(Fast) ereignislose Wahlkampagne

Umstrittenes „Men-in-Black”-Video und Birnen aus dem eigenen Garten

Die Lokalwahlen sind zu Ende gegangen, und damit auch die Wahlkampagne, die in Kronstadt wieder einmal fast ereignislos verlief. Was erinnert an den diesjährigen Wahlkampf, wenn man zurückblickt? Fast nichts.  Ob von Parteien oder unabhängig: 13 Bürgermeister-Kandidaten sind auf Wählerfang gegangen. Ihre Wahlkampf-Teams haben die über 200  Reklametafeln in der Stadt mit Plakaten tapeziert. Man suchte aber umsonst nach überraschenden Bildern und markanten Aussagen. Die Plakate sind entweder nichtssagend, eintönig oder voller Klischees oder sie verursachten Lachanfälle. Wie vor vier Jahren, als ein unabhängiger Kandidat mit einem riesigen Plakat warb, auf dem sein einjähriger Sohn in Windeln abgebildet war. Insgesamt hatten fast alle Kampagnen (ob live, auf Plakaten oder in den Sozialen Medien) eine Gemeinsamkeit, und zwar den Mangel an Inspiration. 

Hunde, Rocksongs und Kirchenbesuche 

Der seit 16 Jahren amtierende Bürgermeister George Scriparu hat ein Wahlkampfvideo ins Netz gestellt, das ihn zeigt, während er Spaziergängern Birnen aus seinem eigenen Garten anbietet. Der USR-Kandidat Allen Coliban hat in einem Park auf der Gitarre gespielt und einen rumänischen Rocksong gesungen. Senator Florin Orţan (PSD-Kandidat) hat sich fotografieren lassen, während er die Weinreben aus seinem Garten schneidet. Der Vizebürgermeister und unabhängige Kandidat für das Bürgermeisteramt Mihai Costel hat sich als großer Tierliebhaber entpuppt und postete täglich Fotos mit Hundebabys. Ein anderer Kandidat, der ehemalige Minister George Ialomi]anu, hat während der Wahlkampagne eine Vielzahl von Kirchen besucht. Bei jedem dieser Besuche stellte sein Wahlteam ein Foto auf Facebook. 

Umstrittener Wahlwerbespot

Doch die meisten Schlagzeilen machte die Kampagne des Pro-Romania-Kandidaten für das Kronstädter Bürgermeisteramt, Sorin Susanu. Sein Wahlkampfvideo erregte in den letzten Wochen viel Aufsehen. Diejenigen, die das Video kritisiert haben, darunter viele Aktivisten für die Rechte der Frauen, meinen, dass der Werbespot die Vorurteile der Rumänen, was Frauen betrifft, pflegt und werfen Susanu vor, misogyn zu sein. Die Parteikollegen jedoch lobten das Video und meinen, die Wahlkampagne ihres Chefs sei kreativ. Susanu selbst meinte, dass er niemanden mit dem Video ärgern wollte. Beim Kronstädter Regionalamt für Verbraucherschutz (CRPC), dessen Chef er ist, würde das Team zu 70% aus Frauen bestehen, von denen keine ein Problem mit dem Video zu haben scheint. Der Werbespot wurde vom Nationalrat zur Bekämpfung von Diskriminierungen (CNCD) analysiert. 

Klischeebeladen und voller Vorurteile gegenüber Frauen 

Vier Männer in schwarzem Anzug und Kravatte gehen mit großen Schritten durch einen Park. Ihr Ziel ist das Gebäude, wo sich das Kronstädter Bürgermeisteramt befindet. Im Hintergrund hört man die Filmmusik aus „Men in Black”. Die Männer betreten das Gebäude und schreiten durch die Flure. Plötzlich öffnen sie eine Tür und ertappen zwei junge Frauen im Minirock, die Makeup auftragen, statt zu arbeiten. Einer der vier Männer droht den beiden Sekretärinnen: „Ab heute werden die Dinge anders!“.Die Frauen sehen erschrocken aus, verstecken das Schminkset in einer Schublade und fangen an, das Büro aufzuräumen. Der Mann, der bekanntgibt, dass die „Dinge anders werden“, ist Sorin Susanu, Kandidat der Partei Pro Romania für das Kronstädter Bürgermeisteramt. Die Szenen, die oben beschrieben sind, sind in seinem Wahlkampfvideo zu sehen, dass er vor Kurzem auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat. Es handelt sich dabei um das erste Video aus einer Serie. 

Die Reaktionen auf das Video kamen schnell. Viele Frauen, aber auch Männer, waren empört. „Was wird anders? Wird vielleicht Susanu zur Sekretärin? Wieso existiert so ein Werbespot überhaupt in einem europäischen Land?“, „Es ist erstaunlich, wie viel Mysoginismus in eine einzige Minute hineinpasst“, „So ein sexistisches Video habe ich in keiner Wahlkampagne gesehen“, lauteten einige Kommentare. Oana Băluţă, Dozentin an der Bukarester Universität und Aktivistin für die Rechte der Frauen ist der Meinung, dass das Video Geschlechterstereotype reproduziert und die Frauen „infantilisiert und trivialisiert“. Dabei werden eine Reihe von Klischees verwendet, wie zum Beispiel das Sekretärinnen-Klischee der hübschen, jungen Frau im Minirock und mit rot lackierten Fingernägeln, die Kaffee kocht, Emails nach Diktat verfasst und ansonsten nichts anderes kann. 

„Die meisten Sekretärinnen sind Frauen“ 

„Es war nicht meine Idee, sondern die Idee der Leute, die das Video produziert haben. Es werden auch Teil 2 und Teil 3 folgen. Die Botschaft hinter dem Video ist, dass heutzutage im Bürgermeisteramt nicht mehr gearbeitet wird. Es gibt viele Beamte, die den ganzen Tag überhaupt nichts machen und dafür auch bezahlt werden. Das wissen alle. Und ich will, dass sich das verändert“, meint Sorin Susanu. Der Pro Romania-Kandidat konnte nicht verstehen, warum einige sein Wahlkampfvideo sexistisch finden. „Man hat junge Frauen fürs Video genommen, weil ja sicherlich bekannt ist, dass die meisten Sekretärinnen Frauen sind. Ich bin weder ein Feminist, noch bin ich misogyn. In meinem Beruf habe ich alle Tätigkeiten, die spezifisch für Frauen sind, unterstützt. Ich meine auch Make-Up. Viele Schmink-Sets sind voller gefährlicher Chemikalien und diese haben wir aus dem Handel genommen, weil sie eine Gefährdung für die Gesundheit für Frauen darstellen“, sagte Susanu. Das Video wurde beim Zentralen Wahlbüro (BEC) angezeigt, weil es Frauen diskriminiert. Doch ohne Erfolg. Die Vertreter des Wahlbüros meinen, dass das Video in Ordnung sei und weiterhin gezeigt werden darf.  Einige Tage darauf folgte ein neues Video. In diesem kritisiert Susanu den langsamen Bau der Fartec-Brücke. Im Werbespot ist er zusammen mit drei Frauen zu sehen. Auf der Fartec-Brücke spielen die Arbeiter Schach, statt zu arbeiten. Susanu droht ihnen, dass das Spiel nun enden wird und dass ab heute alles anders wird. Also machen sich die faulen Männer an die Arbeit. Die drei Frauen lächeln.