Zwischenfalls ist also nicht weiter schlimm. Zumindest hat die Deutsche Bundesbank in diesem Sinne reagiert und der Sache keine große Beachtung geschenkt. Auf Anfrage der ADZ wollte sich das Institut nicht einmal zu einem offiziellen Dementi durchringen. Inoffiziell ist aber bei einer Kontaktaufnahme das Wort „Quatsch“ gefallen.

Dass derartige Meldungen in Rumänien die Deutsche Bundesbank nur am Rande tangieren, ist wiederum nur eine Vermutung, die aus Gründen der journalistischen Ethik unbedingt als solche zu kennzeichnen ist. Denn es könnte ja durchaus sein, dass die Zurückhaltung bei der Richtigstellung darin begründet ist, dass die Druckmaschinen in Deutschland wirklich schon angelaufen sind. Die deutschen Medien haben es im Gegensatz zu den rumänischen nur noch nicht mitbekommen.