Ein karitativer Bürgermeister im Banat

Raimond Rusu gibt seinen Lohn an die Bürger weiter

Nur etwa einer von drei Bürgern von Kleinbetschkerek ist politisch links ausgerichtet, sagt Raimond Rusu (Foto). Trotzdem wurde das PSD-Mitglied als USL-Kandidat vor drei Jahren zum Bürgermeister der Gemeinde gewählt.

Dass der Bürgermeister von Kleinbeschkerek/ Becicherecu Mic junge Obstbäume an seine Mitbürger verteilt, oder dass er seinen Lohn zu wohltätigen Zwecken ausgibt, das machte zuletzt die Runde und brachte den Ortsvorsteher Raimond Rusu in die Medien. Er hat jedoch noch viel mehr auf Lager – denn einen Freizeitjob macht er bestimmt nicht, auch wenn er, genau genommen, für seine Arbeit gar keinen Lohn bezieht.


Raimond Rusu ist einer der wenigen Bürgermeister, die sich an einem Vormittag wirklich die Zeit für ein Gespräch mit den Medien nehmen, ohne dabei ständig mahnend und mit vielbeschäftigtem Blick auf die Uhr sehen. Vielleicht war es mitunter auch eine nette Geste, weil wir selbst den Bürgermeister zu Terminbeginn nicht gedrängt hatten, als er Verständnis forderte: „Ich habe die Beamten vom Rechnungshof im Haus und muss zuerst da einige Fragen beantworten“, so der auf den Listen der USL gewählte Bürgermeister von Kleinbetschkerek.

Raimond Rusu wird weder von der Rente als Bürgermeister leben wollen, noch peilt er höhere Ziele in der Politik an. „Mein Bruder ist eigentlich der Leidtragende, dass ich Bürgermeister geworden bin“. Er ist nämlich aus dem erfolgreichen Familienbetrieb ausgestiegen, um – fast sieht es danach aus – seinem Hobby als Bürgermeister nachzugehen. Auch die Frage, ob er sich im kommenden Jahr einer Neuwahl für ein zweites Mandat stellen wird, bleibt noch offen. Vielleicht hängt er – bei Wiederwahl – ein zweites Mandat an, „denn ich möchte meine begonnenen Projekte zu Ende bringen“.

Einen Schuldenberg habe er vorgefunden, sagt Raimond Rusu, wenn er an die Zeit zurückdenkt, in der er ins Chefzimmer im Rathaus eingezogen ist. Nach Amtsantritt musste er einige Zeit sogar aus eigener Tasche den Treibstoff für die Müllabfuhr bezahlen, sonst wären die Mülltonnen nicht mehr abgeholt worden, schildert Raimond Rusu die finanzielle Schieflage, in der sich die Gemeinde bei seiner Übernahme befunden hat. Deshalb war – wie er erwähnte – zunächst „Löcher stopfen“ angesagt.

Mentalitätsfragen tun sich für den gelernten Juristen auf, wenn er auf seine Mitbürger zu sprechen kommt. Kanalisation und Gasleitung, das sind die Projekte, die für Raimond Rusu auf der Prioritätenliste weit oben stehen. Es bleibt jedoch die Frage, ob die Mitbürger das überhaupt wollen. Beispiele gibt es deren genug, dass Kommunen hohe Investitionen in solche Projekte investiert haben, doch dann die Zahl der Anschlüsse zu den einzelnen Wirtschaften ausblieben. Im benachbarten Neubeschenowa/ Dudestii Noi haben maximale zehn Prozent der Bürger auch einen Anschluss an das Kanalnetz getätigt. Genauso vermutet Bürgermeister Rusu, dass es auch in seiner Gemeinde so ergehen könnte – und mit der Gasleitung dürfte sich dieses Szenario wiederholen. Pläne um eine solche zu legen hat er: In Zusammenarbeit mit Neubeschenowa könnte aus Sanktandres/ Sânandrei Gas auch in seine Kommune abgeleitet werden. Die Fonds müssten jedoch aus Bankkrediten der Gemeinde gedeckt werden, denn aus Eigenmitteln verfügt die Gemeinde - 25 Kilometer von Temeswar entfernt - über solche Summen nicht. EU-Fonds für Gasleitung gibt es nicht.

„Vielleicht sitzt irgendeiner von euch eines Tages hier auf meinem Stuhl“, sagt der Bürgermeister am Tag, an dem verdiente Schüler aus dem Ort für einen Tag Bürgermeister sein dürfen. Nicht nur um das Prestige geht es dabei, sondern auch um eine Bezahlung, denn Raimond Rusu zahlt den Kindern aus seinem Bürgermeistergehalt ein „Honorar“ für den einen Tag im Amt. Umdenken, dass erwartet er von seinen Mitbürgern. „Kindern sollte man keine Angst vor Administration und Politik machen“, sagt Rusu. Deshalb lässt er auch Bürger aufs Amt kommen, um einen Antrag für Jungbäumchen zu stellen. So bleiben die Bürger im ständigen Kontakt mit den Beamten im Rathaus. Auch lernen, mit den jeweils zuständigen Beamten kommunizieren und auch letzteren beibringen, dass Impulse nicht nur vom Bürgermeister kommen müssen, habe er bisher vermitteln können. Als wollten die Bürger die Ansichten des Ortsvorstehers widerlegen, waren bei unserem Abschied gleich zwei da, die ins Chefbüro des Rathauses wollten. Über diese pauschal und als Zufall zu wertende Situation hinaus, ist der Wandel in der ehemals deutschen Gemeinde noch längst nicht vollzogen. Vor Kurzem erst haben die Bürger aus Kleinbetschkerek nämlich sich dagegen ausgesprochen, dass ihr Wasserleitungsnetz an den regionalen Siedlungswasserbewirtschafter Aquatim übergeben wird – das Wasser würde nämlich unter regionaler Aufsicht teurer, so die Vermutung in der Gemeinde.

Es ist für den Bürgermeister von Kleinbetschkerek fast wie ein Teufelskreis, will er dem Ort ein neues Gesicht geben. So hat er zwar die Bewohner bei den Wahlen auf seiner Seite gehabt, doch in vielen wirtschaftlichen Entscheidungen denken die meisten an das „was es kostet“. Mit solchen Optionen lässt sich aber mittelfristig keine Kommune aufbauen, die sich im Großraum von Temeswar befindet und Investoren sowie Interessenten für Privatwohnungen heranziehen will. „Ich habe mit Investoren gesprochen und die machen einen möglichen Standort in der Gemeinde von der Infrastruktur abhängig“, sagt Raimond Rusu. Und nicht zuletzt, ganz privat ist er auch am Lebensniveau der Ortschaft interessiert: „Wir wohnen derzeit in Dumbravita, doch meine Familie spielt mit dem Gedanken, sich in Kleinbetschkerek anzusiedeln, hier wo ich einen Teil meiner Kindheit verbracht habe“.