Bucketlist: Jakobsweg (Caminio de Santiago)

Temeswarer legte 800-Kilometer langer Pilgerweg zu Fuß zurück

Bogdan Umanschi – noch 100 Kilometer bis nach Camino

Endstation – die Kathedrale von Santiago de Compostela

Die Zurücklegung des Jakobswegs wird von der Compostela-Urkunde nachgewiesen. Auch Bogdan Umanschi bekam einen lateinischen Pilger-Namen. Fotos: privat

Jeder Mensch hat im Leben eine Wunschliste – eine sogenannte Bucketlist – Ziele, die er unbedingt in diesem Leben noch vor dem Tod erreichen möchte. Auch der 28-jährige Temeswarer Bogdan Umanschi hat eine solche Liste. „Ich setze nur kurzfristige und mögliche Ziele auf diese Liste und dann tue ich alles, damit ich diese Ziele erreiche“, sagt der Temeswarer. In diesem Jahr legte Bogdan Umanschi 800 Kilometer auf dem Jakobsweg (Camino de Santiago) zu Fuß zurück. Einen ganzen Monat lang war der junge Mann unterwegs, bis er letztendlich seinen Ziel erreichte. „Den Camino zu machen ist ein Privileg“, sagt er.

Bogdan Umanschi ist 28 Jahre alt. Vor zehn Jahren las er das Buch „Der Alchimist“ von Paolo Coehlo. Das war der Auslöser, den ihn zu einer Reise nach Camino de Compostela ermutigte. „Irgendwann mal werde ich mich selber auf den Jakobswerg begeben“, dachte er sich damals. Hoch auf seiner Wunschliste stand der Camino für Bogdan Umanschi erst in den letzten fünf Jahren ganz fest. So entschied er sich tatsächlich im vergangenen Jahr, diesen Pilgerweg alleine zu gehen. „Der Mensch hat im Alltag keine Zeit alleine mit sich selber zu sein. Auf diesem Weg kann man sich wiederfinden – da bist nur du und deine Gedanken“, sagt Bogdan Umanschi. In diesem Sommer war es so weit: Am 7. August verließ er Temeswar/Timişoara, am 10. August begab er sich tatsächlich zu Fuß in Richtung Camino de Compostela in Galicien (Spanien). Doch alleine war der Temeswarer auf seinem Weg schon längst nicht. Auf dem Weg zum Ziel traf er zahlreiche Pilger aus allen Ecken der Welt. „Man schließt hier starke Freundschaften – eine tiefe Verbundenheit unter Menschen, die das gleiche Ziel haben“, sagt Umanschi.

„Der Schmerz ist Teil der Camino-Reise“

Als Bogdan Umanschi das Land verließ, wusste er, dass er einen Monat zur Verfügung hat, um ans Ziel zu kommen. Der tatsächliche Pilgerweg startete Bogdan in Saint Jean. Saint-Jean-Pied-de-Port ist eine Stadt in der französischen Region Aquitanien. Sie liegt direkt an der Grenze zu Spanien, 76 Kilometer von der spanischen Stadt Pamplona und gehört zum französischen Baskenland. Die Stadt ist ein wichtiger Ort für den Jakobsweg. Der Pilgerweg setzt von hier an fort – dieser führt über den Ibañeta-Pass nach Pamplona und schließlich nach Santiago de Compostela. Das machte auch Bogdan Umanschi, so wie viele andere Wallfahrer aus der ganzen Welt. Trotzdem entschied er sich, an einem Tag mehr Kilometer als andere Pilger zurückzulegen. „Bei etwa 40 Grad Celsius ging ich um die 35, 40 Kilometer täglich. Ich musste am 1. September zurück nach Rumänien, dafür musste ich mehr erreichen als andere“, erzählt der Wanderer. Insgesamt 138 Ortschaften gibt es bis zum Ziel. Er durchquerte drei spanische Provinzen: Navarra, Castilla y Leon und Galicien – alles in drei Wochen. „Dort wo es sich lohnt zu gehen – führen keine kurze strecken“, sagt der rumänische Pilger.

