Beiträge zur Banater Erinnerungskultur (20)

Fotos: Zoltán Pázmány

Identifizierungsgestalt des von zentrifugalen (nicht nur) ethnischen Kräften hin- und hergerissenen Habsburgerreichs war der greise Kaiser Franz Joseph I. Doch nicht nur die Literaten begannen immer deutlicher ihre Zweifel an der Dauerhaftigkeit des Konstrukts zu äußern (Radetzkymarsch, Mann ohne Eigenschaften, Kafka`s Werke), auch die Musiker begannen an der Sprache der Musik zu zweifeln.

Hofoperndirektor Gustav Mahler (1860-1911) („...am Ende der Welt möchte ich in Wien sein, weil dort alles um 25 Jahre später eintrifft.“) suchte nach neuen musikalischen Wegen, Instrumenten, Tönen und Formen. Arnold Schönberg (1874-1951) baute auf Gustav Mahler auf und begann, zusammen mit seinen Schülern die westliche Harmonielehre umzuschmeißen. Die Kammersymphonie op. 9 für 15 Soloinstrumente brachte den ersten Durchbruch, obwohl die Kritik das Werk in der Luft zerriss („blühendster Unsinn, den man sich nur denken kann“). Schönbergs Schüler Anton von Webern (1883-1945) nahm die Kammersymphonie auf und schuf mit den Liedern zu Texten von Stefan George (1908-1909) noch nie gehörte Dissonanzen. Schönberg verlängerte die Musik durch Malerei („Roter Blick“, Mai 1910, eine frühe Vorwegnahme des ersten Weltkriegs). Schönberg veröffentlichte seine „Harmonielehre“, erntete zwischen 1909-1913 internationale Erfolge und fand mit den „Gurre“-Liedern begeisterte Aufnahme. Zwar musste bei seinem ersten Auftritt 1913 als Dirigent die Polizei einschreiten, weil es zu Handgemengen kam (Schönberg; „Man hätte einen Revolver bei sich haben müssen!“), aber seine „neue Musik“ setzte sich allmählich durch – auch wenn der Prozess bis heute andauert.

Währenddessen und bis zur großen Auswanderungswelle 1990-92 blieb im in den schwäbischen Ortschaften des Banats die Blasmusik heilig, in den rumänischen die von der Regimentsmusik (Grenzregimenter) abgeleitete Volksmusik, gespielt auf vorwiegend Blasinstrumenten. Musik scheint in den Verschanzungen des ersten Weltkriegs eher ganz exotisch gewesen zu sein. Die harte Kriegsrealität mit ihren letztendlich 40 Millionen Toten ließ alles Musische verkümmern. Warjasch beklagte laut seinem Gefallenen- und Vermisstendenkmal auf dem Friedhof im ersten Weltkrieg 53 Gefallene und 25 Vermisste, im zweiten 71 gefallene und in der Verschleppungszeit nach dem Krieg weitere 26 Tote.