Ein Zeichen für Rumänien setzen

Peter Hochmut über eine Fachausbildung nach deutschem Vorbild

Seit zehn Jahren ist Peter Hochmut der Vorsitzende des deutschsprachigen Wirtschaftsclubs Banat. Foto: Zoltán Pázmány

Der deutschsprachige Wirschtschaftsclub Banat schaut auf ein ereignisreiches Jahr 2011 zurück. Besonders politisch und kulturell setzte sich der DWC im letzten Jahr ein. 2012 soll der Fokus auf Bildung fallen. Gemeinsam mit dem Bildungsministerium möchte der DWC ein duales Fachausbildungssystem in Rumänien einführen. BZ-Redakteur Robert Tari sprach mit dem Präsidenten des Clubs Peter Hochmut über das anstehende Bildungsprojekt und die wirtschaftliche Entwicklung im vergangenen Jahr.

 

 

Viele rumänische Bürger schauen negativ auf das Krisenjahr 2011 zurück. Wie sieht der deutschsprachige Wirtschaftsclub die wirtschaftliche Lage vor Ort in 2011?

 

Die Wirtschaft vor Ort hat sich aus Sicht unserer Unternehmer 2011 sehr gut entwickelt. Viele Firmen haben investiert und neue Arbeitskräfte eingestellt. Das waren aber in der Regel Unternehmen, die hauptsächlich für den Export arbeiten. Die meisten Firmen, die den rumänischen Markt bedienen, hatten natürlich mit Problemen zu kämpfen. Im Land hat sich meines Erachtens nicht viel geändert. Manche behaupten ja, dass die Krise vorbei wäre, das kann ich aber nicht sehen. Grundsätzlich aber bleibt Rumänien und besonders der Westen weiterhin interessant für Investitionen und wir hoffen, dass noch mehr westliche Firmen diesen Markt erschließen werden, aber das sehen wir im Augenblick nicht. Das Krisengerede in Deutschland hat wohl alle Motivation unterdrückt, neu zu investieren und neue Produktionsstätten zu schaffen. Es investieren nur diejenigen, die hier Fuß gefasst haben. Eine ganze Reihe unserer Mitglieder haben entweder in den letzten Monaten neue Investitionen gemacht oder sie sind gerade dabei, welche zu machen. Ich habe mit Kollegen gesprochen und ihren Unternehmen geht es gut, aber neue Investitionen kommen leider sehr wenige und das schlägt sich dann natürlich auch auf die Situation im Land allgemein aus. Es werden keine Zeichen gesetzt, weil die Investitionen, die hier stattfinden, die sehen zwar wir aus der Geschäftswelt, aber die werden von der breiten Bevölkerung nicht wirklich wahrgenommen. Obwohl, wenn wir uns Temeswar und Arad anschauen: Es gibt keine Arbeitslosigkeit, hier läuft es eigentlich sehr gut.

 

Bildungsminister Daniel Funeriu hat den Wirtschaftsclub auf ein Projekt angesprochen, wodurch 2012 ein duales Berufsausbildungssystem in Temeswar eingeführt werden soll. Wie soll das Projekt verlaufen?

 

Wir haben neun Monate Zeit, das Projekt zu starten. Wir werden mit drei oder vier Klassen anfangen, die nach deutschem und österreichischem Model eine Berufsausbildung machen werden. Die Herausforderung für uns besteht darin, unsere Ideen und Vorstellungen in das Projekt mit einzubinden. Wir wollten eine vernünftige Fachausbildung anbieten. Dieses Konzept ist hier im Lande kaum mehr bekannt. Das soll es früher gegeben haben und es soll auch sehr gut gewesen sein, aber heute ist es ist nicht mehr bekannt. Ein duales Berufssystem in so kurzer Zeit umzusetzen, wird sich als eine Herausforderung darstellen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Ausbildungsplätze bei unseren Unternehmern eingerichtet werden und wir wollen, dass auch das Mitspracherecht der Unternehmen in dieses Pilotprojekt und auch später im Ausbildungsprozess verankert wird. Wir müssen darauf achten, dass es irgendwann nicht zu einer abgehobenen Ausbildung wird, die nichts mehr mit den Anforderungen der Unternehmen zu tun hat und wir wollen eben auch unterstützen, indem wir mit Institutionen und Schulen aus dem deutschsprachigen Raum zusammenarbeiten. Es fanden schon die ersten Gespräche statt. Im Januar müssen wir mit der Projektarbeit beginnen. Und ich gehe davon aus, dass wir auch eben aus Deutschland aus Österreich pensionierte Berufsschullehrer hierher bringen können, die uns helfen, es auf die Beine zu stellen. Aber das ist Arbeit, da muss viel besprochen und verhandelt und angeschoben werden.

