270 Jahre seit dem Neubau des Honterus-Gymnasiums

Den Großteil der Baukosten trug die Kirchengemeinde

Gymnasialmatrikel 1742: Aufzeichnung über die Abtragung der alten Schule.(Archiv der Honterusgemeinde)

Gymnasialmatrikel 1743: Text der Inschrift auf der Grundsteinplatte der neuen Schule. (Archiv der Honterusgemeinde)

Wie bekannt sein dürfte, wurde auf Anregung des großen Johannes Honterus im Jahre 1541 ein neues großes Schulgebäude an der Stelle des Klosters neben der Katharinenkapelle südwestlich der großen Pfarrkirche – der heutigen Schwarzen Kirche – errichtet, an der Stelle, wo heute das B-Gebäude des Johannes-Honterus-Lyzeums steht. Es war damals wohl das größte Gebäude der Stadt außer den Kirchen. Westlich davon wurde im Jahre 1559 die Kleine Schule errichtet, dort wo sich  heute das C-Gebäude des Johannes-Honterus-Lyzeums befindet.

Nach zweihundert Jahren segensreicher Schultätigkeit nicht nur für Kronstadt und das Burzenland, sondern auch für das übrige Siebenbürgen und über dessen Grenzen hinaus, begann das alte Gebäude baufällig zu werden, wie uns die im Archiv der Honterusgemeinde aufbewahrte älteste Gymnasialmatrikel (1544 – 1810) berichtet:

„1742. Auf Befehl des hochlöblichen Stadtrates verließen die Studenten die ‘Größere Schule’, die nahe an ihrem Einsturz und Ruin stand, damit sie nicht – vom Brand des Jahres 1689 und von einigen Erdbeben, besonders aber von dem von 1738 sehr erschüttert – unversehens die Studenten und die Schüler – die Pflanzstätte der Stadt Kronstadt – (durch ihren Einsturz) begrabe, weil schon am 4. September zwischen 8 und 9 Uhr die unteren Gewölbe an vielen Stellen sich zu senken begannen, nachdem ihre Verbindungen (Schwibbögen) sich gelöst hatten. Und wenn  sie nicht durch die Sorge des hochlöblichen Magistrats schleunigst zum Verlassen (der Schule) befohlen worden wären, wäre ein solcher Schaden entstanden, daß er niemals wieder gut gemacht hätte werden können. Den Studenten, die die ‘Kleinere Schule’ nicht aufnehmen konnte, wurden (andere) Gebäude in der Stadt angewiesen und nach der Abtragung der ‘Größeren Schule’  wurde eine neue und prächtigere (Schule) nicht nur wiederhergestellt, sondern von Grund auf errichtet“.

Weiter berichtet die Matrikel:

„1743.Nota Bene: In diesem Jahre, nachdem das Fundament der alten Schule (von 1541) ausgegraben wurde, wurde das Fundament der neuen Schule tiefer, fester und breiter gemacht, in welches am 22. Mai eine silbervergoldete Platte von zwölf Unzen (Gewicht) mit einer Inschrift gelegt wurde, die der vornehme Herr Stadtrichter Samuel Herbert hatte machen lassen.

Die Inschrift lautete:

‘Das Fundament der Pflanzstätte die Gott und der Vaterstadt geweiht ist, wurde im Jahre 1743 im Monat Mai (gelegt), als folgende Oberbeamten waren:
Samuel Herbert, Gubernialrat und Geheimer Hofrat, Stadtrichter, Paulus Chrestels, Altrichter, Martinus Closius, Stadthann, Christophorus von Seewald, Althann’“.

Es folgten die Namen der 12 Ratsherren und anderer Beamten, dann der Stadtpfarrer Valentinus Igel, der Gymnasialrektor Johann Filstich und  die Namen der übrigen Lehrkräfte. Jakobus Raab, Hundertmann und Goldschmied, war der Hersteller der Grundsteinplatte.

In der Gymnasialmatrikel wird der 22. Mai 1743 als der Tag der feierlichen Grundsteinlegung verzeichnet. Seither sind heuer 270 Jahre vergangen.

