KOMMENTAR: Merkel kriecht zum Halbmond

Eigentlich: „zu Kreuze“. Aber welches Kreuz kann mit dem Despoten vom Bosporus, R. T. Erdogan, in Verbindung stehen, wenn der Autokrat der Türken Krieg gegen die Kurden führt, gegen die Christen duldet, gegen ISIS vorgibt. Das Kreuz ist Christensymbol, ein stilisierter Lebensbaum.

Vergangene Woche gab es zwei Sorgenauslöser: mehr als 60 Prozent der Holländer haben gegen einen Assoziierungs- und Freihandelsvertrag der EU mit der Ukraine gestimmt. Doch lag die Wahlbeteiligung bei 32,2 Prozent. Knapp zweieinhalb Millionen Neinsager. Das ist der Beginn einer Katastrophe Europas und ein unerhörter Triumph des postsowjetischen Despoten Putin. Und Angela Merkel, einst die „stärkste Frau der Welt“, bat Erdogan um Verzeihung für die „Beleidigung“, die ihm, in Ausübung westeuropäischer Redefreiheit und der Zusatzlibertinage der Satire, ein Jan-Who namens Jan Böhmermann zugefügt haben soll.

Klar, Merkel handelte im Sinne jener widersinnigen „Weisheit“: „der G´scheitere gibt nach“. Sie wollte ihre, mühevoll und unter Erpressung, mit dem Despoten vom Bosporus ausgehandelten, teuer und ohne umsetzbare Garantien erkauften Rücknahmemaßnahmen der Asienflüchtlinge durch die Türkei retten. Der moralische Preis, den wir nach ihrem Kotau vor Erdogan zahlen, heißt im Klartext: Meinungs- und Medienfreiheit ist uns in Deutschland - also in der EU, also auch bei uns - Wurscht! Wenn ein die EU-Mitgliedschaft anstrebender Autokrat sich von irgendjemand beleidigt fühlt, dann darf er mit vollem Recht dessen Einlochung fordern – wie in der Türkei mit zahlreichen Journalisten umgesetzt. Die „neue Majestätsbeleidigung“, die von der deutschen Kanzlerin durch ihre Geste als Vergehen legitimiert wurde, dürfte weit(er)reichende Folgen haben.

Genau wie die holländische Volksbefragung bezüglich der Ukraine. Die stattfand, nachdem das niederländische Parlament bereits den Assoziierungsvertrag paraphiert hatte. Man vergegenwärtige sich: 400.000 Unterschriften, gesammelt von einer Bürgerbewegung „No Level“, lösen die Volksbefragung aus. 32,2 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen sich. Etwas über 60 Prozent von ihnen sind gegen den Assoziierungsvertrag mit der Ukraine, faktisch: keine zweieinhalb Millionen. Eine Handvoll Holländer. Sie haben die Macht, knapp 500 Millionen EU-Bürgern ihren Willen aufzuzwingen. Demokratie hin oder her: da stimmt doch was nicht! Die EU muss dringend repariert werden.

Dazu existiert kein politischer Wille. Mit einem väterlich Viktor Orbán tätschelnden Juncker an der Spitze, wohl nie.

Dass der Hieb der Handvoll Holländer unseren Nachbarn, die Ukraine, trifft, kümmert kaum jemand. Dass deren Nein auch Putins Aggressivitäten gegen die Ukraine gutheißt, das war den Holländern erklärtermaßen gleichgültig.

Ausbaden müssen wir es alle.