Anpassung an die moderne Gesellschaft

Blick auf den Kronstädter Marktplatz und die Kornzeile Ende des 19. Jahrhunderts Foto: Carl Muschalek (Archiv)

Kronstädter Handelsangebote vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts (I)
Die Innere Stadt war immer ein besonderer Anziehungspunkt in der Geschichte, sowohl für Geschäftsleute als auch Käufer. Wandert man heute auf dem Alten Kronstädter Marktplatz, in der Purzen- oder der Klostergasse, den Nebenstraßen, die als Fußgängerzonen gestaltet wurden, wird man feststellen, dass diese vor allem durch die eingerichteten Gaststätten und Cafés gekennzeichnet sind. Es sind noch kaum Fachläden da anzutreffen, die Angebote in anderen Bereichen machen. Möglich, dass  durch die  seit März 2020  um sich greifende Coronavirus-Epidemie, den eingeführten  Sicherheitsmaßnahmen, die Betreiber dieser Gaststätten und Terrassen aus dem unrentabel gewordenen Geschäft aussteigen und sich wieder anderen  Bereichen zuwenden. Auch für die in alten Gebäuden eingerichteten Hotels und Jugendherbergen ist die Lage besorgniserregend geworden.

Historischer Rückblick
Ende des 19. Jahrhunderts  wurde die Umwandlung von der mittelalterlichen zur modernen Stadt  eingeleitet. Auch der Handel vollzog seine Anpassung an die moderne Gesellschaft.  Der 1881 gegründete Verschönerungsverein  hat diesbezüglich eine wichtige Rolle gespielt.  Dieser setzte sich auch für die Gestaltung von Spazierwegen ein, wie beispielsweise der Burgpromenade, der Zinnenwege, der Postwiese, des Königsweges, des Weges vom Raupenberg zum Hangestein.  1895 wurde der obere Teil der Purzengasse asphaltiert, wie auch die Kornzeile, die somit zum Korso der Kronstädter gestaltet wurde. Wenige Jahre darauf wurde auch der Marktplatz gepflastert, wie auch andere Straßen der Inneren Stadt, was bis 1910 erfolgte.  Vorher wurde die Kanalisation 1907/1908 vorgenommen. Dadurch entwickelte sich ganz besonders der Handel in diesem Stadtgebiet. Blättert man in dem 1891 erschienenen „Neuen Führer durch Kronstadt, herausgegeben vom Städtischen Fremdenverkehrscomite“, wird man überrascht von den zahlreichen schon bestehenden Geschäften und deren unterschiedlichem Angebot. Die meisten Läden sind auf dem Marktplatz, auf dessen Korn-, Flachs- und Blumenzeile anzutreffen gewesen.  Auf der Kornzeile Nr. 6 bot die Firma Victor Teutschs Nachfolger in ihrer da eröffneten Lederhandlung verschiedene Ledersorten, Sohlen, Schuhmacherzubehör zu den billigsten Preisen an und nahm auch Reparaturaufträge entgegen. In dem Laden auf Nr. 3 empfahlen die Brüder Simay Mode- und Manufakturwaren. Diese besaßen auch  ein großes Lager mit fertiger Damenwäsche. Die Buchhandlung Wilhelm Hiemesch (auf Nr.7) besorgte für die Käufer nicht nur  alle Zeitschriften und „Lieferungswerke“ portofrei und lieferte sie auch ins Haus, sondern auch die „gediegenen Werke der deutschen, ungarischen und französischen Literatur“, wie auch Reiseführer, Landkarten, Briefpapier und Postkarten mit Ansichten von Kronstadt, wie dem Werbekasten zu entnehmen ist. Ebenfalls auf der Kornzeile Nr. 10 bot Malcher‘s Nachfolger Johann Taflan die begehrten japanischen Dekorationsgegenstände, „Fantasiespiegel, Alpacca-Silberwaren, reizende Geschenke-Kleinigkeiten“ u.a. an. Küchenbedarf konnte man bei Servatius & Graef ebenfalls auf der Kornzeile Nr. 9  zu den „billigst festgesetzten Preisen“ einkaufen. In der da befindlichen Schutzengel-Apotheke  konnte man eine Vielfalt an Toiletten-Artikel erwerben. Außer Kosmetika, hygienischen Angeboten, waren für Touristen die „Marschpastillen“ im Angebot  die den Körper ausdauernd machen, die Atemnot nehmen und bewirken dass die größten Strapazen mit Leichtigkeit ertragen werden konnten. Gibt es wohl so etwas noch in den heutigen Angeboten? Schließlich  konnte man bei vorzüglicher Küche  alte und Tischweine  im Weinhaus im Alten Rathaus genießen, wobei die „Stammgäste aus den besten Schichten der Gesellschaft“ stammten. Die Gaststätte wurde mit Vorliebe auch von Fremden besucht.

Blieb man auf dem Marktplatz, konnte man auf der Blumenzeile  (Nr. 12) bei Josef Teutsch Nachfolger Metallwaren (Eßbesteck, Zuckerzangen), Glas- und Gummiwaren, aber auch Bergausrüstungen einkaufen.  Eben-falls auf der Blumenzeile 1 und der Hirschergasse, gab es das Bank-Geschäft  von Jacob Adler, wo man Wertpapiere, Lose, Pfandbriefe  zu den besten Angeboten  anbieten und einlösen konnte. Nicht zu übersehen war da auch die Mohren-Apotheke  von Julius Hornung, in der nicht nur Verbandsstoffe und chirurgische Artikel zu kaufen waren, sondern wo auch Analysen übernommen wurden. Eine neue Apotheke  „Zur weißen Kirche“ gab es auch auf der Flachszeile (Nr. 32) des Marktplatzes, die auch über ein reichhaltiges Lager an Mineralwässern verfügte. Auf Nr. 27 konnte man sich Hüte aller Art und in bester Ausführung kaufen. Auf Nr. 29 war das gut besuchte Mode-, Tuch und Weißwarengeschäft der Brüder Laszlo  ein weiterer Anziehungspunkt. Daneben auf Nr. 31 der Flachszeile  befand sich das Lager A. Meschendorfs, in dem es einen reichen Bestand an Hausweberei, Leinwand, Schnittwaren zu billigsten Preisen gab. Vom Marktplatz ging es dann in die Purzengasse.       

(Fortsetzung folgt)