Schmalspurbahnbelebung mittels EU-Geldern

Berzasca hat sich Geldmittel verschafft, die dem Gemeindebudget für 365 Jahre entsprechen

Ein weiteres touristisches Ziel in der Nähe von Berzasca ist der Sirinea-Berg, der vor 10.000-12.000 Jahren den Bewohnern des jenseitigen Donauufers, von Lepenski Vir, als Kultort diente. Foto: Zoltán Pázmány

Für rund 27 Millionen Euro – laut Bürgermeister Nicolae Petru Furdui entspricht das 365 Jahren des durchschnittlichen Jahreshaushalts der Gemeinde – hat Berzasca an der Donau einen EU-Zuschlag bekommen. Damit sollen zwei Großprojekte verwirklicht werden, eines im Tourismusbereich sowie ein Gewerbe-/Geschäftsgebiet auf einer Art Bergbaubrache.

Grundsätzlich verfolgen beide Projekte den selben Zweck: die Revitalisierung des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds in dieser Gemeinde, die sich zum Zentrum des 110 km langen Donaudurchbruchs am Eisernen Tor entwickelt. Denn hier ist auch noch ein drittes Großprojekt in Arbeit: eine touristische Pfahlbausiedlung mit Yachthafen im kleinen Golf des Donaustausees Eisernes Tor I, vor Berzasca, dort, wo früher der Verladehafen für Holzstämme aus dem südlichen Banater Bergland war, wo bis Mitte der 1990er Jahre die Stämme mittels Schmalspurbahn aus bis zu 65 km entfernten Schlägen – das ist grob gerechnet der Raum des Almaschtals/Valea Almăjului - aus den Randgebirgen der Donau angekarrt wurden.

Opfer der Schrottdiebe

Die Waldbahn, noch bis vor etwa 17 Jahren mittels drei Anfang des 20. Jahrhunderts in Reschitza gebauten Dampflokomotiven betrieben, ist im Zuge der Reprivatisierung der Wälder und der Erklärung großer Forsträume zu Teilen des grenzüberschreitenden Naturparks Djerdapp/Eisernes Tor sowie der damit einhergehenden streckenweise drastischen Beschränkung der legalen Holzeinschlagsmöglichkeiten aufgelassen und schnell von Schrottdieben „verwertet“ worden. Diese haben (nicht nur) bei Nacht und Nebel die drei Dampflokomotiven samt Lokschuppen und Ersatzteillager zerlegt und verramscht – sozusagen unter den Augen der ortsansässigen Ordnungs- und Verwaltungskräfte der Gemeinde, auch der ansonsten sehr scharfäugigen und –hörigen Truppen der Grenzwacht, denn die Schmalspurstrecke ging in Berzasca direkt am Hausgarten vieler Bewohner und am Kasernenstandort der kleinen Grenzereinheit vorbei – sondern auch die Schienen weitgehend abgebaut und verscherbelt.

„Tourismusentwicklung durch Nutzung touristischer Ziele im Raum der Gemeinde Berzasca. Wiederherrichtung der Trasse der Schmalspur-Waldbahn“ betitelt sich das Projekt, für welches die Gemeinde den Zuschlag der EU-Vertretung bekommen hat. Insgesamt 55,6 Millionen Lei sind dafür vorgesehen und genehmigt worden. Mit diesem Geld sollen die 15,8 Kilometer der Schmalspurtrasse zwischen Berzasca-Hafen und einem der früheren Holzfäller-Standorte in Valea Mare, nördlich von Berzasca, inmitten dichter Buchen- und Laubwälder, wieder befahrbar gemacht werden. Die Strecke soll bereits Ende des kommenden Jahres wieder befahren werden können. „Damit wird das Angebot touristischer Dienstleistungen im Hinterland von Berzasca vervielfältigt“, heißt es im Rechtfertigungsschreiben des Projekts seitens der Gemeinde, „und wir hoffen auf ein Ansteigen der Touristenzahlen, die den Raum zwischen den bewaldeten nördlichen Randgebirgen der Donau und dem Donaustausee Eisernes Tor I besuchen.“

Woher die Schmalspurfahrzeuge?

