Ein Wunsch wurde wahr: Bauingenieurwesen mit deutscher Unterrichtssprache

Prof. Radu Băncilă erhielt für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse

Rumäniendeutscher ist er nicht, aber auch Rumäne wäre vielleicht die falsche Bezeichnung: „Ich fühle mich als Europäer“, sagt Prof. Dr.-Ing. Radu Băncilă.
Foto: Zoltán Pázmány

Als langjähriger Leser der ADZ/BZ hat Prof. Dr.-Ing. Radu Băncilă noch nie die Gelegenheit verpasst, die Vertreter der deutschen Zeitung aus Rumänien zu den Veranstaltungen, die er organisiert hat, einzuladen. Es kam also auch nicht von ungefähr, dass sich in der Power-Point-Präsentation, die er anschließend an die Verleihungszeremonie des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse den Gästen im Senatssaal der Politehnica zeigte, auch einige Artikel aus der „Neuen Banater Zeitung“, dem „Neuen Weg“ und der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ wiederfanden. „Meine einzige Verbindung zur deutschen Sprache in einigen Jahren vor der Wende war diese vierseitige Lokalzeitung – die Neue Banater Zeitung – die ich gemeinsam mit der landesweit erscheinenden Zeitung Neuer Weg jeden Tag erwarb“, erinnert sich der Hochschullehrer. Bis heute ist der Professor für Stahlbrückenbau an der Fakultät für Bauingenieurwesen der TU Politehnica treuer Abonnent der ADZ geblieben.

Für sein Engagement, was die Förderung der deutschen Sprache und der Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland betrifft, wurde der Hochschullehrer vergangene Woche mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Dies – so der Professor – sei nach der Gründung der deutschsprachigen Abteilung für Bauingenieurwesen das bedeutendste Ereignis in seiner Karriere. Obwohl er keine deutschen Wurzeln hat, ist der in Temeswar geborene Radu Băncilă schon immer in die deutsche Sprache verliebt gewesen. „Trotz der dunklen Zeit, die wir erlebten, erkannte mein Vater schnell, wie wichtig es war, eine europäische Sprache gut zu beherrschen“, sagt Prof. Băncilă. 1952 begann für ihn der Unterricht an der deutschen Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar. „Weil wir in meiner Klasse nur zwei Rumänen waren, mussten wir uns schnell an das deutsche Milieu anpassen“, weiß Radu Băncilă. Damals ahnte er gar nicht, welche Vorteile er durch das Aufwachsen in der deutschen Kultur künftig haben soll.

Sein Name erschien zum ersten Mal in der „Neuen Banater Zeitung“ am 19. September 1971: Der damals 26-jährige Ingenieur Radu Băncilă war nämlich Profi-Schwimmer und spielte für die Wasserballmannschaft der Temeswarer Wollindustrie. Im Schwimmsport erzielte der junge Sportler seine ersten Erfolge und schaffte es sogar bis zum Vizelandesmeister.

Ab 1970 war er als Lehrkraft an der Fakultät für Bauwesen tätig. Der damalige Dekan, Prof. Dan Mateescu, prägte seinen beruflichen Werdegang erheblich. „Prof. Mateescu hatte ein solides deutsches technisches Wissen, denn er hatte die Universität Charlottenburg in Berlin absolviert“, sagt Prof. Băncilă. So hatte auch er Zugang zu zahlreichen Fachbüchern in deutscher Sprache. Als Radu Băncilă am 29. Juni 1981 seine Doktorarbeit verteidigte, war das Ereignis auf der ersten Seite der „Neuen Banater Zeitung“ vermerkt.

Nach der Wende versuchte Prof. Băncilă, seine Idee von einer Bauwesenabteilung in deutscher Unterrichtssprache in die Praxis umzusetzen.

Unterstützung fand er nicht nur von Dekan Mateescu, sondern auch vom Demokratischen Forum der Deutschen in Temeswar unter der Leitung des ehemaligen Schuldirektors Erich Pfaff. Obwohl es auch zahlreiche Gegner des Projekts gab, konnte der Hochschullehrer seine Idee hartnäckig durchsetzen – so dass am 19. Februar 1991 die Gründung der Abteilung mit deutscher Unterrichtssprache offiziell festgelegt wurde.1993 wurde ein Partnerschaftsvertrag mit der TU München abgeschlossen und der Studiengang wurde in die Förderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) aufgenommen. „Es gibt weltweit nur 28 vom DAAD unmittelbar geförderte Studiengänge“, betonte der deutsche Botschafter in Bukarest, Andreas von Mettenheim, bei der feierlichen Übergabe des Bundesverdienstkreuzes. Prof. Băncilă war stets darum bestrebt, Partnerschaften mit Hochschulen aus Deutschland zu initiieren und die guten Beziehungen aufrecht zu erhalten.

In den ersten Jahren nach der Gründung der Abteilung ging er selbst in die deutschen Schulen aus dem Banat, um für den Studiengang zu werben.

Heute bedarf die Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache keiner Werbung mehr. Jugendliche mit Deutschkenntnisse aus ganz Rumänien kommen nach Temeswar, um ein Studium in deutscher Sprache anzugehen, von dem sie wissen, dass es vielfältige Berufsperspektiven eröffnen kann – sowohl in Rumänien, als auch im deutschsprachigen Ausland. Obwohl seit Februar letzten Jahres in Rente, unterrichtet Prof. Băncilă weiterhin an der Abteilung und zählt sogar zu den beliebtesten Lehrern am Lehrstuhl. „Er weiß, wann er ernst und wann er locker sein muss“, beschreibt ihn einer seiner ehemaligen Studenten. Nichts mag der Hochschullehrer mehr, als von jungen Leuten umgeben zu sein, die seine Arbeit mit Engagement fortsetzen wollen. „Irgendwann mal werde ich mich in der Gegend von Bran, wo mein Vater herkommt, zurückziehen“, wünscht sich der Hochschullehrer.