Erwachsenwerden...live auf der Bühne

Zur Theaterpremiere von „ImPuls“

Die Zwölf von „ImPuls“ nach der Premiere.
Foto: Christine Chiriac

Schon zum zweiten Mal überrascht „ImPuls“, die Theatergruppe des Deutschen Jugendforums Kronstadt: mit einer Aufführung im Kulturzentrum Redoute, mit souveräner Selbstorganisation, mit pikanter Thematik. Am Freitag fand vor vollem Saal  – fast möchte man „ausverkauft“ sagen – die Premiere des Stücks „Die Frauenmenagerie“ statt. Der Text ist eine Kollage von  Isolde Cobe], Schauspielerin des Deutschen Staatstheaters Temeswar und Leiterin der Schülertheatergruppe des Nikolaus-Lenau-Lyzeums.

Der junge und begabte Kunstschüler Edgar ist nun 18 - also schon volljährig, aber noch nicht erwachsen. Seine Mutter kommt ihm zu streng vor, seine junge Schwester zu naiv – keine von beiden scheint ihn zu verstehen.

Er macht sich selbstständig – alles andere als einfach! - und lernt Schritt für Schritt die komplizierte Welt der Frauen kennen: Mal begegnet er dem gleichgültigen Straßenmädchen, mal der depressiven Süchtigen, mal einer raffinierten, mysteriösen Dame, die ihren Namen nicht verraten will. Seine junge Klassenlehrerin verliebt sich in ihn, er verliebt sich in eine Nachbarin, die mit einem anderen verlobt ist. Über den Weg laufen ihm eine attraktive Ärztin, eine Verrückte, die ihn verfolgt, die Hausbesitzerin, die ihm die Miete verlangt.

Inspiriert ist dabei die Regie von „ImPuls“: Edgar wird der Reihe nach von drei Jungen gespielt, was nicht nur alle männlichen Mitglieder der Theatergruppe aktiv am Schauspiel teilnehmen lässt, sondern auch die Figur Edgar selbst einer Transformation aussetzt. Mit jeder Etappe seines Suchens wird Edgar „ein anderer Mensch“, er kommt dem Erwachsenwerden immer näher. Zum Schluss entschließt er sich, das ungebundene Künstlerleben, das er nun reichlich ausprobiert hat, doch aufzugeben, und geht zum Studium auf die Kunstakademie.

Was bei „ImPuls“ noch besser werden könnte: die Aussprache, die Grammatik, die Expressivität auf der Bühne  –  mit einem Wort das, was ein engagierter Lehrer, ein Profischauspieler, ein Theaterpädagoge oder auch nur ein erfahrener Hobby-Bühnenfan ohne Aufwand korrigieren könnte. Das „ImPuls“-Team hat nun wiederholt bewiesen, dass es sich auch eigenständig bis ins Detail koordinieren kann, dass es mehr als genug Enthusiasmus aufbringt. Zudem hat sich die Mitgliederzahl der Gruppe in diesem Jahr verdoppelt. Gewiss wäre ein wenig professionelle Anleitung willkommen, an Potenzial scheint es nicht zu fehlen.

Lauter Applaus erklingt in der Redoute. Im Saal sind ganz viele Schulkollegen der Darstellenden, Eltern, einige Lehrer und auch der Direktor des „Johannes Honterus“-Lyzeums, Helmuth Wagner, der die Theatergruppe sympathisiert und unterstützt. Auf der Bühne stehen zwölf junge, vor Freude strahlende Menschen, ungefähr im Alter von Edgar, hinter den Kulissen ist noch eine Souffleuse versteckt, um Lichter und Ton kümmert sich ein weiterer Freiwilliger.

Die Synchronisierung hat gut funktioniert, vom Lampenfieber bekam das Publikum nichts zu spüren – im Gegenteil, der natürliche Auftritt von Edgars Mutter oder die schrille Stimme der Hausbesitzerin sorgten für Gekicher bis in die hinteren Reihen. Besonders viel Beifall erhält zum Schluss Mădălina [oanc², die zwar „nur“ Elftklässlerin ist, aber als Leiterin der Theatergruppe zu imponieren weiß, vor allem wenn es um Disziplin und Aufmerksamkeit geht.

Nach der Premiere gehen alle feiern: die Jungs machen sich über ihre Bühnenschminke lustig, die „Chefinnen“ beraten sich über den nächsten Schritt.

Dieser folgt sehr bald: mit finanzieller und auch moralischer Unterstützung seitens der Saxonia Stiftung und der Firma Kronlux fährt „ImPuls“ am Sonntag nach Temeswar, wo „Die Frauenmenagerie“ im Rahmen des Internationalen Deutschsprachigen Jugendtheaterfestivals aufgeführt werden soll.

Dort ist Kronstadt gleich noch einmal vertreten, auch wenn „indirekt“. Die ehemaligen leitenden Figuren von „ImPuls“, Ilinca Bulgărea und Beatrice Benedek, die seit Herbst 2011 in Klausenburg studieren, haben einen Kommilitonen von der Uni theaterbegeistert und führen zu dritt das Stück „Der Schachspiel-Effekt“ auf, das Ilinca auf Rumänisch geschrieben und Beatrice ins Deutsche übersetzt hat. Sie haben sich den Namen „ImPulsS“, eine Abkürzung von „ImPuls Senior“, gegeben und „setzten die Tradition fort“. Eine Tradition, auf die man stolz sein kann.