Der Künstler und die Bürokraten

Zum Gastspiel des Schweizer Theaters Biel-Solothurn im DSTT

Modernes Schweizer Theater in Temeswar: Szene aus der Inszenierung „Das Land, das ich dir zeige“ nach Peter Lotar
Foto: Edouard Rieber

Einen besonderen Theaterabend bot das DSTT seinem Publikum am Wochenende: Anlässlich des 100jährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Rumänien und im Beisein von Jean-Hubert Lebet, des neuen Botschafters der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Bukarest, gastierte das Theater Biel-Solothurn- zweites Gastspiel in Temeswar seit 2009, als das Ensemble im Rahmen des Eurothalia-Festivals die Produktion „Parzival/Raubkopie“ nach Wolfram von Eschenbach gezeigt hatte- auf der DSTT-Bühne mit der Produktion „Das Land, das ich dir zeige“, nach dem Roman von Peter Lotar, unter der Spielleitung von Katharina Rupp.

 

Die Inszenierung „Das Land, das ich dir zeige“- eine Dramatisierung von Mirjam Neidhart nach dem gleichnamigen Roman von Peter Lotar- die im Mai 2011 ihre Uraufführung in Solothurn und Biel erlebte, stützt sich auf das autobiografische Werk des 1910 in Prag geborenen Schauspielers Peter Lotar. Im Mai 1939 gelang dem bekannten und antifaschistisch engagierten Künstler- er hatte bei Max Reinhardt in Berlin studiert- die Flucht vor den Nazis in die Schweiz.

 

Dort wurde er als Grenzgänger und Exilant nur geduldet, die Theaterfassung wie auch der Roman zeigen demnach den jahrelangen unerbittlichen und für den Künstler aufreibenden Kampf mit den bürokratischen Instanzen um die eigene Existenz, immer in höchster Gefahr vor der Auslieferung an das Naziregime. Peter Lotar schildert die kafkaesk anmutende Atmosphäre der Kriegsjahre in der kleinen Schweiz, alles überschattet von der braunen Bedrohung, die ja auch in der neutralen Schweiz ihre Anhänger fand. Immer wieder drohte Lotar die Ausweisung und der sichere Tod. Vordergründig führt uns der Autor in die Kulissen der Stadttheater Biel und Solothurn, er beschreibt mit viel Witz und Ironie den schwierigen Theateralltag aber auch das kleinkarierte Umfeld, die vom Ensemble bespielten Bühnen im umliegenden Schweizer Mittelland.

 

In der Regie von Katharina Rupp wurde eine dramatische Inzenierung von hohem, bleibendem Aktualitätsgrad (verstärkt noch durch die eingefügten Filmaufnahmen beginnend mit dem Jahr 1939) auf die Bühne gebracht. Die Bedrohung des Künstlers durch die Macht, sein Überleben in den engen Maschen der Bürokratie sind Themen jeder Zeitepoche. Dieses Theater berührt und lässt den Zuschauer voll mitgehen. Es agierten einfühlsam und spielfreudig Max Merker, Barbara Grimm, Katja Tippelt, Thomas Schmidt, Günter Baumann, René-Philipp Meyer, Matthias Bichsel und Beat Wyss.