Der Weiße Turm

Sein Name ist dem hellen Verputz zu verdanken

Die halsbrecherische Treppe, welche heute zum Weißen Turm führt. Foto: Ralf Sudrigian

Wie auch der Schwarze Turm, gehört der Weiße Turm zu den Außenbefestigungen des mittelalterlichen Kronstadts. Er steht auf einem Felsvorsprung am Raupenberg auf der Nordseite der Inneren Stadt, in einer Entfernung von etwa 60 Metern auf der Horizontale und bei etwa 30 Metern Höhenunterschied zu den Stadtmauern.

Der Weiße Turm hat einen etwa halbkreisförmigen geschlossenen Grundriss, mit dem runden Teil bergwärts, während der gerade Teil zur Stadt sieht. Gegen den Berghang ist der Turm 18 Meter hoch, gegen die Stadt zu 20 Meter. Die Mauern haben unten eine Dicke von etwa 4 Metern und verjüngen sich nach oben. Im Innern hatte der Weiße Turm für die Wächter und Verteidiger vier Wehrgeschosse, von denen nach außen Schießscharten für Hakenbüchsen und auch für kleine Kanonen gehen. Oben war der Weiße Turm mit Zinnen gekrönt.

Die Wehrkraft des Turmes war wesentlich verstärkt durch die vier gedeckten Schusserker auf starken Konsolen. Von hier konnten heiße Flüssigkeiten – Wasser oder Pech – auf die Angreifer geschüttet werden. Im Inneren des Turmes ist auch ein Rauchfang über einem Herd erhalten geblieben, der zur Erhitzung der Flüssigkeiten, aber auch zur Erwärmung für die Wächter dienen konnte.

Der Zugang zum Weißen Turm erfolgte über eine Leiter durch eine Türe auf der Stadtseite. Die Versorgung des Turmes mit Nahrungsvorräten und Munition erfolgte aus der Graftbastei, die direkt unter dem Weißen Turm liegt und wie eine Brücke über die Graft zu den inneren Befestigungsanlagen führte.
Nach Angaben der alten Chroniken wurde der Weiße Turm im Jahre 1494 oder schon 1460 errichtet. Seinen Namen führte der Turm nach dem hellen Verputz, zum Unterschied von dem durch einen Blitzschlag geschwärzten Schwarzen Turm. Der Weiße Turm war den Zünften der Zinngießer und der Kupferschmiede zur Verteidigung anvertraut. Im Jahre 1678 kaufte sich die Zinngießerzunft von der Verpflichtung zur Verteidigung des Turmes frei, weil die Zahl der Meister stark gesunken war.

Beim Großen Brand von Kronstadt am 21. April 1689 wurde auch der Weiße Turm vom Feuer erfasst und brannte ab. Erst im Jahre 1723 wurde er wieder hergestellt. Eine Aktion zu seiner Restaurierung begann im Jahre 1900 und wurde im Jahre 1902 unternommen.

Im Jahre 1974 begannen neue Renovierungsarbeiten am Weißen Turm unter der Leitung des verdienstvollen Architekten Günther Schuller, um dem Turm sein ursprüngliches Aussehen wiederzugeben. Diese Arbeiten waren ein Beitrag der Stadt Kronstadt zum Europäischen Jahr des Denkmalschutzes 1975. Die damalige Renovierung war ein Beweis für die Sorge des Staates für die Baudenkmäler und sollte Kronstadt um einen touristischen Anziehungspunkt bereichern.

Eine neue Zeit für den Weißen Turm begann nach der Wende von Dezember 1989, als Architekt Schuller im Jahre 1991 die wirtschaftliche Nutzung des Weißen Turms vorschlug.

Eine erste Renovierung, etwa 2000, verwandelte den Weißen Turm in einen „Grauen Turm“. In den Jahren 2004–2005 wurde der Weiße Turm dann gründlich neu renoviert, mit einem Glasdach versehen, dazu eine hölzerne Zugangstreppe mit Aussichtsplattform angebaut und im Innern ein Museum eingerichtet. Die feierliche Eröffnung fand am 26. August 2005 durch den Kreisratsvorsitzenden Dr. Ing. Aristotel Căncescu und durch den Direktor des Kreismuseums für Geschichte, Radu Ştefănescu statt. Auf dem Weißen Turm weht die einer Fahne aus dem Jahre 1601 nachgestaltete Stadtfahne von Kronstadt, wie auch auf der Aussichtswarte und vor dem Kreisratsgebäude. 
Zum Weißen Turm führt heute von der Graftbastei ausgehend eine neue halsbrecherische Diretissima-Steintreppe.