Steht ein Vertragsverletzungsverfahren an?

Am 16. Juli müssen im Südbanat die letzten zwei Mülldeponien alternativlos geschlossen werden

Nicht nur im Banater Bergland muss in der Abfallwirtschaft heftig improvisiert werden, in Temeswar ist es genauso und für Rumänien droht das Vertragsverletzungsverfahren. Foto: Zoltán Pázmány

Das Problem ist bekannt und konsequent vor sich her geschoben worden: bereits 2009 hätten die Arbeiten für das „Integrierte Abfallverwaltungssystem“ gestartet werden müssen. Bis heute gibt es, außer zaghaften Ansätzen bezüglich der ökologischen Abfallbewirtschaftung im Reschitza benachbarten Lupak, nichts Nennenswertes in dieser Richtung. Obwohl Kreisratschef Sorin Frunzăverde – damals noch in seiner Position als Erster Stellvertretender Vorsitzender der Regierungspartei PDL - in einer Machtdemonstration Umweltminister László Borbely (UDMR) im Herbst 2011 gezwungen hatte, nach Reschitza zu kommen, um den entsprechenden Finanzierungsvertrag zu unterzeichnen.

Auf der jüngsten Tagung des Präfekturrats – der ersten mit dem neuen Präfekten Silviu Hurduzeu – wurde die Situation der Abfallwirtschaft des Banater Berglands unter die Lupe genommen. Denn am 16. Juli müssen die beiden letzten noch in Betrieb befindlichen „wilden“ Mülldeponien, in Orawitza/Oravița und Neumoldowa/Moldova Nouă, versiegelt werden. „Zumindest theoretisch“, wie es in gewohnter Schlitzäugigkeit hieß. Ansonsten droht ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU, denn die Termine für die Schließung der alten Mülldeponien sind bereits während der EU-Beitrittverhandlungen Rumäniens 2005-06 festgeschrieben worden.

Umso schlimmer, dass jahrelang überhaupt nichts, in den letzten Jahren kaum etwas in dieser Richtung unternommen wurde. Obwohl das Damoklesschwert des Vertragsverletzungsverfahrens immer bedrohlicher wurde. Auch die jüngste Tagung des Präfekturkollegiums Karasch-Severin kam über die eine Schlussfolgerung nicht hinweg: wir riskieren ein Vertragsverletzungsverfahren. Es kommt aufs „Riskieren“ an.

In Orawitza und Neumoldowa lagern gegenwärtig noch die Ortschaften Reschitza, Karansebesch, Ferdinandsberg, Anina und Herkulesbad ihren Müll ab. Theoretisch. Praktisch heißt es in der Bevölkerung – und Fahrten durch die Landschaft weisen ebenfalls darauf hin – dass die „geschlossenen“ Müllhalden weiterhin – offensichtlich illegal – genutzt werden. Das gilt zumindest für Reschitza, Ferdinandsberg und Herkulesbad, auch weil Karansebesch inzwischen eine andere Lösung als die vom Umweltministerium seinerzeit vorgeschriebene gewählt hat und weil Anina sich durch Berge und Wälder ungesehener nach Orawitza durchschlängeln kann.

Der Trost, den man sich in Reschitza zugutehält: auch andere Verwaltungskreise – zumindest alle aus dem Banat – stehen genauso besudelt da und ganz Rumänien riskiert wegen der ungelösten Müllbeseitigungsprobleme ein Vertragsverletzungsverfahren. Fakt ist: niemand im Verwaltungskreis oder in den betroffenen Ortschaften weiß gegenwärtig konkret, was mit dem Müll anzufangen ist und was geschieht, wenn die beiden letzten Deponien geschlossen werden müssen.

Zur Beruhigung der Öffentlichkeit: Präfekt Hurduzeu und die Leiterin der Agentur für Umweltschutz, Carmen Sorescu, haben fast einstimmig – auf alle Fälle aber übereinstimmend – zugegeben, dass dringend eine Begegnung aller Verantwortlichen aus diesem Bereich zu organisieren ist, an der auch die Bürgermeister der betroffenen Ortschaften teilnehmen müssen und dass Lösungen gefunden werden müssen, bis das „Integrierte Müllwirtschaftssystem des Verwaltungskreises Karasch-Severin“ in Betrioeb genommen werden kann. Und das geschieht, wenn alles gut geht, erst in zwei Jahren.

Präfekt Hurduzeu: „Klar ist, dass die EU unsere Vertragsverpflichtungen aus dem Beitrittsvertrag nicht vergessen hat. Am 11. Juni haben uns zwei der Beraterfirmen der EU-Kommission besucht, um das Stadium der Umsetzung des „Integrierten Müllwirtschaftssystems des Verwaltungskreises Karasch-Severin“ zu prüfen. Sie wollten sich unbedingt auch vom Stadium der ökologischen Konservierung/Schließung der alten Müllhalden überzeugen. Sie haben sich die alten Deponien von Reschitza, Karansebesch und Herkulesbad angesehen. Reschitza und Karansebesch sind ganz gut weggekommen, Herkulesbad wurde als Problemfall bezeichnet. Dort war nicht zu verbergen, das weiterhin laufend Haushaltsabfälle abgelagert werden.

Die Folge: es kommt eine Untersuchungskommission, welche die Aufgabe hat, die Übertretung eines EU-Gesetzes zu untersuchen, was eine Vorstufe des Vertragsverletzungsverfahrens ist. Allerdings: auch auf Landesebene wird eine solche Untersuchung durchgeführt, wir stehen nicht allein als die Vertragsbrecher da. Sieben Verwaltungskreise sind bereits unter die Lupe genommen worden, unter ihnen auch Karasch-Severin. Deshalb müssen wir schneller handeln. Zu unserem Glück ist auch die EU nicht gerade schnell... Immerhin: eine vertretbare Übergangslösung für die kommenden zwei Jahre muss schleunigst gefunden werden, zumal die EU nach wie vor bereit ist, für die Definitivlösung zu bezahlen.“

Eine dieser möglichen Übergangslösungen sind die Müll-Kompaktierungsanlagen, die von der Firma Ecosal bei Lupak aufgestellt wurden, die aber noch nicht in Betrieb genommen wurden.

Laut Vertrag mit dem Umweltministerium und als Teil des Abfallbeseitigungs-Masterplans für Rumänien sollen im Banater Bergland drei Müll-Transferanlagen (Bozovici mit 3400 Tonnen/Jahr, Pojejena – 8060 Tonnen/Jahr und Ferdinandsberg/Oţelu Roșu – 8.388 t/Jahr) sowie eine Sortier- und biologische Behandlungsanlage in Lupak – 33.731 Tonnen/Jahr - entstehen.