„Seit Oktober 2022 waren die Säle randvoll“

Interview mit Cristian Rudic, Intendant der Rumänischen Nationaloper Temeswar

Cristian Rudic auf der Freilichtbühne im Temeswarer Rosengarten im September 2023 anlässlich der Aufführung der „Gurre-Lieder“ Archivfoto: Zoltán Pázmány

Über 2023 und wie das Kulturhauptstadtjahr für die Rumänische Oper Temeswar verlaufen ist, über Pläne bis zu Ende der jetzigen Spielzeit sowie darüber hinaus in den Monat August, sprach Opernintendant Cristian Rudic mit der BZ-Redakteurin Ștefana Ciortea-Neamțiu.

Das Kulturhauptstadtjahr liegt nun ein paar Monate zurück. Die Rumänische Nationaloper Temeswar war eher zurückhaltend. Warum?

Die Oper hat dasselbe getan wie übrigens, aber ein bisschen mit mehr Publikum. Wir haben im vergangenen Jahr „Ball im Savoy“ in der Regie von R²zvan Mazilu gehabt; wir haben das Ballett „Giselle“ mit großem Erfolg im Jahre der Kulturhauptstadt wiederaufgenommen. Man muss in Betracht ziehen, dass die Balletttruppe vor vier Jahren in nuce war, in einem Keim, der sich dann in drei Jahren dank dem Solisten Ovidiu Matei Iancu zu einer Truppe entfaltet hat, die jetzt sogar fähig ist, den „Schwanensee“ zu inszenieren. Dann gab es die fast einmalige Mitarbeit mit der Philharmonie und mit dem Theaterorchester Gera, für „Gurre-Lieder“ von Arnold Schönberg.

Es gab Gäste. Es gab zum ersten Mal Gabriel Bebeşelea am Pult der Wiederaufnahme von „Adriana Lecouvreur“. Es gibt so viele wunderschöne Sachen in der „Speisekammer“ der Oper! Diesen Verismo-Titel von Francesco Cilea gibt es nur in Temeswar; er wurde als krönendes Ende der vorigen Spielzeit, am 30. Juni, wiederaufgenommen.

Es ist schon vieles passiert… Zurückhaltend… Wir waren nicht im Bidbook, aber das hat auch die Gründe der totalen Änderungen der Mannschaften, die sich um die Kulturhauptstadt gekümmert haben, als es die Rede war, um das zu aufbauen. Es war ein anderer Direktor in der Philharmonie, ein anderer in der Oper, ein anderer Bürgermeister, ein anderer Geschäftsführer der Kulturhauptstadt; alles hat sich verändert.

Die Oper hat versucht, mitzuhalten. Es ist ja bekannt, dass die Oper in der Kunstgeschichte, in allen Kunstzeitaltern den Trend wenigstens um ein halbes Jahrhundert verspätet. In der Sekunde, wo Wagner einen Realismus auf der Bühne verlangen wollte hinsichtlich des Schauspiels und der Glaubwürdigkeit dessen was auf der Bühne geschah, hatte Wedekind schon nackte Körper auf der Bühne gebracht. Wir verspäten uns immer ein bisschen mit unserem Genre. Das ist generell die Position der Oper zur Kunstgeschichte, also auch zur Kulturhauptstadt.

Weil Sie schon die „Gurre-Lieder“ angesprochen haben: Wie blicken Sie ungefähr ein halbes Jahr später zurück?

Mit demselben Adrenalinstoff. Es ist gut, dass es „Gurre-Lieder“ war. Hätten Sie mich vor drei-vier Jahren gefragt, hätte ich persönlich, Cristian Rudic, damals noch nicht Direktor der Oper, wahrscheinlich einen anderen Titel gewählt. Es hat sich dann gezeigt, dass es die gute Wahl war.

Was das Publikum betrifft, gab es Änderungen in der Struktur im Kulturhauptstadtjahr oder war es das Kernpublikum, das da mitgemacht hat?

Mitnichten. Wir sind jetzt zwei Monate nach dem offiziellen Ende der Kulturhauptstadt und wir messen es sogar. Es ist Tatsache, dass es in der Oper nicht nur grauhaarige Herren und Damen sind, zum Unterschied zu der ganzen Opernwelt. Das ist eine gute Nachricht, es gibt eine junge Generation in der Oper. Ob es eine Tatsache der Stadt ist, ob die Kulturhauptstadt allein „schuld“ daran ist oder ob sich die Zeiten ändern – ich kann das nicht genau beantworten.

Man hat auf den Korridoren der Oper Fremdsprachen gehört, und seit Oktober 2022 waren die Säle randvoll. Es hat mit Sicherheit auch mit dem sogenannten Kulturtourismus zu tun. Die Nihilisten und die Haters meckern, dass nichts passiert ist in der Kulturhauptstadt. Also bitte! Ich kann nur sagen, manchmal gab es des Guten zu viel an Angebot zur selben Zeit; das ist nicht nur einmal passiert. Ich mache mir den Vorwurf, den mir auch Ovidiu Andriş macht, dass wir an einem Freitag einen wichtigen Titel hatten und sie das Konzert gleichzeitig. Aber auch wenn wir uns das Publikum gegenseitig gestohlen haben, waren die Säle trotzdem voll.

Wenn man über die Kulturhauptstadt spricht, muss man Brâncuşi und Brauner in Betracht ziehen, und wenn Bebeşelea acht Mal in der Stadt auftritt, M²celariu mit Ramona Zaharia als Gast, dann ist schon sehr viel geboten worden!

Nach 2023, nach dem Kulturhauptstadtjahr wird es nie mehr so werden wie im Kulturhauptstadtjahr, es werden die Mittel fehlen. Da die Oper kein großer Nutznießer hinsichtlich des Haushaltes war, wird es bei uns auch keine Riesenkrisen und -unterschiede geben. Eines muss ich dazu sagen, das Adrenalin, die Freude und die Atmosphäre des Kulturhauptstadtjahres sollte nicht mit dem Kulturhauptstadtjahr enden. Diese Energie, dieses Treiben, dieses Sich-Regen soll gezielter sein 2024 und wir sollen aus den Lektionen der Kulturhauptstadt lernen und vielleicht weiter gemeinsam denken mit den anderen Kulturmachern nicht nur dieser Stadt, sondern auch der Region und darüber hinaus. Wir waren in Amsterdam, wir haben den Namen der Kulturhauptstadt ausgestrahlt im großen Concertgebouw. Wir haben drei Säle in zwei Tagen gefüllt. Das werden wir heuer wieder machen.

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