 

Wie deuten Sie die schwachen Ergebnisse der Bakkalaureatsprüfungen 2011?

 

Es ist wohl das erste Mal seit der Wende, dass die Schulaufsichtsbehörden strenger geprüft haben. Das war sicher ein sehr wichtiges Zeichen für das Land. Uns allen war bewusst, dass das Bildungssystem auf einem absteigenden Ast ist und dort wurde jetzt ein deutliches Zeichen gesetzt. Das Bildungsministerium arbeitet auch weiter an einer Reform des Ausbildungssystems. Dazu zählt eben die Initiative des Bildungsministers Daniel Funeriu, ein duales Berufsausbildungssystem einzuführen. Dadurch wird für junge Menschen, die kein Abitur haben, eine Alternative geschaffen. Als Vorbilder sollen das deutsche und österreichische Bildungssystem dienen. Bei uns in Deutschland hat auch nicht jeder Abitur, aber bei uns ist ein Facharbeiter ein angesehener Mensch. Er kann gerne weiter studieren, kann auf der Basis seiner Fachausbildung aufbauen und auch eine Meisterausbildung machen, wodurch man sozial und wirtschaftlich gegenüber einem Universitätsabsolventen nicht wesentlich benachteiligt ist. In Rumänien scheint es in Vergessenheit geraten zu sein, doch durch dieses desaströse Ergebnis werden die Leute vielleicht wieder wachgerüttelt. Ein schlechter Universitätsabschluss ist nicht die einzige Möglichkeit im Leben weiterzukommen und dort wollen wir auch helfen mit Alternativen für junge Leute. Eine gute Ausbildung neben der Universität.

 

Sie arbeiten inzwischen seit zehn Jahren in Rumänien. Wie hat sich Temeswar in den letzten zehn Jahren aus Ihrer Sicht entwickelt?

 

Die Stadt hat sich in den letzten zehn Jahren sehr schön entwickelt. Es ist sauberer geworden, die Straßen sind viel besser als damals, es wurden einige Häuser renoviert, wenn ich mir damals die Parks angeschaut habe, waren die meisten relativ verwahrlost. Jetzt werden sie gepflegt. Die Stadtmitte wird verkehrsberuhigt, der Domplatz und der Freiheitsplatz wurden als Stadtplätze wieder in die Öffentlichkeit geschoben. Vor zehn Jahren waren sie mehr oder weniger verlassen. Sie hatten ein Aschenputteldasein gelebt, jetzt sind sie wieder im Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Es hat sich sehr viel getan. Die wirtschaftliche Entwicklung hat keine unwichtige Rolle gespielt. Durch die vielen Investoren ist natürlich der Wohlstand der Bevölkerung gewachsen. Diese Entwicklung hat auch negative Auswirkungen auf die Stadt. Jetzt gibt es so viele Autos auf den Straßen, dass man teilweise nicht mehr ins Zentrum fahren kann. Mir persönlich ist es egal, ich habe noch zwei gesunde Füße, gehe dann zu Fuß, aber daran sieht man, wie sich die Stadt entwickelt hat.

 

Seit zehn Jahren besteht auch der deutschsprachige Wirtschaftsclub Banat. Wie möchte man das runde Jubiläum 2012 feiern?

 

Wir haben uns noch keine Gedanken gemacht. 2011 war ein ereignisreiches Jahr gewesen, sodass wir uns um die Projekte, die uns teilweise aufgedrängt wurden, gekümmert haben, und wir uns um Pläne für das Jahr 2012 noch keine großen Gedanken gemacht haben. Aber natürlich werden wir das schnell nachholen und auf angemessene und würdige Weise eine Veranstaltung zum Thema „10 Jahre DWC Banat“ machen. Denn ich denke schon, dass zehn Jahre eine schöne Zeit hier sind, es hat sich in diesen Jahren in Temeswar sehr viel getan, besonders in wirtschaftlicher Hinsicht und unser Klub war da schon auch stark beteiligt. Wir müssen uns da was einfallen lassen.

 

Im Dezember hat sich der deutschsprachige Wirtschaftsklub mit dem Centre d'Áffaire Franco-Roumain und der Vereinigung der italienischen Geschäftsleute zum European Business Club zusammengeschlossen. Welche Herausforderungen warten auf den neugegründeten Dachverband in 2012?

 

Wir müssen vor allem Lobbyarbeit machen, sowohl hier Vorort als auch in Bukarest bei der Regierung, um Vereinfachungen für Unternehmen zu erreichen, also Stichpunkt „Bürokratie und komplizierte Gesetzgebung“, da wollen wir versuchen, etwas zu erreichen und ich bin mir auch sicher, dass es uns mit vereinten Kräften auch gelingen wird, etwas zu bewegen.