Die „Deutschen Literaturtage in Reschitza“, XXX. Auflage:

in den pandemischen Zeiten, anders als sonst (2. Teil)

Im Hof, direkt zu Wort kamen die Schriftsteller aus Temeswar: Bianca Barbu, Lucian Varsandan und Arnold Schlachter. Außerdem sprach man bei den diesjährigen Literaturtagen auch über die Russlanddeportation anlässlich der 75 Jahre seit dem Beginn. Foto: DFBB

Persönlich dabei waren innerhalb der XXX. Auflage drei Autoren aus Temeswar, die an diesem Nachmittag im Programm live folgten: Bianca Barbu (Temeswar) stellte ihr Buch „Beiträge zur deutschsprachigen Kultur in Orawitza (1717 - 1944). Mit besonderer Berücksichtigung der Volksliteratur und des Theaters“ vor, erschienen im „Banatul Montan“-Verlag Reschitza, 2018, als 92. Buchveröffentlichung des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ und trug eine Kostprobe daraus vor, während der Autor Lucian Vărşăndan (Temeswar) seinen neuen Lyrikband „unter vier augen“, erschienen im „Cosmopolitan Art“-Verlag Temeswar, 2020, vorstellte und daraus las. Der dritte aus Temeswar kommende Autor war Arnold Schlachter (Temeswar), der seinen ersten Lyrikband „ein jahr“ vorstellte, Band brandneu im „Brumar“-Verlag Temeswar, 2020, erschienen. Es folgte selbstverständlich eine Lesung des Autors.

Es gab auch einen musikalischen Ausklang. Es wurde eine Darbietung am Pianino des Hauses durch den Reschitzaer Musiklehrer und Organisten Cristian Ro{oagă aufgezeichnet, die mit Improvisationen der „Ode an die Freude”, dem Beethoven-Jahr 2020 gewidmet, endete.

Der dritte und letzte Tag der Veranstaltung, Sonntag, der 6. September, begann wieder im Hof, diesmal mit einer Kunstausstellung. Da sich in diesem Jahr im Januar 75 Jahre seit dem Beginn der Russlanddeportation der Rumäniendeutschen erfüllten, zeigte man eine kleine Kunstausstellung mit Arbeiten der Künstler Doina & Gustav Hlinka und Viorica Ana Farkas, Mitglieder des Kreises „Deutsche Kunst Reschitza”, George Molin und Marianne Florea, Mitglieder des Holzschnitzerei-Kreises „Jakob Neubauer”, beide Kreise im Rahmen des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, sowie Michael Messer (früher Sanktmartin im Banat, heute Augsburg / Deutschland). Jede ausgestellte Arbeit wurde entsprechend vorgestellt, gefolgt vom zum selben Thema vorbereiteten Vortrag: „Daseinsbürde, epische Substanz, literarischer Ertrag. Einige Anmerkungen über die Deportation der Rumäniendeutschen in den Osten”, durch Joachim Wittstock online vorgetragen.

Der Vormittag endete mit einer Buchpräsentation und Lesung: Beatrice Ungar präsentierte den von ihr ins Deutsche übersetzten Roman „Diesseits und jenseits des Tunnels. 1945“ der Autorin Mariana Gorczyca (Schässburg), erschienen 2019 im „Honterus“-Verlag Hermannstadt, verbunden mit einer Online-Lesung der Autorin selbst.

Zu erwähnen sei noch, dass man sich innerhalb des Vormittagsprogramms an Dr. Friedrich Bach (*13. März 1817, Königgrätz / Böhmen - †5. September 1865, Werschetz), u.a. Arzt und Dichter im Banater Bergland, zum 155. Todestag erinnerte.

Der letzte Teil der Jubiläumsauflage, diesmal wieder im Innenraum der Deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek organisiert, war den deutschen Literaturen in Slowenien und Ungarn gewidmet. Ab 18:00 Uhr fand anhand einer Video-Aufzeichnung aus Marburg an der Drau eine Buchpräsentation statt: Veronika Haring stellte die 2019 erschienene Anthologie „Vezi med ljudmi. 18. Zbornik kulturnega društva nemško govorečih žena MOSTOVI = Zwischenmenschliche Bindungen. 18. Sammelband des Kulturvereins Deutschsprachiger Frauen BRÜCKEN“ vor, wonach einige der Autoren aus den Texten vorlasen.

Aus Slowenien schaltete sich auch der Autor Ivan Korponai (Stehanja vas) online zu, der aus seinem neuesten Band Gedichte vortrug. Beatrice Ungar aus Hermannstadt war dabei auch online zugeschaltet, eine Bereicherung für den Auftritt des slowenischen Autors.

Unter dem Motto „«Worte voll Zauber und Sinn» - Ungarndeutsche Autoren online dabei“ folgte eine direkte Verbindung nach Ungarn. Johann Schuth, erster Vorsitzender des Verbands Ungarndeutscher Autoren und Künstler (VUdAK) stellte das Gedenkbuch „In memoriam Valeria Koch, die es hätte geben können” vor, erschienen im Verlag des VUdAK, 2019, trug Gedichte in Deutsch vor und zum Schluss auch ein Gedicht der ungarndeutschen Autorin, direkt in Ungarisch geschrieben. Johann Schuth war auch derjenige, der die weiteren deutschen Autoren aus Ungarn kurz vorstellte. So, Christina Arnold (Fünfkirchen, Ungarn), die sodann ihr Buch „Wolki und ihre Freunde“ vorstellte, erschienen im Verlag des VUdAK, 2019, und den Autor Josef Michaelis (Schomberg, Ungarn), der aus seinem Erfolgsband „Symbiose“ vorlas. Als Letzter kam der Autor Nelu Brădean-Ebinger (Budapest) online ans Mikrophon, der aus dem neuen autobiographischen Roman „Der kleine Professor” vorlas. Alle Lesungen aus Ungarn ereigneten sich, wie bereits erwähnt, online.

