„Aussiedler und ihre Habseligkeiten“

Zum 70. Geburtstag von Richard Wagner: Kulturabend in Augsburg

Teilnehmer am Kulturabend zum 70. von Richard Wagner Foto: Adrian Tetcu

2004 erschien Richard Wagners Roman „Habseligkeiten“, der die Banater  besonders angesprochen hat. Die Verbindung zur Heimat und das nicht wirklich Ankommen im Westen ist ein Problem des Protagonisten, das so mancher Aussiedler nachvollziehen konnte. Im selben Jahr wurde das Wort Habseligkeiten auch zum schönsten deutschen Wort des Jahres gewählt. Das Wort Habseligkeiten verbindet zwei Bereiche unseres Lebens, die entgegengesetzter nicht sein könnten. Das weltliche Haben von irdischem Besitz mit dem unerreichbaren Ziel im Leben, das Streben nach höchster Glückseligkeit. Für den Aussiedler, der viel aufgeben musste, als er den Weg in die Fremde wagte, bekommt das Wort eine besondere Bedeutung.

Im April wurde Richard Wagner 70. Der Kreisverband Augsburg widmete dem Banater Schriftsteller und Dichter am 29. Juni 2022 einen Kulturabend. Eine Hommage für einen Autoren, dessen Werk beeindruckend ist. Er schrieb Gedichte, Essays, Romane. Er schrieb für die NZZ und den Blog „Die Achse des Guten“. An der Veranstaltung konnte der Gefeierte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. Aber auch seine einstigen Weggefährten schafften es nicht, denn fast gleichzeitig wurde auch der 50. Jahrestag der Gründung der  „Aktionsgruppe Banat“ gefeiert.

Der Kulturabend wurde von Dr. Hella Gerber, Vorstand des Kreisverbandes Augsburg der Landsmannschaft der Banater Schwaben, eröffnet. Das Programm bestand aus einem Vortrag und Lesungen aus den Werken des Autors mit Bildpräsentation. Zu hören war auch die Stimme des Autors, eine Aufnahme vom ehemaligen „Electrecord“. Referenten waren Halrun Reinholz und Luzian Geier. Halrun Reinholz brachte Bücher des Autors mit. Aus den Erzählbänden „Ausreiseantrag“ (1988) und „Begrüßungsgeld“ (1989) sowie dem Roman „Die Muren von Wien“ (1990) wurde gelesen.

Luzian Geier, der den Autor noch persönlich aus der Temeswarer Zeit kannte, sprach über den Autor. Richard Wagner besuchte das Lyzeum Großsanktnikolaus, wo er weitere spätere Mitglieder der Aktionsgruppe traf. Sie wurden Freunde. Eigentlich war Richard Wagner der Mathematik zugetan. Die Deutschlehrerin Dorothea Götz, die der modernen deutschen Literatur viel Aufmerksamkeit schenkte, förderte das Talent und das Interesse der Schüler mit Theaterspiel und Schreibzirkel. Die Aktionsgruppe Banat hat ihren Ursprung in Großsanktnikolaus. Laut Schriftsteller Johann Lippet hat sich alles so ergeben.  Eine wirkliche Gründung gab es nicht. Die Freunde hatten Interesse an Diskussionen und Schreiben. Sie frönten der Moderne. Vier der Schüler der Gruppe studierten Germanistik. An der Uni befreundeten sie sich mit Albert Bohn, Ernest Wichner, Gerhard Ortinau. Zur Gruppe gehörte auch Rolf Bossert, der in Bukarest studierte. 1975 verbot die Securitate die Gruppe. Wagner und einige seiner Freunde landeten in Untersuchungshaft, nachdem sie ihren Freund William Totok in Großkomlosch besuchen wollten. Ihnen wurde der Vorwurf gemacht, eine Flucht über die nahe Grenze geplant zu haben. Nach einer Woche wurden sie entlassen. Richard Wagner wurde Deutschlehrer in Hunedoara. Später schrieb er für die Karpatenrundschau. Diese Aktivität war jedoch nicht von Dauer. Richard Wagner weigerte sich nämlich einen bestimmten Artikel zu schreiben und wurde daraufhin entlassen. Luzian Geier erwähnte auf dem Kulturabend auch die Bedeutung von Nikolaus Berwanger für Richard Wagner und andere. Richard Wagner gehörte auch dem Literaturkreis AMG an, hatte eine Zeit auch eine Leitungsfunktion.

Richard Wagners literarische Aktivität war bereits in Rumänien intensiv. Bereits als Schüler veröffentlichte er Gedichte in der Zeitung. Als Student erschien sein erstes Buch. Weitere folgten. Er schrieb Gedichte und Prosa. Infolge der Verschlechterung der politischen und wirtschaftlichen Situation in Rumänien verließ der Autor mit seiner damaligen Ehefrau Herta Müller 1987 das Land. Seither lebt er in Berlin. Wie eingangs bereits erwähnt, beeindruckt die Fülle seiner Publikationen im Westen. Richard Wagner leidet seit langer Zeit unter anderem auch an Parkinson. 2015 erschien ein Buch, wo er seine Erkrankung zum Thema macht. Seit Jahren kann der Autor krankheitsbedingt nicht mehr schreiben.

Der Vortrag der Referenten kam bei den Zuschauern besonders gut an. Hella Gerber überreichte den Referenten Blumen. Im Anschluss an den Vortrag fanden traditionell Diskussionen bei einem kleinen Imbiss statt. Erwin Lehretter erinnerte sich an eine Begegnung in der Jugend mit Richard Wagner und Werner Kremm in Franzdorf.