Etwas mehr als Architektur

Brüchige Bauten und frische Ideen im Kronstädter Kunstmuseum

Der Innenhof des „Blauen Hauses“ vereint die historische Bausubstanz und das neue Design. Foto: Arch. Vlad Slavic (für Exhibit Arhitectura)

„Alte Häuser, Design, und etwas mehr als das“ („Case vechi, design şi ceva în plus“) – unter diesem Titel waren in den vergangenen zwei Wochen im Kunstmuseum Kronstadt Architekturprojekte zu sehen, die einen gemeinsamen Nenner haben: die Faszination für „betagte“ Häuser, Balken, Ziegelsteine, knirschende Dielen, für Räume, „die von allerlei Gerüchen und Ideen durchdrungen sind und zum Gestalten einladen“, so die Beschreibung der Veranstalter.

Die gemeinsame Ausstellung der Zeitschrift „Zeppelin“, der Rumänischen Architektenkammer, der Administration des Nationalen Kulturfonds und der Zentralen Universitätsbibliothek „Carol I.“ Bukarest besteht aus zwei großen Holzkästen, die Kurzinfos zu einzelnen Projekten liefern und auf großformatigen Fotos Einblicke in die Baustellen ermöglichen. Hinzu kommen Bildschirme, auf denen die Illustrationen auch in digitaler Fassung „durchblättert“ werden können. „Kleine Geschichten, Stapel von alten Dokumenten und Ordner voller Fotos“ – das anregende Ausstellungskonzept reflektiert die Idee, Alt und Neu gegenüberzustellen und zu verbinden, das Architekturerbe zu „reaktivieren“.

Wie das alles konkret umgesetzt werden kann, zeigen beispielsweise die Restaurierung der Maria-Theresia-Bastei in Temeswar, die Sanierung des Kinosaals „Elvira Popescu“  im Gebäude des Französischen Instituts Bukarest, die Regenerierung des Gebäudes „The Ark“ aus privaten Mitteln im „Problem-Stadtteil“ Rahova. Präsent in der Ausstellung ist auch das „Mincu-Haus“, der Bukarester Sitz der Rumänischen Architektenkammer und zurzeit „eine Schule für Freiwillige, ein interdisziplinäres Entwicklungszentrum, konzentriert auf die Rettung des Kulturerbes Rumäniens“.

Weitere zwei Projekte verbinden vorbildlich Geschichte und Innovation: Das Wasserwerk Suczawa, das in ein Zentrum für städtische Kultur verwandelt wurde – und die Bukarester „Mechanik-Werkstatt“ des Architekten Corvin Cristian, ein Lokal, das humor- und kontrastvoll mit Werkzeugen aus der kommunistischen Ära dekoriert ist.

Drei Kronstädter Bauten sind mit dabei. Der Metallturm innerhalb der Tuchmacherbastei steht als Beispiel für einen minimalen, flexiblen, modernen Eingriff in eine mittelalterliche Konstruktion. Das Museum der städtischen Zivilisation, ein Projekt von Nicolae Ţaric und Bogdan Lupescu, setzt den Schwerpunkt auf den Erhalt der authentischen Elemente – von Gewölben und Dekorationen bis Wandmalereien und Schornsteinen. Neu ist hier nur das Dachgeschoss, das aber die jahrhundertealten Balken aufwertet. Auch der Verwaltungssitz der Honterusgemeinde im Blauen Haus am Marktplatz Nr. 17 wird vorgestellt. Dabei handelt es sich bekanntlich um ein Projekt der Architekten Johannes Bertleff und Dragoş Oprea. Eine gewisse Kargheit im Design, möglichst einfache Materialien und das Vermeiden jeglicher Exzesse sollen in diesem Fall den spezifischen Charakter des Ortes sowie seine ethische Haltung widerspiegeln.

Einzelheiten sind in einem Katalog enthalten, der unter www.zeppelin-magazine.net bestellt oder in den Buchhandlungen „Cărtureşti“ und „Humanitas“ sowie bei den Pressekiosks „Inmedio“ und „Relay“ gekauft werden kann. Das Buch kostet 22 Lei und umfasst auf 200 Farbseiten zahlreiche Illustrationen sowie Beschreibungen  in rumänischer und englischer Sprache „über gebrechliche Orte, geduldige Reparaturen, vernünftige Ideen, Mut und Energie-Infusionen.“