Eine süße Initiative 

Ischlertörtchen als gastronomisches Wahrzeichen Kronstadts

Schon fast zwei Jahre ist es her, dass sich Besitzer von Restaurants, Bistros, Cafes und Kneipen aus der Kronstädter Innenstadt unter dem Namen „Zunft der Kronstädter Gaststätteninhaber“/Breasla Cârciumarilor Brașoveni vereint haben. Insgesamt 15 Lokale, hauptsächlich kleine Familienunternehmen, sind bislang Teil dieser Nichtregierungsorganisation, die in den letzten Monaten besonders aktiv geworden ist. Sie zeigen sich sehr entschlossen, das Gaststättengewerbe, wie auch deren Kunden, die sie in der Stadt vertreten, zu unterstützen. Auch beteiligen sie sich aktiv am Kronstädter Gemeindeleben, setzen sich für qualitativen Tourismus ein und für eine enge Zusammenarbeit mit der Lokalverwaltung. Ihrem Engagement verdanken rund 10.000 Angestellte, die in 350 Lokalen arbeiten, das Beibehalten ihrer Arbeitsstelle, Inhaber mussten bis vor Kurzem die Pforten ihrer Lokale nicht schließen, Touristen konnten bis zum 25. Oktober in Kronstadt bewirtet werden.


Das Comeback des Ischlertörtchens
Ein sehr aktuelles Projekt der Zunft ist die Wiedererfindung des Ischlers, das sind zwei mit Konfitüre gefüllte und mit Schokoladeglasur verzierte Mürbteigkekse. Nach mehrmonatigen Besprechungen ließen die Gaststätten dieses bekannte aber in Vergessenheit geratene Dessert in neuem Glanz erscheinen. Seit August ist der Kuchen, der unter Kaiser Franz Josephs und Kaiserin Sisis Lieblingssüßigkeiten gehört haben soll, in vielen Restaurants, Kaffeehäusern, Bistros, auch in einer Bäckerei zu haben. Er soll die Mitglieder der Zunft vereinen und identifizieren, sagen deren Vertreter. Er soll zum gastronomischen Wahrzeichen der Stadt werden. “Es ist ein Dessert, das an die Kindheit erinnert und das einfach köstlich schmeckt” erklärt Oana Coantă, Vorsitzende der „Zunft der Kronstädter Gaststätteninhaber“.


Jedes Lokal hat das klassische Rezept an sein Spezifikum angepasst, sodass kein Ischler dem anderen gleicht. Die Füllung ist nicht mehr Konfitüre, wie im ursprünglichen Rezept vor 170 Jahren, die Variation geht nun von Schokocreme, über Cremen mit Zitrone, Banane, Lime oder Karamell, bis zu Colivă (Opferkuchen aus gekochtem Weizen, Honig und Nüssen, der bei den Orthodoxen nach Beerdigungen und bei Trauerbroten zur Erinnerung an einen verstorbenen Menschen verteilt wird). 
Ein Pub beispielsweise hat ein Rezept mit Braunbier und Datteln erfunden, ein Kaffeehaus stellt es mit äthiopischem Kaffee her. Ein Restaurant, das ein reiches vegetarisches Menü anbietet, füllt seine Ischler mit Käse und Lime, die Glasur wird mit Matcha und Spirulin, grün und blau, gefärbt. Zur Dekoration der Ischler, die in den Lokalen im Stadtzentrum zu kriegen sind, gehören beispielsweise Rosenblätter, klein gehackte Pistazien, gesalzene Nüsse, Mandelsplitter, Himbeeren, oder auch Eiscreme. Die Auswahl ist sehr groß und steigt ständig. Ein solch hausgemachter Kuchen kostet ungefähr 16 bis 20 Lei.


Hausgemacht nach alten Rezepten
Wer in Kronstadt aufgewachsen ist, erinnert sich wahrscheinlich an die Ischler, die es in Konditoreien zu finden gab, aber auch in Küchen zahlreicher Omas oder Tanten. Antonela Panțuru hat das Rezept einer Alten aus ihrer Nachbarschaft, auf der Dealul Straja-Straße, über Jahre behalten. In ihrem „Bistro Albert“ auf der Purzengasse bietet sie nun die feinen Butter-Nuss-Kekse, die auf der Zunge zerschmelzen, mit Kakaocreme-Füllung und einem Schuss Rum an, die mit schwarzer Schokolade übergossen werden. Die Mittvierzigerin ist stolz auf ihre besondere Nachspeise. Nur rund 20 Stück kann sie pro Tag anfertigen, der Prozess sei etwas mühsam. Auch ihre Kollegen aus der Zunft haben nur etwa 15-20 Stück täglich im Angebot. Kommt man zu spät, sind die Törtchen weg.
 

