Kommunistisch

Als wir an der rumänischen Variante des umfassenden Katalogs der Wanderausstellung „Migration im Donauraum. Die Ansiedlung der Deutschen im 18. Jahrhundert und ihre Folgen“ arbeiteten, mussten fairerweise die vier Direktoren der Museen von Sathmar, Arad, Temeswar und Reschitza ihre Zustimmung zum rumänischen Text geben. Grundsätzlich waren sie damit einverstanden, nur an einer Sache stießen sie sich: dass die Ansiedlung der Deutschen im 18.Jahrhundert in Ungarn geschehen ist. Das lag ihnen quer im Magen, zumal das Direktorenschicksal einiger unter ihnen auf der Kippe stand durch die im Dezember 2012 geschehenen politischen Veränderungen. Sie fürchteten, dass eine solche - der historischen Wahrheit entsprechende – Aussage sie vom Stuhl stürzen könnte. In den spannungsgeladenen Diskussionen über eine rumänisch politisch korrekte Formulierung fiel auch das Wort von „kommunistischen Historikern“ das zwei von ihnen ins Gesicht geschleudert wurde. Sie reagierten zutiefst pikiert. „Kommunistisch“ will keiner genannt werden. Erst recht nicht sein.

„Kommunistisch“ ist abwertend, pejorativ, mit dem Sinn von „überholt“, „veraltet“, „belastet“, sogar „schuldig“. Aufgeschlossene Lehrer, denen es gelang, Lyzealschüler für die (fakultativen) Geschichtsstunden über „Geschichte des Kommunismus“ zu mobilisieren, erzählen sehr aufschlussreiche Geschichten über die Reaktionen der nach 1990 Geborenen zu einer Welt, die ihnen bestenfalls aus Erzählungen von Eltern und Großeltern bekannt ist. Aus subjektiver Perspektive also. In der Schule, wenn es den guten Lehrern gelingt, Vertrauen zu ihren Schülern und Kommunikationsoffenheit aufzubauen, kommt es oft zu Schockszenen. "Herr Lehrer, waren sie Mitglied der RKP? (für Vergeßliche: Rumänische Kommunistische Partei)“ „Ja.“ Schockstarre der den Lehrer sympathisierenden Klasse. Rettenwollende Nachfrage einer Schülerin: „Aber waren Sie auch ein Securitatespitzel?“ „Nein. Aber ich habe mich ab und zu gefragt, was ich getan hätte, wie ich reagiert hätte, wenn man mich anzuwerben versucht hätte. Wenn ich an die Situation von damals denke, weiß ich eine ehrliche Antwort bis heute nicht.“ Ein Schüler: „Wenigstens das. Gut dass Sie nicht auch noch ein Securitate-Spitzel waren! Die waren echt schmierig. Sie, Herr Lehrer, waren wenigstens offen Parteimitglied.“

Oder wenn LehrerInnen von den zwei Stunden Fernsehprogramm pro Tag erzählen und die Schüler trösten: „Sie haben ja weiterzappen können. Oder wenigstens hatten Sie doch noch das Internet!“

Vergangene Woche war in den Nachrichten zu hören, dass in Piteşti ein „Museum des Kommunismus“ aufgebaut werden soll. Reichlich spät, aber zu spät dazu ist es wohl nie. Gerade in Piteşti, wo mit dem „Phänomen Pite{ti“ die wohl erschütterndste Form kommunistischer Willkür, Repression und menschlicher Erniedrigung geriert wurde.

Ob wohl endlich die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Rumänien beginnt?