#IchBinKeinVirus

In London wurde ein 24-jähriger  thailändischer Mann von zwei Jugendlichen angegriffen und beraubt. Sie nannten ihn „Coronavirus“.  In New York wurde eine Frau asiatischer Abstammung in eine U-Bahnstation von einem Fremden überfallen, weil sie eine Gesichtsmaske trug. Sie wurde „kranke Hündin“ genannt und dann auf den Kopf geschlagen. In Bukarest wurde ein junger, asiatischer Mann aus dem U-Bahn rausgeworfen. Zuvor aber wurde er herumgeschubst und angespuckt. Diese sind nur ein paar Beispiele von den Vorfällen, die in den letzten Monaten als Folge des Coronavirus aufgetreten sind. Die Welt wird in der letzten Zeit mit einer neuen Epidemie konfrontiert, für die wir zurzeit noch kein Gegenmittel haben. Coronavirus, oder auch COVID-19 genannt, der zum ersten Mal in der Millionenstadt Wuhan der chinesischen Provinz Hubei ausgebrochen ist, unterdessen viele Länder betroffen, mit Hundertausenden von Erkrankten und bereits Tausenden Toten. Während sich die Welt auf eine Pandemie vorbereitet, ist es nur natürlich, dass der Virus etwas anderes mit sich bringt: Panik. Und diese Panik könnte sogar gefährlicher als die Krankheit selbst sein. Gesichtsmasken sind fast überall ausverkauft, Menschen versorgen sich vorsichtshalber mit Lebensmittel und  sperren sich in ihren Häusern ein. 

Fast jede Minute gibt es einen neuen Medienbeitrag über den Virus - Gerüchte, Gemunkel und Verschwörungstheorien werden mithilfe der sozialen Netzwerke immer mehr verbreitet. Es ist und bleibt eine Gratwanderung zwischen Information und Panikmache. So ist es jetzt eine sehr beliebte Theorie, dass die chinesische Regierung absichtlich Virusträger nach Europa gesendet habe, und so die vor kurzem, plötzlich ausgebrochene Epidemie in Italien zu erklären sei. Was aber in den Medien nicht gesagt wird, ist, dass der Coronavirus zum  Beispiel viel weniger Todesfälle als die Grippe verursacht, die jährlich im Durchschnitt zwischen 290.000 und 650.000 Menschen tötet. Diese Art von Falschinformation, zusammen mit der immer steigenden Panik, haben dazu geführt, dass eine neue ansteckende Krankheit verbreitet wird: Rassismus und Xenophobie. So wie der britisch-chinesische Komiker Ken Cheng meint, „weniger als 0,001 Prozent der Chinesen leiden am Coronavirus, aber mehr als 99,999 Prozent haben schon an Corona-Rassismus gelitten.“ Während diese Prozentsätze aus dieser humoristischen Einlage vielleicht nicht zu 100 Prozent stimmen, widerspiegeln seine Aussagen den aktuellen Stand der Dinge. Und es sind nicht nur Menschen chinesischer Abstammung, die beleidigt werden. Es reicht nur, „ostasiatisch“ auszusehen, egal, ob man Einwanderer in zweiter Generation  ist, oder ob man auf den asiatischen Kontinent seit sechs Monaten keinen Fuß mehr gesetzt hat. „Ich bin so ein Virus“ – dies ist ein häufiges Gefühl für solche Leute heutzutage. Genau deswegen entstand zum Beispiel in Frankreich der Trend-Hashtag #JeNeSuisPasUnVirus, #IchBinKeinVirus, nachdem eine berühmte französische Zeitung  die Titelseite „Gelber Alarm“ oder „Die neue gelbe Gefahr“ veröffentlicht hat.

Auch deutsche Zeitungen haben den Trend angenommen, mit der Spiegel, der einen Artikel über den Coronavirus „Made in China“ betitelte. Der Hass, gezielt aus eine gewisse ethnische Zugehörigkeit ist nichts Neues, aber der in den letzten Jahren gemachte Fortschritt, was Toleranz und Akzeptanz angehen, scheint jetzt total zerstört zu werden. Ärzte, die asiatische Patienten  zu behandeln ablehnen, Shops in Japan oder Vietnam, die in den Vitriten „Keine Chinesen erlaubt“ Schilder haben, Studenten, die in Berlin aus ihre Wohnungen zur Räumung gezwungen werden, Menschen, die auf der Straße in Sydneys Chinatown ohnmächtig werden und alle sich weigern, die erste Hilfe zu leisten, das alles würde unter jede anderen Umständen nicht akzeptierbar sein und es sollte auch nicht jetzt sein. Ich weiß, dass das ein sensibles Thema ist und dass der Coronavirus eine echte Gefahr darstellt. Aber inmitten des Chaos sollten wir nicht vergessen, menschlich zu sein. Und vielleicht sollten wir uns auch für das Bekämpfen des Corona-Rassismus vorbereiten, so dass diese Gefahr in Solidarität und nicht mit Hass und Angst beseitigt werden kann.