Politikerfratzen müssen weg

Als wären sie untereinander verabredet, zitieren die Kommentatoren des politischen Geschehens aus Tolstois „Krieg und Frieden“ die Reaktion Pierre Besuchows am Schluss des Napoleonkrieges. Pierre ist so erschüttert, dass er vermeint, er selber und die ganze Welt  hätten sich für immer verändert. Mit der Zeit aber überrascht er sich selber bei all seinen alten Gewohnheiten: er schimpft und flucht mit seinem Kutscher, brüllt herum wie eh und je. „Und dann, woran erinnern sich dann die Leute? (...) Sich befreien und vergessen?“ – die Schlussfolgerung wird aus Swetlana Alexejewitschs Buch „Das Desaster von Tschernobyl“ zitiert, die den Psychologen Pjotr S. interviewt. Das Zitat bemühen gesellschaftsevolutionäre Pessimisten, die sich mit dem Verbrechen im Bukarester Club „Colectiv“ geschäftigen – und mit dessen gesellschaftlichen Folgen, die als Straßenmanifestationen leider auch schon allmählich abflauen.

Samstag habe ich mich unter die Protestler vor der Temeswarer Oper gemischt und ein wenig in die Grüppchengespräche hineingehorcht. Mit Bedauern habe ich schnell kapiert: sie wissen nicht (mehr?), was sie wollen. Die einen bestanden darauf, „das, worüber wir einmal übereingekommen waren, jetzt auch umzusetzen“. Die anderen kamen mit Zusatzideen und Verbesserungsvorschlägen, bevor noch etwas in irgendeine Richtung angestoßen war – Vorwurf der Ersteren.

Kurz: ohne Soziologie und Detailkenntnisse in Massenpsychologie war zu erkennen, dass die Massen – Samstag waren es auf dem Opernplatz knapp hundertfünfzig, die gekommen waren (angenehm auffällig: viele Eltern mit Kleinkindern) – eigentlich außer ohnmächtigem Protest nicht wussten, was, wohin? Und: kein einziger der „konsekrierten Revolutionäre“ von Temeswar war unter den Demonstranten zu erkennen. Nicht, dass sie gefehlt hätten...

Große Tragödien fordern unser Mitgefühl. Mut und Klarsicht, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Politiker werden dazu unfähig. Sie akzeptieren nur ihre „Wahrheit“. Amateurpolitiker Klaus Johannis traf aber den Nagel auf den Kopf: „Korruption tötet!“ Das ging sofort im ideellen Massen-Protestgut auf. Ob er aber auch mit der Konsultation der Vertreter der Protestler Erfolg haben wird? Hat er gute Berater, werden sie Ideen herausfiltern, die einen frischen Wind in die Politik Rumäniens bringen. Aber neue Gesichter? Schwerlich. Wahrscheinlich: unmöglich.

Wenn man die satt-selbstzufriedenen Fratzen der Politiker betrachtet, wird man kapieren, dass die sich an Posten, Pfründe, Macht und Geld krallen. Denn für sie geht`s um Zukunftskomfort, nachdem sie sich das finanzielle Polster und die Rente dazu einstimmig selbst zugesichert haben. Wenn es keine Erneuerung der politischen Kaste gibt, wird es weiterhin Korruption, Zertrampeln der Demokratie, Machtmissbrauch selbst dort, wo sie keine Macht auszuüben haben, Dreckschleuderei, Hochmut und Verachtung für alle außerhalb der Kaste Stehenden geben. Für ihre Wähler und Finanzierer.

Fakten dafür: schaut in unsere Reihen!