Überproduktion: nicht jeder ist restlos glücklich

Die Preisfrage ist bei Rekordernten besonders aktuell

Rekordjahr bei Weizen.

Minister geht von acht Millionen Tonnen aus.

Moderne Landwirtschaft hält auch in Rumänien Einzug.

Der Kleinbauer am Dorfrand schlägt trotz Rekordernte trist in die Scholle: Sein Getreide ist kein Brotgetreide, seine Tomaten und Pflaumen haben Mitte September einen recht niedrigen Preis und  sein Hausgarten bringt ihm seit Jahren außer Futtermais kaum einen Ertrag – durch den hohen Grundwasserstand steht der Garten meist unter Wasser.

Über die Weizenernte im Verwaltungskreis Temesch/Timiş hatten in diesem Sommer Viorel Matei, Vorsitzender der Vereinigung rumänischer Landwirte und Tiberiu Lelescu, Direktor des Temescher Landwirtschaftsamtes, recht unterschiedliche Auffassungen.

Ministerium und Landwirtschaftsamt hätten bereits vor Abschluss der Ernte von überaus hohen Erträgen gesprochen, was den Preis sofort beeinflusst habe, sagte Matei. Von 0,70 Lei pro Kilogramm sei der Weizen aufgrund dieser euphorischen Aussagen auf 0,60 Lei geschrumpft. Lelescu hingegen konterte und behauptete, gleich nach der Ernte habe kein einziger Bauer unter die 0,80 Lei-Grenze gehen müssen.

Durchschnittliche etwa 4000 bis 4500 Kilogramm Weizen pro Hektar seinen im Kreis Temesch geerntet worden, sagte Lelescu, Viorel Matei hingegen blieb mit seinen Prognosen bei unter 4000 Kilogramm. „Im Raum der Ortschaften Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare, Gertjanosch/Cărpiniş und Lowrin/Lovrin hat sie auch 8000 Kilogramm/Hektar ergeben“, behauptet Lelescu.

In den Medien hatte Lelescu noch vor Kurzem behauptet, er erwarte durch die hohen landwirtschaftlichen Erträge eine Senkung des Brotpreises – die Teigwarenhersteller hingegen hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass sie am unteren Limit der Gewinnspanne produzieren und deshalb ist wohl kaum mit Ermäßigungen bei Brot zu rechnen.


Lange nicht gehört: Rumänien als Kornkammer

Der Landwirtschaftsminister Valeriu Tabără hingegen jubelt: „In den Papieren ist die Rede von 7,2 Millionen Tonnen Weizen in diesem Jahr, in Wirklichkeit kann ich sagen, dass in Rumänien in diesem Jahr acht Millionen Tonnen geerntet wurden“. Der Minister schätzt, dass mehr als vier Millionen Tonnen für die Ausfuhr verfügbar sind.

Dadurch sei Rumänien erneut zur Kornkammer geworden, vor allem weil der Weizen von gehobener Qualität sei. „Es gibt Verwaltungskreise, in denen der Weizen zu 100 Prozent als Brotgetreide verwendet werden kann. Der Landesdurchschnitt liegt bei 80 Prozent“, wird der Minister von der Medienagentur Mediafax zitiert. Auch sonst sind in der Statistik des Ministeriums gute Ertragswerte verzeichnet oder prognostiziert.

So wird die Maisproduktion elf  Millionen Tonnen überschreiten, Sonnenblumen wird es 1,6 Millionen Tonnen geben und damit einen historischen Rekord verzeichnen. Die Erträge bei Herbstkartoffeln werden auf 3,5 Millionen Tonnen geschätzt, was gute Werte ausmacht, genauso wie der Landwirtschaftsminister mit 765.000 Tonnen Weintrauben rechnet und dies bei einer Qualität, die jene aus den vergangenen Jahren überschreitet.

Schon auf vier Prozent der bebauten Fläche hätten die Winzer 29.000 Tonnen gelesen. Allein die Sojabohne fehle auf den Feldern Rumäniens. Hier könne man eine Fläche von einer Million Hektar bebauen, sagte Valeriu Tabără. Zum Thema Sojaanbau gibt es ein interessantes Ereignis aus dem Jahr 2006. Im Naturschutzgebiet Comana in der Nähe des Donauhafens Giurgiu war eine Plantage mit genmanipulierten Sojabohnen entdeckt worden.

Auf der Internetseite von Greenpeace hieß es damals, dass durch diese Kultur ein Regierungsbeschluss ignoriert worden sei, der besagt, dass zwischen genmanipulierten Kulturen und Naturschutzgebieten mindes-tens 15 Kilometer liegen müssen. Fachleute behaupten, dass Gen-Soja besonders widerstandsfähig gegen allerlei Vertilgungsmittel sei, was den Anbau der Sojabohnen besonders rentabel mache. Andererseits beeinträchtigen diese Mittel jedoch erheblich die Biodiversität.

„Dürre“. Leises Bangen schwingt mit

Unter den gegebenen Umständen könne man von „einer ersten Normalität in der Landwirtschaft“ sprechen, sagt Tabără. Es gäbe natürlich Verzerrungen, was Angebot und Nachfrage betrifft. „Nicht die Agrarwirtschaft ist Schuld an der Preisentwicklung. Ich werde nicht zulassen, dass auf die Bauern Druck ausgeübt wird, damit diese billiger verkaufen müssen, wie es Spekulanten jahrelang getan haben“, sagte der Minister am vergangenen Wochenende.

Statistiken beweisen, dass vor einigen Jahren die mit Mais bebaute Fläche die drei Millionen-Hektar überschritten hat, derzeit ist diese Fläche auf 2,2 Millionen Hektar heruntergegangen. Gleichzeitig ist auch das Potential heruntergegangen, die Produkte in der Viehzucht zu nutzen. Mais gehe verstärkt in andere Sektoren als in jene der Futtermittel, sagte Tabără und gab als Beispiel die USA, „wo Mais zur Erzeugung von Ethanol verwendet wird. In Deutschland geht Mais in die Herstellung von Biogas und Strom“. Und: „Wir werden eine solche Entwicklung ebenfalls nicht umgehen können“.

Über diese guten Ernten hinaus sieht der Minister durch die lange Dürreperiode Probleme, was die Aussaat in diesem Herbst betrifft. Raps solle daher nicht früher ausgesät werden, als die Witterungsverhältnisse es zulassen. Raps wird nämlich auf etwa 600.000 Hektar angepflanzt, der Ertrag belief sich in diesem Jahr auf etwa 800.000 Tonnen. „Noch macht die Dürre uns nicht zu schaffen. Noch nicht“, schloss er.