Ischler-Tour
Es gibt Kronstädter, die Ischler-Touren in der Stadt unternehmen, um das kleine Dessert auszuprobieren und untereinander zu vergleichen. „Mir schmeckt der Ischler mit Schokoladenfüllung am allerbesten“ sagt Ioan, ein Junge der mit seiner Mutter bereits mehr als zehn Törtchensorten in zwei Wochen gekostet hat. Seine Mundwinkel sind braun, sein Lächeln zufrieden. Das ursprünglich österreichische Dessert, das in Bad Ischl erfunden wurde, wo die Sommerresidenz der Habsburger Kaiserfamilie war, ist nun auch seine Lieblingsmehlspeise. Zusammen mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder Constantin backt er wöchentlich diese Leckerei, manchmal auch mit Schokoladenfüllung, so wie sie in den 50er Jahren des XX. Jahrhunderts von einem Konditor aus Bad Ischl angepasst wurde. Andere Male wählt er dafür Konfitüre oder Mandelmus. Den wenigen Bekannten, die in dieser Zeit aus anderen Städten zu Besuch kommen, empfiehlt der Bub die beliebte Ischler-Tour. Es ist wohl vorauszusehen, dass eines Tages Touristen extra für diese Delikatesse in die Stadt unter der Zinne reisen werden, doch wohl eher nachdem die Covid-Pandemie zu Ende geht.  Die meisten Lokale bieten den Ischler auch zum Mitnehmen. 

 

Ab dieser Woche nur auf Terrassen 
Auf ihre Anforderung dürfen die Vertreter der „Zunft der Kronstädter Gaststätteninhaber“ ab Oktober an jeder Sitzung des Kreisausschusses für Notsituationen teilnehmen, wobei Entscheidungen nach Absprache getroffen werden. Der Entschluss kam Mitte diesen Monats, nach einem Treffen mit Präfekten C˛t˛lin V˛sîi und der Leiterin des Gesundheitsamts (DSP), Adnrea Neculau. In einer Pressemitteilung gaben die DSP und der Kreisausschuss für Notsituationen bekannt, dass die hohe Inzidenzrate mit Covid-Fällen in Kronstadt nicht auf die Restaurants zurückzuführen sei, sodass diese geöffnet bleiben dürfen. Allerdings konnten nur 30 Prozent der Plätze einer Einheit besetzt werden. Alle Mitglieder der Zunft haben an der Eingangstür eine Informierung mit der verfügbaren Anzahl von Sitzplätzen angebracht. Die bereits geltenden Regelungen, beziehungsweise, dass höchstens sechs Personen an einem Tisch sitzen dürfen, dass die Tische zwei Meter entfernt voneinander sein müssen, aber auch die Maskenpflicht für alle Menschen die im Lokal stehen, oder gehen, sowie die Desinfektion der gemeinsamen Räumlichkeiten wurden eingehalten. Leider können ab Montag, dem 26. Oktober, die Gaststätten keine Kunden mehr in den Innenräumen empfangen, da in Kronstadt die Inzidenzrate des Covid19 3/ Tausend Einwohner überschritten hat. Ausnahme machen die Bars und Restaurants aus Hotels und Pensionen, die lediglich ihre Kunden bedienen dürfen. Die Restaurants und Fast-Foods werden weiterhin Essen nach Hause liefern dürfen. Und bei gutem Wetter kann man auch im November auf den Terrassen der Gaststätten bedient werden. 


Gemeinsame Projekte
Es gibt schon Anwärter, die gerne in die Zunft aufgenommen werden wollen, um ständig über die Neuheiten im Bereich informiert zu werden, um gegebenenfalls eigene Vorschläge einzubringen und auch mitzureden, wenn Entscheidungen getroffen werden, die ihren Bereich betreffen. Die Zunft machte sich erst vor wenigen Wochen durch ein gemeinsames öffentliches Projekt bemerkbar. Anfang September organisierte sie über ein ganzes Wochenende einen Markt am Johannisplatz, wo sie ihre eigenen, lokalen Produkte angeboten haben. Feine Kronstädter Eiscreme, Tortilla Chips und Bier, besondere Sandwiches, Kaffee aus frisch gemahlenen brasilianischen Kaffeebohnen, aber auch Gulasch waren nur einige der Leckereien, die es zu kaufen gab. Ein weiteres Projekt haben sie im Vorjahr vollbracht, als sie die Änderung der Regelung bezüglich der Vermarktung von Produkten und Diensten auf Märkten beantragt und teilweise erreicht haben. Die Gaststätteinhaber wollen gemeinsam als Verein stark sein und scheinen auf dem besten Weg in diese Richtung zu sein.