Ein Beitrag gegen das Vergessen

Deutsche „Alexander Tietz“-Bibliothek erinnert an Schlüsselpersönlichkeiten von Reschitza

Die Familie Pittner ist, vorläufigen Erkenntnissen zufolge, um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus Weißkirchen (dem heute serbischen Bela Crkva im Banat südlich der Donau) nach Reschitza gezogen. Ein Pittner ist um 1872 auf einer Fotoplatte als der erste Lokomotivführer der ersten Lokomotive (die „Szekul“) zu sehen, die zwischen Reschitza und Sekul verkehrt ist. Dieser (wahrscheinlich) erste Reschitzaer Pittner hatte elf Kinder. Das siebente davon ist der 1879 geborene August Pittner (Àgoston, mit offiziellen Taufnamen, wie alle Vornamen zu ungarischer Zeit obligatorisch magyarisiert registriert wurden), der einer der prominentesten Lehrer, Kantor und Kirchendiener der „Maria Schnee“-Kirche in der Reschitzaer Altstadt werden sollte, der auch eine Schule gründete, die heute noch als „Pittner-Schule“ bekannt ist.

Das Gebäude, in einer originellen Bauart, mit Oberlicht und weitem Innenraum, in dessen Mitte ein Wasserspender stand, ist nach dem zweiten Weltkrieg nationalisiert, als Sozialwohnung bis auf die Grundmauern und Fenster- und Türhöhlen heruntergewohnt und ausgeraubt worden und soll mittels Finanzierung aus einem Spendenfonds der Regierung Norwegens zu einem Sozialisierungs- und Kulturzentrum umgestaltet werden. Die Initiative und Idee dazu hatte Andrei Szabo, der Gründer und Leiter des Vereins „Euroland Banat“, der dazu die erfahrene Architektin Ioana Mih²ilescu gewonnen hat, die sich zunehmend auf stilkonforme Rekonstruktionen historisch und kulturgeschichtlich wertvoller Bauten spezialisiert (nach ihren Projekten wird auch das Herkulesbader Cassino wiederhergestellt, wo Ende des 19. Jahrhundert das „Dreikönigstreffen“ - Kaiser Franz Joseph I, König Karl I von Rumänien und Alexander I von Serbien - und die Unterzeichnung des Vertrags zur internationalen Nutzung des SIP, des Schifffahrtskanals durch die Stromschnellen der Donau beim Eisernen Tor, stattfand).

Einmal mehr musste am Nachmittag des vergangenen Mittwochs festgestellt werden, dass es große Lücken im Bekanntsein einst prominenter Persönlichkeiten des Banater Berglands gibt. Von August Pittner ist beispielsweise gesichert, dass er am 7. Dezember 1879 in Reschitza als siebentes Kind der Familie des Mechanikers und Lokführers Johann Pittner zur Welt kam (wir begehen also 2019 den 140. Geburtstag von August/Àgoston Pittner) und dass er am 17. November 1965 gestorben ist, dass er Lehrer war, dass er die nach ihm benannte Schule gegründet hat und bauen ließ und dass er nach seiner Pensionierung als Küster, Mess- und Kirchendiener tätig war, zu Zeiten der Reschitzaer Dechante Lackner und Blaskovits, und dass er als Messner und Kirchensänger bei keinem Reschitzaer römisch-katholischen Begräbnis fehlte und dass er befreundet war mit dem Organisten und gefragten Klavierstimmer Dasinger, den Generationen von Reschitzaer Kindern mit schrillen Iiiii-Lauten, die sie ihm zuriefen, bis aufs Blut reizten.

Die nur lückenhaft dokumentierte Ruinierung der Pittner-Schule zu Zeiten, als sie als Sozialwohnungen genutzt wurde, skizzierte die Architektin Ioana Mih²ilescu, die auch eine kurze Geschichte der Immobilie recherchierte (Das in der Furnalelor-Gasse bei Hausnummer 13 befindliche Gebäude war zuerst Bürgerschule (bis 1877, als das heutige „Diaconovici-Tietz“-Kollegium gebaut wurde), dann wurde es „Arbeiterschule“ für die Hüttenwerker (die vorher in Orawitza ausgebildet wurden), danach eine Grundschule und nach 1949 zu Sozialwohnungen umfunktioniert)Die Architektin hat auch, zusammen mit dem Temeswarer Entwurfsunternehmen SC Bauart Industries SRL, die Generalüberholungs- und Umwidmungspläne der unter Denkmalschutz stehenden Gebäudereste ausgearbeitet. Entstehen soll ein Sozialisierungs- und Kulturzentrum, das möglichst auch die Bewohner der umgebenden Häuser einschließen soll. Die Finanzierung soll aus einem nicht rückzahlpflichtigen Fonds geschehen, den die Regierung Norwegens Rumänien zur Verfügung gestellt hat. Es bewerben sich für den Zuschlag für 18 finanzierbare Projekte (Maximalsumme für ein Projekt: zwei Millionen Euro) 28 Vereine und Institutionen. Das Projekt ist/musste in Rekordzeit ausgearbeitet worden/werden (ganze sechs Wochen, wo in der Regel zu solcherart Projekten sechs Monate veranschlagt werden).

Laut Projekt soll zur Konsolidierung im Gebäudeinnern entweder eine Stahlkonstruktion oder eine Betonkonstruktion geschaffen werden. Ziel der Generalüberholung, Rekonstruktion und Umwidmung ist es, „ein wertvolles Zeugnis der Architektur des 19. Jahrhunderts, das unter Denkmalschutz steht, zu retten”, aber allen Interessenten auch „ein Kulturgebäude rückzuerstatten” und, nicht zuletzt, den Standard des Raums, inmitten dessen die Immobilie steht („den urbanistischen Wert des Raums”), zu heben.Die Mittel dazu wollte die Stadt über einen Projektantrag erzielen, der sich ans RO-CULTURA-Programm richtet, das aus dem Finanzierungsmechanismus des Europäischen Wirtschaftsraums 2014-2020 finanziert wird. Letztendlich versucht man, es aus Mitteln der Regierung Norwegens zu tun.

Mit der Veranstaltung von Mittwoch, dem 11. Dezember, wurde in der deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek eine neue Veranstaltungsreihe eröffnet, die in lockerer Reihenfolge, Reschitzaer Persönlichkeiten gewidmet sein wird, unabhängig ihrer Muttersprache und Religionszugehörigkeit. Es sollen Persönlichkeiten unterschiedlichster Fachgebiete vorgestellt werden, die durch ihr Wirken die Entwicklung von Reschitza und der Bürger von Reschitza beeinflusst haben.