Unsere kleinen Wurzeln

Buch über Kindervolkstanz schließt Marktlücke

Bei der Vorstellung des Buches „Unsere kleinen Wurzeln“ (v.l.n.r.): Caroline Horak, Ludwig Berghold, Brigitte Szokob und Edith Singer. Foto: Zoltán Pázmány

Die Lehrerinnen, die bei der Buchpräsentation dabei waren, bekamen je ein Buch geschenkt. Foto: Zoltán Pázmány

Temeswar – „Unsere kleinen Wurzeln“ heißt das Buch, das am Wochenende im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar/Timişoara feierlich vorgestellt wurde. Herausgegeben wurde es von dem Jugendtrachtenverein Banater Rosmarein und beinhaltet Anleitungen zum Erlernen und Unterrichten von Kinderspielen, -tänzen und –liedern. Das Buch kommt vor allem LehrerInnen und Kindergärtnerinnen zu Gute, die ihren Klassen Volkstänze beibringen wollen. Die drei Buchautoren sind Ludwig Berghold, Caroline Horak und Brigitte Szokob.

„1996, als ich ins Lehramt eingestiegen bin, gab es Kindergruppen, die deutsche Tänze tanzten, allerdings fand ich da nicht das wieder, was man unter Kindervolkstanz versteht“, sagt Brigitte Szokob, Lehrerin am deutschen Nikolaus-Lenau-Lyzeum in Temeswar. Die Kinder trugen damals keine Kindertrachten und tanzten keine typischen Kindertänze, sondern es war „mehr Improvisation, was man damals tat. Mit meiner damaligen Klasse gründeten wir eine Kindertanzgruppe, die authentische Tänze vorführte. Dafür haben wir damals auch Feldforschung betrieben, wir haben alte Fotos herbeigesucht und authentische Kindertrachten genäht“, erinnert sich Brigitte Szokob, die seit über 15 Jahren die Kindertanzgruppe Hänschen-Klein betreut. Diese Tänze und Lieder kämen auch heute bei den Kindern gut an, so Brigitte Szokob.

Dass sich Kinder von Tänzen wie „Goldene Brücke“ oder „Häschen in der Gruppe“ immer noch begeistern lassen, das konnte man am Samstag im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus beobachten. Auf der Bühne im Festsaal führten die Kleinen einige Kindertänze vor. Im Saal saßen nicht nur Eltern und Angehörige der Kinder, sondern auch Lehrerinnen und Erzieherinnen, die sich an Brigitte Szokobs Tätigkeit ein Beispiel nahmen. In dem Buch „Unsere kleinen Wurzeln“ können diese nachlesen, wie die Kindertänze richtig getanzt werden. Zum Buch gibt es eine CD, auf der die Musik zu den im Buch beschriebenen Tänzen zu finden ist, sowie eineDVDmit einigen gefilmten Kindertänzen, aus denen sich die PädagogInnen inspirieren können. Ob die ErzieherInnen tatsächlich auch mit diesem Buch umgehen können, wurde auf Anraten von Edith Singer, der Leiterin des Vereins „Banater Rosmarein“, bei der Buchpräsentation getestet: Auf Gruppen aufgeteilt bekamen die anwesenden Lehrerinnen den Auftrag, in 20 Minuten je einen Kindertanz oder ein –spiel zu erlernen. Zum Schluss der Veranstaltung führten sie das Erlernte vor und zeigten, wie das Buch, das eine Marktlücke in diesem Bereich schließt, eingesetzt werden kann.

Zum Thema Volkstanz hatte es in Temeswar bereits Seminare und Workshops für LehrerInnen gegeben. „Das Problem war aber, dass die meisten Lehrerinnen keine Möglichkeit hatten, die Tänze musikalisch zu begleiten. Dafür können sie nun die CD mit Musik verwenden“, sagt Edith Singer. Eine Kindergruppe unter der Anleitung der Lehrerin Astrid Gavriliu und eine Gruppe vom Montessori-Haus nahmen im Studio von Radio Temeswar einige Lieder auf. Mit der Koordination des Instrumentalteils war Stefan Gärtner beauftragt.

Etwa ein Jahr hatte die konkrete Arbeit an dem Methodik- und Didaktik-Buch zum Erlernen dieser Tänze gedauert. Dies, nachdem bereits im Laufe der vergangenen 20 Jahre viel Material gesammelt wurde. „Ich bin von Ort zu Ort gefahren, wo es noch Deutsche gibt, und habe recherchiert, was es für Tänze früher gab“, sagt Ludwig Berghold aus Österreich, der bereits bei dem ersten Buch, „Unsere Wurzeln“, mit Karla und Felix Sinitean-Singer zusammengearbeitet hat. „Die Förderung der Kleinen muss von der Familie kommen, denn das Kind ist offen für alles“, sagt Ludwig Berghold. Der Buchautor weiß, dass sich die Tänze in Zukunft verändern werden. „Die Jugend muss sich einbringen, sie muss etwas ändern dürfen und das ist das oftmals das Schwierigste. Die Alten müssen das einsehen und flexibler sein“, sagt Ludwig Berghold. „Früher war es kein Problem, der Jugend Volkstänze beizubringen. Die Jugendlichen lernten sie von den Vätern, Müttern und Großeltern. Heute gibt es diese ungebrochene Tradition nicht mehr. Die Stelle der Großeltern soll jetzt das Buch einnehmen“, sagt Buchautorin Caroline Horak.

Bevor sie das Buch überhaupt verfassten, gingen die drei Buchautoren in Schulklassen und Kindergärten, um auszuprobieren, was bei den Kleinen überhaupt ankommt. „Das Experiment hat geglückt. Es war eine lustige Zeit in der Schule und im Kindergarten“, sagt Buchautor Ludwig Berghold. Eine Besonderheit dieses Buches sei, dass darin jede Generation angeprochen wird. Im ersten Teil werden die Lehrer und Pädagogen angesprochen, der zweite Teil widmet sich dem Selbststudium und der dritte Teil umfasst Tänze und Spiele für Kinder - vom Baby- bis zum Jugendalter.

„Wenn die Kinder kinderspezifische Tänze tanzen, dann sieht man es ihnen an, denn ihre Augen leuchten, wenn sie auf der Bühne stehen“, sagt Lehrerin Brigitte Szokob. Werden diese Tänze den Kindern altersspezifisch beigebracht, dann kämen sie bei den Kleinen sehr gut an. Auch wenn die meisten der Kinder, die die deutsche Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar besuchen, nicht mehr deutschstämmig sind, so gebe es trotzdem Interesse, die Kultur und Traditionen der Banater Deutschen zu erlernen. Immerhin sei es nicht nur wichtig, dass man Deutsch sprechen kann, sondern auch, dass man „deutsch denkt und fühlt“, so Brigitte Szokob. Die erste Auflage von „Unsere kleinen Wurzeln“, die mit Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen, des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und im Banat sowie der Banater Jugend gedruckt wurde,  umfasst 500 Exemplare.