Zu erwähnen sei noch, dass der ungarndeutsche Autor Josef Michaelis der einzige Teilnehmer in diesem Jahr war, der auch bei der ersten Auflage im Juni 1991 dabeigewesen ist. So schloss sich der Bogen zwischen der ersten und jetzigen XXX. Auflage.

Die XXX. Jubiläumsauflage der „Deutschen Literaturtage in Reschitza“ ist bereits Geschichte…

Was in fast einem Monat lang organisatorischer Aufbauarbeit geleistet wurde, ist im Nu vergangen, doch viele schöne Augenblicke bleiben uns allen in Erinnerung… In Erinnerung für die Zukunft werden die Aufzeichnungen auf YouTube und auf Facebook bleiben, aber auch das hier in Reschitza, ob in den Innenräumlichkeiten oder im Hof der Deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek live Erlebte! Was bleibt, ist auch die Tatsache, dass, wenn ein starker Wille besteht, man auch in diesen pandemischen, schwierigen Zeiten nicht den Hute an den Nagel hängtund resigniert, sondern gemeinsame Wege finden kann, weiterzugehen, Zukunft, auf dem Fundament der Vergangenheit zu gestalten.

All jenen, die um mich herum im Aufbau und bei der Entwicklung, in der tatsächlichen Ausführung standen, einen innigsten Dank dafür! Ein großer Dank gebührt auch all jenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Slowenien, aus Ungarn und aus Rumänien (aus Siebenbürgen und aus dem Banat), die uns ihr Vertrauen in unser Vorhaben schenkten und das Nötige unternahmen, damit alles online klappen konnte, auch den Gästen, die persönlich nach Reschitza gekommen sind, um das mitzuerleben, was den Flair der Literaturtage an Ort und Stelle verleiht.

Nicht zuletzt geht mein persönlicher Dank an die Mitglieder unserer Reschitzaer Gemeinschaft, die dabei waren, an das technische und administrative Team um mich, ohne deren Einsatz nichts geklappt hätte, genauso wie auch an all jene, die finanziell dazu beigetragen haben, dass alles so organisiert werden konnte, wie es im Programm stand.

Das positive Feedback im sozialen Netzwerk, anhand von Telefonaten, persönlichen Mitteilungen und Mails gibt uns die Kraft, nach 30 Jahren „Deutsche Literaturtage in Reschitza“ weiterzumachen. Und das werden wir 2021 gewiss mit aller Hilfe und Unterstützung tun, dazu wurden wir von weit und breit verpflichtet!

Reschitza hat in diesen drei Tagen, zwischen dem 4. und dem 6. September 2020 Literatur-Geschichte geschrieben. Aus meiner Sicht war es ein europäisches Gemeinschaftswerk deutscher Literatur.

 

PS: Einige Gedanken von drei Online-Teilnehmern und -Verfolgern, die wir per Mail bekommen haben:

„Lieber Erwin, herzlichen Dank nochmal für Deine ganze Mühe! Es ist Dir gelungen, ein regelrechtes Gesamtwerk zu schaffen, dem technischen Druck standzuhalten und Deinen frohen Mut bis zum letzten Tag aufrecht zu erhalten! Das kann nicht jeder…

…Mir fehlt die lebendige Atmosphäre aus Reschitza, das gemeinsame Erleben und Diskutieren, nicht zuletzt das gemeinsame Essen und der abendliche Umtrunk nach getaner Arbeit...“ (Carmen Elisabeth Puchianu, Kronstadt)

„Lieber Erwin, noch einmal herzlichen Dank für Deine organisatorische Arbeit und für die Möglichkeit dieser Online-Lesung! Es war ein gelungener, länderübergreifender Versuch, er zeigte uns, wie man Autoren verschiedener Länder durch Literatur und Technik zusammenführen kann. Du und Reschitza spielten in diesen Tagen eine bedeutende Rolle in der osteuropäischen deutschsprachigen Literaturgeschichte. Nur so weiter - und ich wünsche Dir, den Banater Berglanddeutschen in der Erhaltung ihrer Muttersprache weitere Kraft und Erfolge! Mit freundschaftlichem Gruß aus Südungarn, Josef Michaelis”

„...es bleibt zu gratulieren und tief den Hut zu ziehen. Lieber Erwin, es ist dir Großartiges gelungen und ich weiß jetzt schon, dass die bevorstehende Kulturdekade ebenso ein gelungenes Werk sein wird - ich freu mich drauf, alles Gute und viel Glück!“ (Christine Hofmeister, Neumarkt in der Steiermark, Österreich)

„Es war ein wunderbares Zeichen vielfältiger deutscher Literatur und eine super Visitenkarte für die deutsche Minderheit in Rumänien!“ (Mag. Udo Peter Puschnig, Klagenfurt am Wörthersee, Österreich)

(Schluss)