KOMMENTAR: Getarnter Rechtsruck

Objektive Kommentatoren rumänischer Politik sprachen nach dem Erdrutschsieg der vorgeblich Sozialdemokraten von der PSD über die Regierung Grindeanu von einer „Dragnea SRL“ oder „Regierung Dragnea 1“, wobei die „beschränkte Haftung“ einer SRL und die Ephemerität betont wurden. Vergleiche der Dragnea-PSD mit dem nationalistisch-postkommunistischen Gehabe des Serben Milosevic und des Slowaken Wladimir Meciar wurden herbemüht.

Trotz verzweifelter Korrekturversuche der Wahlkampfdiskurse durch Parteichef Dragnea haben diese rumänischen „Sozialisten“ nichts gemein mit den französischen oder den deutschen. Betrachtet man sich ihre Regierung, u.a. mit dem notorischen Wendehals und Profi-Stolperer Mele{canu und der auf „sozialistisch“ umgepolten Großrumänin Lia Olgu]a Vasilescu (ihr hängen zwei Strafdossiers an), ersterer eine Politmumie, die immer auf die Beine fällt, letztere eine üble Nationalistin des Stalls von C.V.Tudor, dann darf man zugunsten des PSD-Hampelmanns sagen, dass sie nicht sein Werk ist – was Grindeanu, ein geschmeidiger Geistesoltenier mit Banater Ausweis, blauäugig durchblicken ließ.

Dieser Trupp unerfahrener und mit ihrem Lebenslauf niemand beeindruckender Manderl und Weiberl, von Grindeanu parteistramm „keine Technokraten, sondern Politiker“ genannt, soll „Verwaltung“ betreiben. Grindeanus Hausaufgabe dürfte die Novellierung des Gesetzes Nr.90 sein, was seinem verurteilten Parteichef „Dragnea 2“ öffnen soll.

Das Finanzgenie, das durchs Regierungsprogramm selbst beschnittene Staatseinnahmen inflationsfrei in großzügigsten Geldregen verwandelt, es fehlt dieser Regierung, zumindest bis zur ersten Umbildung... Inzwischen muss die PSD Diogenes finden, der tagsüber mit der Lampe herumirrt und den Finanzzauberer sucht, der Rumäniens geplanten Inflationsgalopp stoppt.

Mittelfristig irritiert auch das Fehlen europäischer Perspektiven in dieser Partei, die eine Regierung stellt, an deren Spitze jetzt einer steht, der per Stipendium Europa kennenlernte und eigentlich wissen müsste, wo´s da langgeht.

Dass bei den Wahlen vom 11. Dezember kein ultrarechter Parteienmist hochkam, ist kaum tröstlich. Die Siegparteien PSD und ALDE, aber auch die Besiegten ließen ausreichend nationalistische Kräfte frei. Leicht, sich vorzustellen, was in ihren Mitgliedern an Xenophobie steckt. Rumänien ist also nicht die „glückliche Ausnahme“ des europäischen Wahlgeschehens 2016, sondern eher ein sich hinter geschickter Tarnung verbergender Regelfall: die Ultrarechten stecken ihre Schniefnase durch alle Ritzen. Das gesamte politische Spektrum Rumäniens befindet sich in einer gefährlichen Schieflage. Richtung ultrarechts. Die Chance, mitten im gesamteuropäischen Rechtsruck zum Mahner der Demokratie zu werden, wurde unter unseren Augen verspielt.