„Fall in die Marosch“

Banater Redensarten (II)

Die Marosch bei Neuarad Foto: Zoltán Pázmány

Unsere Banater Redensarten, sprachliche Wendungen, Wortgruppen und oft sehr bildhafte Ausdrücke, sind grundsätzlich in der neuen Heimat zwischen Marosch und Donau entstanden. Die deutschen Ansiedler zehrten aber  sprachlich in den ersten Generationen von dem mitgebrachten Sprachgepäck, so auch von ihren Redensarten, von ihren Sitten, Bräuchen und Traditionen aus dem Herkunftsland. Im Banat vermischten sie sich jedoch mit anderen deutschen Ansiedlern aus verschiedenen europäischen Landstrichen. In diesem Schmelztiegel entstanden dann in den jeweiligen banatschwäbischen Dörfern, Ansiedlungen oder Neugründungen, nicht nur neue ortsbedingte Mundarten, sondern auch eigene Sitten, Bräuche und u.a. auch neue Redensarten. Wie schon erwähnt- Der bekannte aus Temeswar  gebürtige Journalist und Sprachforscher Hans Fink hat darauf mehrmals hingewiesen- wiesen viele dieser neuen Redensarten durch bestimmte geographische Namen auf die Orte ihrer Entstehung und damit auch auf die Sprachgemeinschaften hin, in denen diese entstanden waren. Das bei den Banater deutschen Redensarten, die im ländlichen Raum, also in den banatschwäbischen Dörfern und Gemeinden, entstanden waren und bis heute gebraucht werden. Denn für die deutschen Stadtsprachen, die deutschen Umgangssprachen der Banater Städte (Temeswar, Reschitza, Lugosch) galten andere Regeln: Sie hatten sich hauptsächlich aus der bairischen Mundart, der Wienerischen Umgangssprache herausgebildet und demnach ist auch die Herkunft vieler Redensarten von  daher abzuleiten. Hier kamen auch noch andere Faktoren ins Spiel, die außer der Entlehnung von Wortgut aus mehreren Fremdsprachen, wie Ungarisch, Serbisch, Rumänisch, auch bei der Herausbildung von neuen Redensarten sozusagen ein Mitspracherecht hatten.

In den Banater Redensarten, ob nun in den banatschwäbischen oder in denen der deutschen Stadtsprachen, ist das geographische Element das vorherrschende: So weist der Journalist Hans Fink in einer seiner Sprachstudien zu diesem Thema  auf fast identische Redensarten dieser Art  in verschiedenen Ortschaften hin.

„Fall in die Donau“, sagten die alten Neupetscher, wenn sie eine Art Verwünschung ausstoßen wollten, obwohl in der Gemeinde Neupetsch die Temesch vorbeifließt. Es musste also eine von den Neupetschern übernommene Redensart gewesen sein.

In Totina und in Neuarad, an denen die Marosch vorbeifließt, war eine ähnliche ulkige Verwünschung in Gebrauch:

„Fall in die Marosch“.

Dass die alten Temeswarer und Arader schon seit vielen Jahren sich einander gern mal am Zeug flickten, beweist folgende Banater Redensart, auch heute noch in Temeswar gebräuchlich:

„Er ist so schwach, dass ihn der Arader Wind umbläst!“

Wortwörtlich ist damit der in Temeswar nicht sehr beliebte kalte Nordwind, der hier aus Richtung Arad bläst, gemeint.

Die Redensarten aus der Reschitzaer deutschen Mundart sind selbstverständlich auch mit zahlreichen geographischen Elementen gespickt, die die Reschitzaer sogar im Traum verstehen, den Ortsfremden aber erst mal schön erklärt werden müssen:

„Auf den Hetschelberg gehen“ .

Dass es sich hier um „sterben“ handelt, versteht ein waschechter Reschitzaer sofort. Einem Ortsfremden muss das jedoch erst behutsam beigebracht werden: Die Berglehne mit dem Reschitzaer alten Friedhof wird hier Hetschelberg (Hetschel ist die Hagebutte) genannt.

Zwei weitere Redensarten gehen auf die Herkunftsländer der deutschen Ansiedler zurück:

„Sie ist schön wie ein Maschansker Apfel“ sagten die alten Temeswarer. Es ist ein tschechischer Name für eine Apfelart, die mehrere Sorten hatte, so der Steirische Maschansker, der ursprünglich aus der Gegend von Meißen stammt, und durch Böhmen über Niederösterreich ins Banat gelangte.

Weit verbreitet im Banat unter den Sprechern der Banater deutschen Mundarten war die Redensart „Bis dann vergeht in Böhmen ein Jahr“ (Es vergeht viel Zeit).. Die Sprecher bezogen sich dabei meist auf einen konkreten Vorgang. Bis das geschieht, bis der mit seiner Arbeit endlich fertig wird, vergeht in Böhmen ein Jahr…

(Angepasst aus Hans Fink, „Temeswarer Tschibeser und Reschitzaer Brindzarauber“, Banater Kalender 2016)