Außergewöhnliche Herausforderungen für den Schulunterricht

Beim Honterus-Nationalkolleg wird versucht, sich den neuen Umständen anzupassen

Es steht fest: die Schule beginnt voraussichtlich erst im September. Foto: KR-Archiv

Das Schuljahr 2019/20 soll ordnungsgemäß abgeschlossen werden, versicherte Unterrichtsministerin Monica Anisie wiederholte Male. Lediglich um eine Woche könnte das Schuljahr verlängert werden. Dabei sollen die vorgegebenen Lernziele möglichst ohne große Wissenslücken erreicht werden. Aber der reguläre Schulunterricht läuft seit dem 11. März nicht mehr - eine außerordentliche Maßnahme um die Ausbreitung des neuen Coronavirus einzudämmen und zu verlangsamen. Wann der normale Schulbetrieb wieder aufgenommen wird, stand in der letzten Aprilwoche nicht endgültig fest. Mitte Mai, wahrscheinlich aber erst  Anfang Juni sind zwei in Umlauf gesetzte Varianten.


Vorbereitung auf Prüfung hat Vorrang
Für Radu Chivărean, Direktor des Nationalkollegs Johannes Honterus, wäre es selbstverständlich optimal, wenn ab 15. Mai, gleichzeitig mit der Aufhebung des Notstandes, auch die Schulen ihre Tore öffnen würden. Ob das der Fall sein wird, hängt von dem Verlauf der Pandemie ab. Bis Ende Juni könnte eventuell das Schuljahr abgeschlossen werden; im Juli könnten, laut Unterrichtsministerium, die Bakk-Prüfung sowie die Prüfung der Achtklässler für die Lyzeumszuteilung abgehalten werden. Geprüft (wahrscheinlich nur in schriftlicher Form) wird nicht aus dem Lehrstoff, der im zweiten Semester dieses Schuljahres unterrichtet werden sollte. So sollen für alle gleiche Chancen gelten, heißt es, da nicht alle Schüler während der Schulschließung über die notwendigen technischen Voraussetzungen verfügten, den angebotenen Online-Unterricht zu verfolgen. Dass nun nach den Osterferien, laut Ministerbeschluss, der Online-Unterricht zur Pficht wird, ist eine umstrittene Notlösung weil niemand weiß, wie viele Schüler landesweit dieser Pflicht überhaupt nachkommen können, einfach weil sie keinen Computer, Tablet oder Smartphone besitzen und nicht über einen Internetanschluss verfügen. Diese moderne Form von Fernunterricht setze nicht nur den Besitz solcher Technik voraus, meint Direktor Chiv²rean, sondern auch die entsprechende Einstellung seitens der Schüler. Was die  Ausstattung betrifft, sei davon auszugehen, dass die große Mehrheit der Honterusschüler darüber verfügt. Aber manche der Schüler hätten den Unterricht selbst im Klassenzimmer nicht ernst genommen. So könne man kaum erwarten, dass sie das freiwillig von zu Hause tun werden. Der Honterus-Schulleiter ist im Kontakt mit den Fachlehrern sowie mit dem Vorstand des Elternbeirats und hat gleich mehrere on-line-Unterrichtsplattformen an sie weitergeleitet und empfohlen. Hilfreich sei auch das Lernangebot via Staatsfernsehen (TVR 2 „Tele-{coala“ für die XII. und die VIII. Klasse).
Leider entfällt in diesem Jahr das Honterusfest, wie auch die Beteiligung an internationalen Schulprojekten und -austauschprogrammen im Rahmen des Erasmus-Plus-Programmes. Vier Honterus-Schülergruppen und ihre Lehrer müssen nun auf die geplanten Reisen zu den Partnerschulen verzichten. Auch die Projekte der „Schule anders“-Woche fallen aus oder müssen komplett neu umgestaltet werden.

Noch viele offene Fragen
Änderungen wird es auch im Schulalltag geben. Grundvoraussetzung bleibt die gesundheitliche Sicherheit von Schülern und Lehrkräften. Ohne dieses Sicherheitsgefühl wird es auch kein erfolgreiches Lernen geben. Aber wie soll der soziale Abstand in den relativ engen Klassenräumen, Treppenaufgängen und Fluren gewahrt werden? Geteilte Klassen, Unterricht in mehreren Schichten oder abwechselnder Wochenrhythmus für verschiedene Klassen? Kommen alle Klassen gleichzeitig „auf einen Haufen“ wieder zur Schule oder haben die Abschlussklassen der Unterrichtszyklen (XII., VIII., IV. Klassen) Vorrang oder die Grundschulklassen, wie das in manchen skandinavischen Ländern der Fall ist? Wie schützt man Lehrer, die bereits in Rente sind, aber weiterhin unterrichten oder Lehrer und Schüler, die zu Hause zusammen mit Familienmitgliedern wohnen, welche zu den Risikogruppen gehören? Muss man auf die Schulbusse verzichten, weil da auf engem Raum die gegenseitige Ansteckungsgefahr beträchtlich höher ist? Oder werden zusätzliche Schulbusse eingesetzt? Wie wendet man die allgemeine Maskenpflicht bei den kleinsten Schülern an?
Es sind dies, auch beim Honteruskolleg, noch offene Fragen. Was bereits getan wurde, berichtet Schulleiter Radu Chiv²rean, dient einer besseren allgemeinen Hygiene. Desinfektion der Klassenräume und Flure, Seifenspender in den Toiletten, wobei bei einigen auch Warmwasser zur Verfügung steht, sind in diesen Zeiten unabdingbare Schutzmaßnahmen. Niemand kann aber garantieren, dass das gefährliche Coronavirus nicht auch in den Schulen auftaucht und sich da ausbreitet. Zum Glück soll das Virus für Kinder und Jugendliche weniger gefährlich sein. Aber sie tragen es nach Hause und stecken vielleicht auch ihre Lehrer an, selbst wenn diese auf die Wahrung eines Sicherheitsabstandes nun besonders gut aufpassen werden. Besonders schwer wird es sein, solche Regeln in den Grundschulklassen einzuhalten. Die Kleinsten verstehen kaum den Sinn der Schutzmaßnahmen, spielen miteinander, umarmen sich, suchen die persönliche Nähe zu ihrer Lehrerin. Die muss nun auf Distanz zu ihren Schützlingen gehen, ohne dass ihre Schüler dies Verhalten als Strafe oder als Lieblosigkeit empfinden.
Inzwischen wurde am Montag bekannt gegeben, dass der reguläre Schulbesuch erst im September aufgenommen wird. Ausnahme machen die Schüler der VIII. und der XII. Klassen, die sich an Vorbereitungsstunden für die in den nächsten Wochen bevorstehenden Prüfungen beteiligen können – alles unter Wahrung strikter gesundheitlicher Vorschriften (z.B. Sicherheitsabstand und maximal 10 Schüler in einem Klassenraum).
Die zuständigen Behörden haben erkannt, dass zu diesem Zeitpunkt die gesundheitliche Sicherheit von Schülern und Eltern in den Schulen unter den gegenwärtigen Umständen nicht für alle garantiert werden kann. Es wurde beschlossen, dort, wo möglich, den Unterricht online fortzusetzen und abzuschließen. Das Schuljahr 2019/20 wurde praktisch am 11. März abgebrochen – eine extreme Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung, selbst wenn das negative Folgen z.B. in der Wirtschaft (viele Eltern bleiben zu Hause) mit sich bringt.