Damit man am Ende die Compostela-Urkunde bekommt, muss ein Pilger am Ziel nachweisen, dass er tatsächlich den Weg zurückgelegt hat. Dafür bekommt jeder Pilger einen Pilger-Ausweis (Spanisch: Credencial de peregrino). In allen wichtigen Stationen auf der Strecke bekommt man einen Stempel. Die Compostela ist eine Urkunde für religiös motivierte Pilger, die ihnen den Besuch der Kathedrale von Santiago de Compostela und damit das Ende ihrer Wallfahrt auf dem Jakobsweg bescheinigt. Die Urkunde ist auf Lateinisch verfasst. Jeder Pilger bekommt auch einen lateinischen Pilger-Namen. Um heute die Compostela zu erhalten, muss man zumindest die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer mit dem Fahrrad oder mit dem Pferd zurückgelegt haben. Die Compostela bekommt man im Pilgerbüro des Domkapitels der Kathedrale von Santiago de Compostela und sie wird kostenlos ausgestellt. Pilgern, die nicht aus religiösen Gründen nach Santiago gepilgert sind, stellt das Compostelaner Domkapitel eine Urkunde aus, die ihnen eine „kulturelle Wallfahrt“ bescheinigt.

Jede 20 Kilometer legte Bogdan Umanschi eine Pause ein. „Jeder, der Santiago zu Fuß erreicht, erlebt eine Veränderung in seinem Leben und kehrt nach Hause als eine völlig andere Person zurück“, sagt Bogdan Umanschi. Physisch bedeutete für ihn die Reise keine Herausforderung. Der 28-Jährige ist Fitnesstrainer, macht bei Marathons mit und trainiert ständig seine Ausdauer bei den ausgefallensten Herausforderungen. „Der Schmerz ist Teil der Camino-Reise. Dies ist einer der Preise, die man bezahlen muss. Auch wenn es albern klingt: Ohne Schmerz wäre Camino nicht das Gleiche“, sagt der rumänische Pilger. Für ihm bedeutete der Weg Blasen an den Füßen, Knie- und Schulterschmerzen – doch am Ende hat sich alles gelohnt, meint er heute.

Camino-Leute aus allen Ecken der Welt

Der Jakobsweg wird von vielen Pilger aus der ganzen Welt gegangen – die sogenannten Camino-Leute. Auf seinem Weg nach Santiago de Compostela traf der Temeswarer drei weitere Rumänen: zwei junge Männer aus Hermannstadt/Sibiu und einen 73-jährigen Mann aus Turda. Doch am meisten wurde der Temeswarer von einem deutschen Soldaten beeindruckt. Der Deutsche machte in drei Kriegen mit: in Afghanistan, Georgien und Libyen – den Jakobsweg wolle der Ex-Soldat hinterlegen, damit ihm Gott seine Sünden vergibt. Dafür ernährte er sich auf seiner ganzen Reise nur mit Brot und Wasser. Ein anderer Camino-Pilger, der ihn beeindruckte, war ein polnischer junger Mann. Dieser startete seine Reise nicht aus Saint-Jean, so wie die meisten Pilger, sondern vor seinem eigenen Haus in Polen. Als Bogdan Umanschi ihn traf, war er bereits seit vier Monaten unterwegs.

Sehr beeindruckend war für ihn die Begegnung mehrerer Pilger bei Cruz de Ferro – alle Pilger haben gleichzeitig das „Vater unser“ gesagt. „Alle in ihrer Muttersprache – so erklang das Gebet in etwa acht Sprachen gleichzeitig“, sagt Bogdan Umanschi.

Insgesamt 1700 Euro kostete ihn die ganze Reise. Dabei reichten ihm 15 Euro am Tag für Verpflegung und Unterkunft. Der Weg bis nach Santiago de Compostela ist mit zahlreichen Unterkunftsmöglichkeiten für Pilger ausgestattet. Etwa 5 Euro kostet die Übernachtung in so einem Ort.

Der Jakobsweg war nur ein Wunsch auf Bogdan Umanschis Liste, die damit schon längst nicht aufhört. Der Temeswarer hat sich für das kommende Jahr neue Ziele auf seiner Bucketlist gesetzt: Er möchte im Sommer Indien und Nepal erreichen und beim Ironman-Wettberweb mitmachen. Im Rahmen der Ironman-Triathlon-Weltserie möchte Bogdan Umanschi seine Leistung in Schwimmen (3,86 Kilometer), Radfahren (180,2 Kilometer) und Laufen (42,195 Kilometer) beweisen. In Rumänien findet der Wettbewerb in

Großwardein/Oradea statt.