Den Körper als Landschaft entdecken

Der mexikanische Bildhauer Jorge Marín stellt in Temeswar aus

Trapezkünstler und Seiltänzer mit Engelsflügeln und Narrenmasken sind die Hauptakteure seiner Werke. Der mexikanische Bildhauer Jorge Marín thematisiert persönliche Erfahrungen und Erlebnisse. Verschleiert wird nichts. Stattdessen gilt Marín als zugänglicher Künstler für die Massen. Die Ausstellung betitelt „Der Körper als Landschaft“ bringt die Werke des mexikanischen Gegenwartskünstlers nach Temeswar. Bis Oktober steht die Ausstellung im Kunstmuseum offen. Das Barockpalais könnte als Schauplatz nicht passender gewählt worden sein. Denn an einem Balthasar Permoser oder Georg Raphael Donner gleichen sich die Plastiken des Mexikaners an. Im Barock wurzelt sein unverkennbarer Stil. Plastische Metaphern sinnlich dargestellt, mit einem leichten Hang zum Perversen. „Ich möchte durch meine Skulpturen im intimen Dialog mit dem Betrachter stehen “, so Marín. „Wer in Ruhe seine Beobachtungsgabe an den Werken übt, der kann daraus Gefühle wie Angst, Begehr, Unruhe und Leidenschaft herauslesen.“ 

Auf einem Gymnastikball versucht eine seiner Figuren ihre Balance zu finden. Die engelsgleichen Schwingen und die Narrenmaske sind dabei unersetzliche Bestandteile. Die Figur breitet ihre Schwingen aus, findet darin einen sicheren Halt, die sie Herr über die Schwerkraft macht und dadurch dem drohenden Absturz scheinbar ins Gesicht lacht. Seine Helden gleichen Figuren aus der Commedia dell’arte. Trotz den verschleierten Gesichtern wird das meiste durch Körpersprache ausgedrückt.

Marín wurde 1963 in Uruapan geboren, einer der ältesten Städte Mexikos mit einer für das Land überschaubaren Einwohnerzahl von etwas mehr als 260.000. Sein Vater, ein angesehener Architekt, hat seinen Werdegang maßgeblich beeinflusst. In den 1980er Jahren fing der Bildhauer mit Keramik zu arbeiten an. Inzwischen bevorzugt er besonders Bronze. Neben Akrobaten stellt er in seinen Werken auch mythologische Geschöpfe dar. Indische Garudas oder griechische Kentauren sind genauso Teil seiner Kunst, wie Madonnen oder Kinder. Wiederkehrende Themen befassen sich mit Gleichgewicht und Versenkung. „ Ich möchte durch meine Skulpturen eine Bindung mit jedem menschlichen Wesen eingehen“, erklärt Marín. „Sie sollen eine Einladung sein für Betrachter sich mit ihrer eigenen Menschlichkeit auseinanderzusetzen, die so komplex, universell und zweideutig sein kann.“

Kurator der Temeswarer Ausstellung ist Dan Palade, selber Künstler und ein wichtiger Vertreter der „Light and Space“-Kunstbewegung, die vornehm in den Vereinigten Staaten vertreten war. Palade gilt als besonders publikumsscheu, weshalb er sich auch einem Interview bezüglich der Marín-Ausstellung entzog. Die Vernissage fand Anfang August statt.

Den „Körper als Landschaft“ können Interessierte bis am 7. Oktober ergründen. Marín setzt Spiegel vor. Weshalb sich Besucher auf eine introspektive Reise einstellen können. Und zwar täglich zwischen 10 und 18 Uhr.