Absurdistan

Absurdistan, ja, so könnte man Rumänien nennen, nachdem PNL und PSD beschlossen haben, bei den Europa-Wahlen eine gemeinsame Liste einzureichen. Nach langem Hin und Her haben die beiden großen Parteien das Paket geschnürt. Was darin steckt ist nur teilweise bekannt. Eigentlich waren es nicht die Parteien, sondern ihre Vorsitzenden Marcel Ciolacu und Nicolae Ciucă, die das Ergebnis nachher den Parteien irgendwie haben schmackhaft machen müssen. Die auf der Pressekonferenz gestellte Frage, ob der Staatspräsident an der Entscheidung beteiligt oder mindestens darüber informiert war, wurde verneint. Recht peinlich! Kann sich jemand vorstellen, dass er es nicht mindestens gewusst hat? Warum muss man lügen, wenn es offensichtlich ist, dass es nicht stimmt? Bei den Bürgern kommt es sehr schlecht an.

          Die gemeinsame Liste ist eine Absurdität, die nur hierzulande möglich ist. Kann sich jemand vorstellen, dass CDU/CSU und SPD eine gemeinsame Liste vorstellen, die von Scholz, Merz und Söder unterzeichnet ist? Dazu ist es auch ein großer politischer Fehler, weil man behauptet, es wäre für Stabilität und gegen Extremismus, also AUR wird in die Position gehievt,  als einziger seriöser Gegner von PSD und PNL! Es hat sich im Laufe der Zeit auch bewiesen, dass in der Politik 30 + 20 nicht 50, sondern oft 45 oder weniger ausmachen. Ich bin überzeugt, dass Wähler, die nie PSD gewählt haben, aber sehr wohl PNL, entweder zu Hause bleiben oder eine kleinere Alternative wählen und der national-kommunistische  Flügel der PSD zur AUR migrieren wird. Ich selbst stehe vor der Frage des „betrunkenen Bürgers” (cetățeanul turmentat) aus Caragiales „Der verlorene Brief” („o scrisoare pierdută”), der sich fragt: „Dar eu cu cine votez?” (Wen soll ich wählen?), da ich gern hätte, dass meine Stimme der EVP zukommen soll.

          Für das DFDR, welches keine eigenen Kandidaten hat, ist es nur insofern relevant, dass wir unser Mitglieder bitten, zur Wahl zu gehen, um tatsächlich extremistische Parteien zu verhindern. Die Relevanz für uns besteht durch die Zusammenlegung mit der Kommunalwahl, Dies geschieht auch in anderen EU-Staaten, also kein Novum, allerdings muss in Rumänien sich das Verfassungsgericht dazu äußern, nachdem die Opposition klagen wird.

          Politisch und moralisch ist es auch nicht korrekt, da es einerseits sehr spät geschieht und andererseits einen Parallelismus zwischen gewählten Bürgermeistern, Kreisratsvorsitzenden und Räten mit den Amtierenden für drei Monate produziert. Für das DFDR ein großer Nachteil, weil wir uns sehr schnell aufstellen müssen, Kandidaten finden und gegen das Monstrum PSD-PNL ankämpfen müssen, dort wo sie sich nicht gegenseitig angreifen werden. Das größte Problem wird Hermannstadt sein. Hoffentlich werden Turcan (eine gute Freundin von Bürgermeisterin Fodor, siehe letzte Parlamentswahlen) und Trif (der uns als Nazi-Organisation und den Staatspräsidenten entsprechend auch beschimpft hat) nicht gemeinsame Front machen, obwohl es mich nicht wundern würde. Wäre es nicht schön eine dezidierte Dragnea-Gegnerin und einen äußerst eifrigen Dragnea-Gefolgsmann Hand in Hand zu sehen? Caragiale pur!

          Das Paket der PSD und PNL enthält weiter eine Vorverlegung der Präsidentschaftswahl, also den Grund wieso die Kommunalwahl im Juni stattfinden muss. Das Verfassungsgericht hätte vermutlich Kommunal- und Präsidentschaftswahl zusammen nicht genehmigt.

          An sich sehr gut, dass man nicht im Dezember auch den Präsidenten wählen muss. Wenn Klaus Johannis zur NATO oder EU wechseln könnte, falls ein solches Amt möglich wäre in Folge der Entscheidungen der USA und unserer europäischer Partner, könnte er zurücktreten und der neugewählte Präsident vereidigt werden. Jens Stoltenberg geht im September, Charles Michel (der bei den Europawahlen nicht kandidieren durfte) behält den Posten besetzt und geht am 1. Dezember, um keine Krise innerhalb der EU zu provozieren, indem Orban Viktor am 1.07 die Ratspräsidentschaft übernimmt. Mal sehen, wie die EU-Wahlen ausgehen und die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen verlaufen werden. Für Rumänien, und selbstverständlich Johannis, wäre es ein großer Erfolg, der zum Prestige unseres Landes beitragen würde.

          Die Vorverlegung auf September hat noch einen Vorteil für uns, nämlich die Tatsache, dass die Parlamentswahlen im Dezember nicht gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl stattfinden und dadurch kein Bonus für die großen Parteien entsteht. Das Parlament wird nun einige Gesetze ändern müssen, damit das Ganze möglich wird und das Verfassungsgericht muss mitmachen, sonst ist alles für die Katz´!

          Es wird ein kompliziertes, anstrengendes Jahr und unsere deutsche Gemeinschaft wäre gut beraten diesen Wahlen Aufmerksamkeit zu schenken, gute Kandidaten, so schnell wie möglich ausfindig zu machen und sich in unserem gemeinsamen Interesse an den Wahlen zu beteiligen, damit unsere gewählten Vertreter unsere legitimen Anliegen vorbringen und lösen können.

          Wie wir uns als DFDR politisch positionieren, werden wir im Landesvorstand und in der Landesvertreterversammlung entscheiden.