Die neuen Russen von Ferdinandsberg

Gefahr der Schließung des Stahlwerks Ductil Steel ist groß

Invest Nikanor SRL, die Bukarester Firma, der die Russen von OAO Mechel um 230 Lei fünf metallurgische Werke mit ihren sämtlichen Aktiva aus Rumänien „transferiert“ haben, erweist sich als eine GmbH zweier russischer Staatsbürger, denen sie zu gleichen Teilen gehört, Swetlana Khumakowa (55) und Viktor Khumakow (58), die sich bisher mit dem Einzelhandel von Maschinen und Anlagen beschäftigt haben. Die GmbH ist in Bukarest registriert, die beiden Russen haben angeblich doppelte Staatsbürgerschaft.

Der russiche Konzern Mechel, der bereits im vergangenen Sommer seine Umorientierung auf Ressourcenwirtschaft und –förderung sowie auf die Schienenproduktion für den Eisenbahnverkehr angekündigt hatte und bekanntgab, seine gesamten sonstigen metallurgischen Werke in Europa verkaufen zu wollen, erklärte durch seinen Generaldirektor Jewgenyi Mikhel, dass er mit dem Aktientransfer in Rumänien eine Verlustquelle losgeworden sei. Nach Ansicht der Russen wird die Stahlerzeugung, das Walzen von Kleinzeug und das Drahtziehen weder kurz- noch mittelfristig rentabel.

Trotzdem kommt das praktische Verschenken der fünf rumänischen Mechel-Werke überraschend, zumal OAO Mechel ursprünglich von einer Verkaufsabsicht gesprochen hatte, durch die einige hundert Millionen Euro nach Moskau hätten fließen sollen.

Invest Nikarom SRL verfügt über ein Gesellschaftskapital von 99.979 Lei und über gar keine Erfahrung mit metallurgischen Werken und der metallurgischen Industrie überhaupt. Praktisch beginnt man in Ferdinandsberg/Oţelu Roşu sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass das größte Unternehmen an der Bistra, Ductil Steel, bald 430 Arbeitslose haben wird. Dazu der Reschitzaer Präfekt Silviu Hurduzeu: „Es steht mir nicht zu, die Entscheidung der Privatfirma Mechel zu kommentieren. Aber deren Arbeitnehmer aus Ferdinandsberg, die jetzt in `technisch bedingter Arbeitslosigkeit` sind und die bald allerhöchstwahrscheinlich arbeitslos sein werden, in dieser Hinsicht steht fest: Ferdinandsberg wird empfindlich getroffen. Denn die Tätigkeit von Ductil Steel wiegt schwer im Wirtschaftsgefüge der Stadt.“

Die Vizebürgermeisterin aus Ferdinandsberg, Magda Lungu: „Was geschah, war weder erwartet noch voraussehbar. Auch jetzt geht es den 430 Familien nicht glänzend, die in der `technisch bedingten Arbeitslosigkeit` sind und die voll und ganz von diesem Einkommen abhängen. Ich glaube, jetzt müssten die staatlichen Institutionen eingreifen. Immerhin ist es die Firma mit den weitaus meisten Angestellten in dieser Stadt. Die nächstgrößte hat ein Viertel davon. Jetzt hat sich eine Delegation des Neubesitzers bei uns im Rathaus für kommende Woche angemeldet. Ich hoffe, das wird uns etwas Aufklärung bringen.“

Ferdinandsberg ist eine Stadt, die bekannt ist im Banater Bergland für die hohe Zahl an Frauen – man schätzt, es seien über 800 – die im Drei-Monate-Turnus in Deutschland und in Österreich in der Seniorenbetreuung arbeiten. In der Regel lief das in den Familien so, dass die Einkommen der Männer aus der Industrie das tägliche Überleben sicherten und dass die Einkünfte der Frauen für größere Anschaffungen bzw. für die Hohe Kante reserviert waren. Dieses soziale und Einkommensgefüge kommt nun durch die Entscheidung aus Moskau und das als wahrscheinlich angenommene bevorstehende Schließen des Stahlwerks aus den Fugen. Darin besteht im Klartext die größte Befürchtung der Stadtverwaltung von Ferdinandsberg.