Bezüglich der Umsetzung des Projekts und der Nutzung der binnen eines Jahres wieder instandzusetzenden Geleise gibt es noch einige Fragezeichen – etwa der Dampf- oder sonstigen Loks und der Waggons, die hier verkehren werden. Alles im Kontext, wo in den vergangenen zwei Jahrzehnten, mit einer Ausnahme (die Wassertalbahn in der Marmarosch/Maramureş), alle Schmalspurbahnen Rumäniens den Betrieb eingestellt haben und nahezu durchwegs dem Frevel der Schrottdiebe zum Opfer gefallen sind, sofern sie nicht von den ehemaligen Betreibern selber verschrottet wurden (auf Anhieb könnten allein im Banater Bergland mehrere Standorte abgestellter historischer Schmalspur-Dampfloks genannt werden, die binnen Tagen „verschwunden“ sind). Berzasca zeigt sich aber optimistisch.

Bezüglich des anderen, noch größeren Projekts: „Sanierung und Neuwertung des umweltverseuchten und ungenutzten Industriestandorts im Dorf Cozla, zwecks Neunutzung und Entwicklung als Gewerbegebiet“,  wurden umgerechnet 77,326 Millionen Lei genehmigt.

Es geht um den zweiten Industriehafen auf Gemeindegebiet, den Verladehafen für Kohle in Cozla, ebenfalls am Ufer des Donaustausees Eisernes Tor I. Das Gebiet sieht gegenwärtig wie zerbombt aus, nachdem sowohl die Wohnblocks der Kohlenkumpel, der „Kolonie“, als auch die Verladeanlagen für die in den Gruben von Cozla geförderte Steinkohle (die wegen ihres hohen Schwefelgehalts und der damit verbundenen Säuberungskosten des Rauchs nicht mehr gefragt ist) kaum mehr genutzt werden. Nebenbei bemerkt: nachdem das Grubenunternehmen Anina – zu dem auch die Kohlengruben in der Donauklamm, Cozla und Eibenthal, gehörten – aufgelöst wurde, hat man auch den Kohlenabbau in der Donauklamm stufenweise zurückgefahren und schließlich in Cozla bereits eingestellt.

Nachhaltigkeit und Arbeitsplätzeschaffung

Zurück blieben die deprimierend und trostlos anzuschauenden Ruinen des Verladehafens Cozla, Abraumhalden und ein paar ausgeschlachtete Plattenbauten. Die Ruinen sollen zum Teil weggesprengt, die Abraumhalden nun umweltfreundlich gemacht und aus der gesamten, unterhalb Donaustraße (der DN 57 Orschowa-Neumoldowa-Basiasch) gelegenen Plattform ein Gewerbegebiet gemacht werden. Das Problem: ein paar der Wohnungen in den teilverlassenen Plattenbauten sind gekauft worden und bewohnt, die Einwohner will das Rathaus umsiedeln.

Es geht um die Verwirklichung des von der EU heißgeliebten Stichworts von der „nachhaltigen Entwicklung“ und der „Wiederbelebung eines gesamten Raums“. In Cozla soll auf dieser untersten Donauplattform erst eine Art „Renaturierung“ durchgeführt werden und von den Bauten, die auf dieser Plattform stehen, soll „grundrenoviert werden“, was noch gerettet werden kann. Schließlich leben in den total abgewohnten Plattenbauten ja noch einige ehemalige Bergleute mit ihren Familien, die man nicht ohne Weiteres auf die Straße setzen kann. Deren Wille zur Umsiedlung „hängt vom Angebot der Gemeinde ab“.

Der nicht unwichtige Nebengedanke des Projekts ist, ein monoindustriell entwickeltes Gebiet wirtschaftlich zu diversifizieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Bürgermeister Furdui spricht von rund 600 neuen Arbeitsplätzen, die in den kommenden zehn Jahren mitten in der Donauklamm „durch die Entwicklung dieses Raums auf der Horizontalen“ entstehen.

Über die zusätzlichen Schwierigkeiten, die von den Gemeinden im Naturpark der Donauklamm bei der Projektentwicklung gemeistert werden müssen, ist bisher kein Wort gefallen. Das Projekt mit der touristischen Pfahlbausiedlung und dem Yachthafen von Berzasca stagniert, weil Bauarbeiten und Investitionen in Naturparks unzureichend juristisch geregelt sind. Umweltministerin Rovana Plumb hat zwar schon vor Wochen Unterstützung im Sinne verständnisorientierter Lockerung der Restriktionen für Investititionen in umweltgeschützten Arealen zugesagt, doch mit ihrer Rückfahrt nach Bukarest wohl wieder darauf vergessen.