Wie die „Geschichte des Kronstädter Gymnasiums“ von Joseph Dück (1845) berichtet, hatte der Stadtrat im Mai 1743 einen Aufruf an die Bürgerschaft erlassen, den Bau zu unterstützen, wenigstens mit dem Tageslohn für einen Handlanger. Ebenso wurden auch die Burzenländer Gemeinden zur Hilfe aufgefordert, aus denen Kinder das Gymnasium besuchten. Die Spendenaktion hatte leider nicht viel Erfolg, so dass das meiste aus der Kasse der Kirchengemeinde – die die Schulerhalterin war – bezahlt werden musste, insgesamt 13.426 Gulden – nach Joseph Dück, jedoch 16.000 Gulden nach G. M. G. von Herrmann.
Im Jahre 1744 wurde der Bau soweit fertig gestellt, dass am 10. Dezember einige Studenten in das obere Stockwerk einziehen konnten – die Studenten wohnten damals auch in der Schule – während das untere Stockwerk „noch der Maurerkelle bedurfte“, wie es in der Matrikel heißt.

Über der Eingangspforte wurde eine lateinische Inschrift angebracht, die besagte, dass im Jahre 1744 die zerbrochene Schule von Grund aus neu errichtet wurde als Samuel Herbert von Herbertsheim Stadtrichter und Gubernialrat, Paulus Chrestels Altrichter und Valentin Igel Pastor und Schulinspektor waren.
Der Stadtrichter Samuel Herbert – geboren 1693 - war im Jahre 1710 selbst Student am Honterusgymnasium gewesen, hatte  ab 1712 in Wittenberg und ab 1716 in Frankfurt an der Oder studiert.

Nach seiner Heimkehr nach Kronstadt war er ab 1718 städtischer Beamter und wurde von 1729 -  1735 Ratsherr. Als solcher trat er wegen der sogenannten „proportio geometrica“ im Jahre 1731 zur katholischen Religion über. (Das Prinzip der „proportio geometrica“ besagte, dass in den städtischen Behörden mindestens die Hälfte der Beamten Katholiken sein mussten, deshalb war es im überwiegend evangelischen Kronstadt schwer, als evangelischer Beamter Karriere zu machen.)

Samuel Herbert wurde im Jahre 1735 von Kaiser Karl VI. mit dem Prädikat „von Herbertsheim“ geadelt und wurde im gleichen Jahr auch Mitglied des siebenbürgischen Guberniums als Gubernialrat. Er war dann von 1737 – mit Unterbrechungen - bis zu seinem Tod im Jahre 1747 als Stadtrichter der oberste Beamte seiner Vaterstadt. Auch als offizieller Katholik vergaß er seine evangelische Herkunft nicht und die Schule, an der er gelernt hatte. So wurde er auch zum eifrigen Förderer des neuen Gymnasialbaues.
Die zweite in der Inschrift genannte Persönlichkeit - der Altrichter Paulus Chrestels – wurde im Jahre 1679 geboren, war von 1711 – 1719 Stadthauptmann, 1720 – 1734 Ratsherr, mehrere Jahre lang Stadthann sowie in den Jahren 1741 und 1745 Stadtrichter. Er starb am 26. Dezember 1745.

Die dritte Persönlichkeit in der Inschrift über dem Eingang war der Stadtpfarrer und als solcher auch Schulinspektor Valentin Igel. Er entstammte einem aus Niederschlesien nach Kronstadt im Jahre 1527 eingewanderten Geschlecht und wurde im Jahre 1683 als Sohn des Ratsherren gleichen Namens geboren. Im Jahre 1698 wurde Valentinus Igel  in die Kronstädter Gymnasialmatrikel eingeschrieben,  studierte ab 1706 in Jena und kehrte nach vier Jahren nach Kronstadt zurück. Im Jahre 1719 wurde er Stadtprediger und war von 1735 bis zu seinem Tode im Jahre 1751 evangelischer Stadtpfarrer von Kronstadt und in den Jahren 1746 – 1747 auch Burzenländer Dechant.

Von dem Goldschmied Jakobus Raab, der die Silberplatte verfertigte, wissen wir, dass er im Jahre 1707 geboren wurde, sein Handwerk in den Jahren 1724 – 1727 erlernte und im Jahre 1732 Meister wurde. In den Jahren 1741 – 1747 war er Orator oder Sprecher der jungen Meister und starb als Mitglied der Altschaft der Goldschmiedzunft im Jahre 1780.

Das neue Gymnasialgebäude wurde erst im Jahre 1748 vollendet und diente in dieser Gestalt fast ein Jahrhundert lang dem Unterricht. Im Jahre 1834 mussten „die zwei schon morschen oberen Stockwerke des Gymnasiums abgetragen werden“ und wurden neu errichtet im damals üblichen klassizistischen Baustil. So erhielt das Schulgebäude im Wesentlichen sein heutiges Aussehen, das auch bei der jüngsten Renovierung in den Jahren 1994 – 1996 beibehalten wurde.