„Ich schaffe das!“ Und dann nicht mehr…

„Im Schatten des Vergessens“ hatte Premiere am DSTT

Eine Mutter-und-Tochter-Geschichte: Liebe, Zärtlichkeit und Ratlosigkeit bis hin zur Verzweiflung. Simona Vintilă (rechts) und Isa Berger. Die nächste Aufführung findet am 29. Mai um 19:30 Uhr statt. Foto: Ovidiu Zimcea

Sie schafft es. Einfach alles. Mit links, ja mit Erfolg: die Pläne, die Torte für die Tochter, die ihr Studium in den USA beendet hat und für die Urlaubszeit nach Hause kommt, die Skype-Ehe – sie ist eben die moderne Multitasking-Frau, die alles unter einen Hut bringt, Karriere und Familie und dabei doch sehr einsam ist. Dann beginnt alles zu verschwimmen. Etwas holprig werden die Erinnerungen: Um wieviel Uhr sollte sie die Tochter vom Flughafen abholen? Was kommt in das Auberginen-Gericht, damit es gut schmeckt? Wieso hätte sie, die Stadtarchitektin mit so viel Erfahrung, falsche Messangaben gemacht haben? Ein Weg zum Psychiater soll Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine bringen, nicht unbedingt Aufklärung, denn diese Frau gehört ja eigentlich nicht in diese Praxis. Sie hat alles im Griff.

Damit fängt „Im Schatten des Vergessens“ an, ein Stück, das soeben Premiere am DSTT hatte. Ein Stück, das von einer der Krankheiten des Jahrhunderts spricht: Alzheimer. Von einer Krankheit, die erst seit wenigen Jahrzehnten einen Namen hat und heute immer noch keine Heilung kennt. Von einer Krankheit, die nicht nur den Kranken betrifft, sondern auch für die Angehörigen – zumindest in unserer Gesellschaft – ein totales Umkrempeln bedeutet, ein Stigma und eine Bürde, die man auf sich nimmt und die man meistens ohne jegliche Hilfe trägt. Und schließlich von einer Krankheit, über die man viel zu wenig weiß und die oft nur Vorurteile produziert.

Mit dem Stück „Im Schatten des Vergessens“ hat Simona Vintilă eine dreifache Rolle auf sich genommen: Die Rolle der Autorin eines Stücks voll intimer Enthüllungen, die der Regisseurin und der Darstellerin in der Hauptrolle. Verarbeitet hat Simona Vintilă in dem Stück ihre eigenen Erfahrungen mit einem Alzheimer-Patienten in der Familie, ebenso die Erfahrungen als Mitglied in der Temeswarer Filiale der Rumänischen Alzheimer-Gesellschaft und weil die Erfahrungen auch aus direkter Hand stammen, ist es der Schauspielerin auch gelungen, die Rolle musterhaft aufzubauen.

Ohne ins Pathetische zu fallen, einfach, unverblümt und sehr direkt, so wirkt die Vorstellung auf die Zuschauer. Eine große Leistung, vor allem für die Hauptdarstellerin sowie für Isa Berger, die die Rolle der Tochter übernommen hat. Eine Inszenierung von krasser Direktheit, die durch die Videos, die der inneren Welt der Hauptgestalt nachspuren, Tiefe erhält (Video-Design Cristian Ienciu) und durch die Klänge der von Ilie Stepan eigens für das Stück komponierten Musik ein bisschen versüßt wird.